In Bayern tritt zum 01. Juni 2023 der sog. Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 BauGB in 50 Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt in Kraft. Die Genehmigungspflicht gilt künftig in 50 Kommunen für Bestandsgebäude mit mindestens elf Wohnungen. Mietshäuser mit bis zu zehn Wohnungen sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen. Die Zuständigkeit für die Genehmigung nach § 250 Abs. 2 Satz 1 BauGB wurde auf die unteren Bauaufsichtsbehörden übertragen. Die dazu ergangene Verordnung zur Änderung der Gebietsbestimmungsverordnung Bau ist bis zum 31. Dezember 2025 befristet.

HINWEIS:
Anträge auf Abgeschlossenheitsbescheinigungen, die bis zum 31. Mai 2023 bei den unteren Bauaufsichtsbehörden eingegangen sind, aber noch nicht verbeschieden sind, sind von dem Genehmigungserfordernis ausgenommen.

Gut zwei Jahre nach der Verabschiedung des Baulandmodernisierungsgesetzes im Bundestag macht Bayern damit Gebrauch von der Verordungsermächtigung in § 250 BauGB. Die Fehler, welche dabei in Berlin gemacht wurden, werden nicht wiederholt.

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Im Gesetzgebungsverfahren hatte das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sich noch kritisch geäußert: Durch den neuen § 250 BauGB werde die Bildung von Wohneigentum weiter erschwert und eingeschränkt, obwohl Wohnungseigentum einen wichtigen Beitrag zur Vermögensbildung und Altersvorsorge leiste und gleichzeitig vor steigenden Mieten schütze. Während Berlin den Vorschlag der Bundesregierung begrüßte, im Rahmen des § 250 BauGB nicht die Abwendungsbefugnis nach § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB gelten zu lassen, wollte Bayern exakt dies ändern.

In der Begründung der Bayerischen Verordnung zur Änderung der Gebietsbestimmungsverordnung Bau vom 25. April 2023 dagegen stellt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr nun darauf ab, die Regelung des § 250 BauGB ziele darauf ab, ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten. Gerade private Investoren und gewerbliche Immobilieneigentümer würden häufig Wohnungen in Gebäuden, die aus mehreren Wohneinheiten bestehen und größtenteils vermietet sind, in Wohnungseigentum umwandeln und würden diese Wohnungen nach einer aufwertenden Modernisierung gewinnbringend an Einzelerwerber veräußern. Dies führe im Ergebnis zu einer Verringerung des Angebots an bezahlbaren Mietwohnungen auf dem Wohnungsmarkt. Zudem sollen Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen eine Änderung der Eigentümerstruktur und dadurch eine Verdrängungsgefahr für die angestammten Mieterinnen und Mieter bewirken. Der Erlass der Verordnung auf der Grundlage des § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB stelle daher ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um der Verringerung des Angebots an bezahlbaren Mietwohnungen auf dem Wohnungsmarkt entgegen zu wirken und ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten.

Und an dieser Stelle lohnt sich dann auch für Bayern doch wieder ein Blick nach Berlin. Denn dort hat man bereits Erfahrung sammeln können mit dem neuen § 250 BauGB. Ob dieser die gewünschte Wirkung der Reduktion von Aufteilungen hat, wurde zwar noch nicht festgestellt. Die Investitionsbank Berlin hat aber kürzlich Analysen vorgelegt, welche die Eignung in Frage stellen können. Nach dem IBB Wohnungsmarktbericht 2022 hat sich gezeigt, dass die aufgeteilten Wohnungen zumeist vermietet bleiben und auch nicht direkt veräußert werden.

  • Umwandlungen führen nach dem IBB Wohnungsmarktbericht 2022 nicht zu einer Zunahme an selbstgenutzen Wohnungen. Das bestehende Mietverhältnis bleibt bei der Aufteilung und dem Eigentumswechsel entweder fortbestehen oder es wird – bei einer bezugsfreien Wohnung – ein neuer Mietvertrag geschlossen. Auf bestehende Mietverhältnisse der jeweiligen Wohnungen wirkt sich eine Aufteilung also erst einmal nicht direkt aus.
  • Die Zahl der Wohnungsverkäufe blieb nach dem IBB Wohnungsmarktbericht 2022 deutlich hinter der Anzahl der durch Aufteilung in Wohnungseigentum entstandenen Wohnungen zurück. Folglich ist nicht anzunehmen, dass Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt werden, um sie direkt im zeitlichen Zusammenhang als Eigentumswohnungen zu veräußern.

Das passt nicht so recht zur Begründung des § 250 BauGB und auch nicht so recht zur Begründung der Bayerischen Verordnung zur Änderung der Gebietsbestimmungsverordnung Bau. Und das wirft in Berlin wie in Bayern eine Anwendungsfrage auf: Soweit eine Genehmigung zur WEG-Aufteilung nur versagt werden darf, wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum erforderlich ist, stellt sich die Frage, wie die zuständige Behörde dies konkret und vor allem verhältnismäßig prüfen und entscheiden soll.

Offenbar liegt dem die Annahme zugrunde, die WEG-Aufteilung als solche würde die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum mindern, eine in Wohnungseigentum umgewandelte Wohneinheit würde quasi per Aufteilungsakt dem (typischen) Wohnraummarkt entzogen. Das klingt schon an, wenn man auch in Bayern von einem Genehmigungsvorbehalt für die „Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 BauGB“ spricht, so als ob der Aufteilungsakt zu einer Eigentumswohnung führt, die keine Mietwohnung mehr ist oder sein kann. Das ist aber eine vielfach kritisierte und in der Behördenpraxis schwer umsetzbare Annahme, die nun auch durch den IBB Wohnungsmarktbericht 2022 erneut in Frage gestellt wird.

  • Schon der Bundesrat-Ausschuss für Innere Angelegenheiten etwa hatte angemerkt, das Wohnungsangebot insgesamt werde durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht negativ beeinflusst, bezahlbarer Wohnraum könne gleichermaßen als Miet- oder als Eigentumswohnung bestehen.
  • Und schon das Land Baden-Württemberg hatte zum Erstentwurf angemerkt: „Bezahlbarer Wohnraum kann gleichermaßen als Miet- oder als Eigentumswohnung entstehen oder bestehen, weshalb die Erhaltung oder Ausweitung einer Quote von Mietwohnungen als Zielsetzung einer Neuregelung nicht generell positiv bewertet werden kann. (…) Nach unserer Einschätzung ist jedoch vor allem die Verdrängung der bestehenden Wohnbevölkerung aus ihrem gewohnten Wohnumfeld schutzwürdig, nicht generell die Erhaltung einer Mietwohnung als solche, da der Charakter als Mietwohnung nicht als höherwertig gegenüber einer Eigentumswohnung angesehen werden kann.“

Die Anwendungspraxis in Berlin hat diese Kritik bislang nicht aufgegriffen. Jene in Bayern bleibt abzuwarten.


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