Das neue Hochhausleitbild für Berlin 2025 ist da. Es gilt ab Januar 2026 für alle neuen Hochhausvorhaben (noch ohne Beteiligungsschritte nach §§ 3 (2) und 4 (2) BauGB).
Es findet Anwendung,
- wenn das Hochhausvorhaben die gebietsprägenden Bestandshöhen um mehr als 50 % überschreitet und damit erhebliche Auswirkungen auf das Ortsbild und die Stadtstruktur hat,
- im Regelfall der Anwendung im Innenstadtbereich mit „Berliner Traufe“ (21–22 m) also ab einer Höhe von 35 m und
- falls die Umgebung des Hochhausprojektes dagegen durch Gebäudehöhen unterhalb oder oberhalb der „Berliner Traufe“ geprägt ist, wenn der bis dato prägende Höhenmaßstab um mehr als 50 % überschritten wird.
- Untergeordnete technische Dachaufbauten bleiben grundsätzlich außer Betracht.
Es findert keine Anwendung, wenn
- die Umgebung bereits maßgeblich durch eine Hochhausbebauung geprägt ist (z. B. in Großwohnsiedlungen) und die Höhe des neuen Vorhabens den prägenden Höhenmaßstab nicht oder nicht erheblich überschreitet,
- das Vorhaben unterhalb der bauordnungsrechtlichen „Hochhausgrenze“ liegt (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln) oder.
- verbindliches Bauplanungsrecht oder eine rechtskräftige Baugenehmigung für ein Hochhausvorhaben schon vorliegen.
Nach dem neuen Hochhausleitbild wird der Planungsprozess gestrafft und von vier auf drei Planungsphasen reduziert.
- Obligatorisch bleibt die Beratung durch das Baukollegium in der ersten Phase des Hochhausleitbildprozesses.
- In der ersten Phase ist hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes die Einbindung der zuständigen Behörden erforderlich.
- Die abschließende Qualitätskontrolle am Beginn der dritten Phase kann wahlweise durch das Baukollegium, ein anderes geeignetes Gremium, z. B. eine Wettbewerbsjury oder die Senatsbaudirektion erfolgen.
- Für einen Bebauungsplan, der im Rahmen eines Hochhausleitbildprozesses aufgestellt wird, wird eine Verfahrensdauer von maximal drei Jahren als Zielvorgabe angestrebt.
Das Hochhausleitbild zählt als von der Gemeinde beschlossene städtebauliche Planung zu öffentlichen Belangen, deren Einhaltung auch im Rahmen der Neuregelungen des „Bauturbos“ (siehe nebenstehend) bedeutsam sind. Sie erweitern die Optionen für die Baurechtschaffung für Wohnhochhäuser ohne Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen.
Nach dem Hochhausleitbild besteht die Möglichkeit, die erforderliche gemeindliche Zustimmung auch von der Berücksichtigung des Hochhausleitbildes abhängig zu machen und diese z. B. über einen Dispensvertrag abzusichern. Das soll insbesondere dann der Fall sein, wenn die Wahrung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dies erfordert.

Für eine nachhaltige Integration von Hochhausvorhaben in das Stadtgefüge sieht das Hochhausleitbild bestimmte Planungsgrundsätze vor, nun ergänzt u.a. um diverse Sonderregelungen für Wohnhochhäuser:
Qualität
Hochhausvorhaben müssen eine besonders hohe städtebauliche und architektonische Qualität aufweisen.
Kompensation
Nachteilige Auswirkungen von Hochhausvorhaben sind zu kompensieren.
Mehrwert
Hochhausvorhaben müssen einen Mehrwert für die Allgemeinheit erzeugen.
Wohnhochhäuser: Mit der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum unter Anwendung des „Berliner Modells“ wird den Anforderungen des Planungsgrundsatzes „Mehrwert“ immer vollständig entsprochen.
Partizipation
Die umfängliche und frühzeitige Partizipation ist wesentlicher Bestandteil des Planungsprozesses für Hochhausvorhaben.
Wettbewerb
Für Hochhausvorhaben ist ein nach Art und Umfang dem Projekt angemessenes Wettbewerbsverfahren durchzuführen.
Klarstellung: Zum Planungsgrundsatz Wettbewerb stellt das neue Hochhausleitbild klar, dass gemäß Hochhausleitbild die Art des Verfahrens und die Form der Durchführung anhand der projektspezifischen Erfordernisse sowie der Dimension und Bedeutung des Vorhabens zwischen der zuständigen Planungsbehörde und dem Vorhabenträger individuell abgestimmt werden können. Außerdem erfolgt die Klarstellung, dass die Umsetzung der in Wettbewerben und anderen Verfahren erlangten baukulturellen Qualitäten verbindlich zu sichern ist – vozugsweise in städtebaulichen Verträgen.
Bebauungsplan
Für Hochhausvorhaben ist ein Bebauungsplanverfahren – vorzugsweise vorhabenbezogen – durchzuführen.
Nachhaltigkeit
Hochhausvorhaben sind nach einem Nachhaltigkeitsbewertungssystem zu zertifizieren.
Zertifizierung: Zum Planungsgrundsatz Nachhaltigkeit ergänzt das neue Hochhausleitbild, dass Hochhausvorhaben nach einem bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) registrierten Nachhaltigkeitsbewertungssystem zu zertifizieren sind. Dabei ist mindestens die Auszeichnungsstufe „Gold“ der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) oder eine gleichwertige Auszeichnungsstufe eines anderen Bewertungssystems zu erreichen und vor Bauantragstellung vorzulegen.
Multifunktionalität
Hochhäuser über 60 m sind multifunktional zu nutzen.
- Hochhausvorhaben über 60 m müssen einen Beitrag für lebendige, urbane Nachbarschaften durch Schaffung einer dem Standort angemessenen funktionalen Mischung leisten.
- Ausgehend von zwei grundsätzlichen Nutzungskategorien (Kategorie 1 / Gewerbe inkl. Büro, Handel, Hotel, Verwaltung (öffentlich/privat), Gastronomie, Praxen/Räume für freie Berufe, sonstiges Gewerbe und Kategorie 2 / Wohnen und Infrastruktur inkl. Wohnen, kulturelle Einrichtungen, soziale Infrastruktur, Bildungseinrichtungen, sonstige nicht gewerbliche oder nicht kommerzielle Nutzungen) soll die jeweilige Hauptnutzung aus einer der Kategorien höchstens 70 % der Geschossfläche beanspruchen, während die verbleibende Geschossfläche mit Nutzungen aus der jeweils anderen Kategorie zubelegen ist.
- Umfasst das Bauvorhaben mehrere Gebäudeteile, ist die Multifunktionalität innerhalb des Gesamtvorhabens zu erreichen. Gleiches gilt, wenn das Bauvorhaben aus zwei oder mehreren getrennten Gebäuden besteht, von denen mindestens eines eine Höhe von über 60 m erreicht. Der Anteil der Nutzungsmischung ist dem Gesamtbauvorhaben zuzurechnen.
- Im Rahmen eines städtebaulichen Gesamtvorhabens, welches sowohl Hochhäuser über 60 m als auch weitere Gebäude unterhalb von 60 m ausweist, ist die Nutzungsmischung innerhalb der Gesamtmaßnahme nachzuweisen. Räumliche Bezugsebene ist in der Regel der Geltungsbereich des aufzustellenden Bebauungsplans.
Wohnhochhäuser: Bei Wohnhochhäusern über 60 m, für die das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung Anwendung findet, kann auf die Anwendung des Planungsgrundsatzes „Multifunktionalität“ verzichtet werden: Auf das Wohnen ergänzende Funktionen oberhalb des Erdgeschosses kann verzichtet werden.
Offenes Erdgeschoss
Die Erdgeschosszone von Hochhäusern muss für die Öffentlichkeit nutzbar sein. Ein Offenes Erdgeschoss bleibt auch für Wohnhochhäuser obligatorisch.
Offenes Dachgeschoss
Vorzugsweise das oberste Geschoss von Hochhäusern muss eine öffentlich zugängliche oder gemeinschaftliche Nutzung ermöglichen.
Klarstellung: Zum Planungsgrundsatz Offenes Dachgeschoss stellt das neue Hochhauslöeitbild klar, dass gemäß Hochhausleitbild auch ein anderes Geschoss, beispielsweise das Dach eines Gebäudesockels, für öffentlich zugängliche oder gemeinschaftliche Nutzungen zur Verfügung gestellt werden kann.
Wohnhochhäuser: Bei Wohnhochhäusern kann der Planungsgrundsatz „Offenes Dachgeschoss“ in Form eines Angebotes für die Hausgemeinschaft umgesetzt werden – oder es kann aus darzulegenden Gründen von dessen Anwendung abgesehen werden.
© Copyright by Dr. Elmar Bickert









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