Nach der Nichtigkeit des Berliner Mietendeckels und der rechtswidrigen Ausübung von Vorkaufsrechten erleben Berliner Behörden die nächste Niederlage vor höchsten Gerichten. Nach dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht erteilt nun das höchste Zivilgericht Berlins eine Lehrstunde in Sachen Recht und Gerechtigkeit: Das Kammergericht.

Dieses mal geht es um die Beschränkung der WEG-Aufteilung zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 BauGB. Angeführt von der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen versuchen nicht wenige Bezirksämter und auch einige Grundbuchämter den zeitlichen und inhaltlichen Anwendungsbereich des § 250 BauGB so weit auszudehnen, wie es sich zwar das Land Berlin vertreten durch die o.g. Senatsverwaltung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Reform des BauGB gewünscht hatte, wie es aber aus guten Gründen nie Gesetz geworden ist.

Dabei ist dem Land aber bei der eigenen Umsetzung ein gravierender Fehler unterlaufen: Das Land Berlin erließ eine Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB vom 03.08.2021, veröffentlicht am 05.08.2021. Diese wurde aber mit der Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB vom 21.09.2021 (veröffentlicht am 06.10.2021, GVBl. S. 1175) schon wieder außer Kraft gesetzt. Was war passiert? Der Verordnungsgeber hat die Umwandlungsverordnung neu erlassen, weil nach richtiger Ansicht die erste Umwandlungsverordnung unwirksam ist. Die Begründung war erst am 13.08.2021 und damit verspätet veröffentlicht worden. Die neue Verordnung ist nun erst seit dem 07.10.2021 in Kraft, was einige Bezirksämter (entgegen den überwiegenden Grundbuchämtern) trotzdem nicht davon abhält, auf die bereits aufgehobene Alt-Verordnung abzustellen.

Das Kammergericht hat nun mit seiner Entscheidung vom 07. Dezember 2021 weitere Klärung gebracht. Hierbei ging es (sogar) um einen Fall, in dem der Teilungsantrag eines Eigentümers am 09.08.2021 beim Grundbuchamt eingegangen war (erst recht also gilt das Nachfolgende für Anträge, die noch vor dem 05.08.2021 eingegangen sind). Nach dem Kammergericht bedarf es zur Durchführung der Aufteilung im Grundbuch nicht des Nachweises einer Genehmigung durch das Bezirksamt nach § 250 BauGB.

Das Kammergericht lässt die Ausflüchte der Senatsverwaltung nicht gelten, die meinte, man habe nur vorsorglich aus Gründen der Rechtssicherheit eine neue Verordnung erlassen. Das Kammergericht stellt richtig, dass das Land Berlin ohne Ermächtigungsgrundlage gehandelt und Grundrechte verletzt hat – mal wieder. Die von der Ermächtigungsgrundlage geforderte Begründung der Umwandlungsverordnung dient dem Grundrechtsschutz und darf nicht erst nach dem Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung veröffentlicht werden. Die Begründung der Verordnung muss spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bekannt gemacht werden. Das Land Berlin aber hatte die Begründung der Umwandlungsverordnung erst eine Woche nach dem Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung veröffentlicht. Gerade auch wegen der hohen Grundrechtsrelevanz scheidet eine Heilung des Begründungsmangels durch nachträgliche Veröffentlichung aus.

Eine Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt ohne öffentlich bekannt gemachte Begründung ist mit dem Wortlaut und Normzweck der Ermächtigungsgrundlage nicht vereinbar. Es handelt sich insoweit um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Fehlen zur Nichtigkeit der Verordnung führt.“
KG, Beschluss vom 07.12.2021 – 1 W 367/21

Aber selbst die neu veröffentlichte Umwandlungsverordnung ändert nichts. Zutreffend bejaht das Kammergericht eine (entsprechende) Anwendbarkeit des § 878 BGB, so wie der BGH dies schon für die UmwandlungsVO nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB entschieden hatte.

  • Die Regelung des § 878 BGB soll den Grundstückseigentümer und den Inhaber des dinglichen Rechts an dem Grundstück vor dem Risiko schützen, das sich daraus ergibt, dass sie ihren grundrechtlich geschützten Gestaltungswillen nicht sogleich verwirklichen können, sondern infolge des Eintragungszwangs auf die Mitwirkung des Grundbuchamts angewiesen sind, wobei zwischen dem Eingang des Eintragungsantrags und dem Vollzug der Eintragung häufig Wochen oder Monate liegen. Das Schutzbedürfnis besteht bei der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum in gleicher Weise. Denn auch diese wird erst mit der Eintragung in das Grundbuch bzw. mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Teilungserklärung keinerlei materiell-rechtliche Wirkung.
  • Nach dem KG bestehen bei § 250 BauGB keine von § 878 BGB abweichenden Sonderregelungen. Der Genehmigungsvorbehalt und die damit verbundene Grundbuchsperre nach § 250 BauGB sind unbeachtlich, wenn sie erst nach Eingang des Antrags eintreten.

Mit dem Kammergericht ergibt sich nichts Abweichendes aus § 250 Abs. 7 S. 1 BauGB:

Der Genehmigungsvorbehalt nach § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB ist auch nicht deshalb anders als jener nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB zu bewerten, weil er in seinem Anwendungsbereich Vorrang genießt, § 250 Abs. 7 S. 1 BauGB. Beide Instrumente dienen letztlich demselben Zweck, nämlich dem Erhalt bezahlbaren Wohnraums. Während der Genehmigungsvorbehalt nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB auf Gebiete des sogenannten Milieuschutzes beschränkt ist, ermöglicht § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB auch darüber hinaus, die Umwandlung von bestehenden Gebäuden in Wohnungseigentum von der Erteilung einer Genehmigung abhängig zu machen.“
KG, Beschluss vom 07.12.2021 – 1 W 367/21

HINWEIS:
Die Aussage des KG zur Untauglichkeit des Vorrang-Arguments ist wichtig. Denn die Bezirksämter versagen nach Vorgabe der Senatsverwaltung mitunter sogar Anträge nach § 172 BauGB mit der Behauptung eines Vorrangs des (weder anwendbaren noch beantragten) § 250 BauGB, und das sogar dann, wenn das Grundbuchamt selbst nur eine Genehmigung nach § 172 BauGB fordert.


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