Spätestens mit dem Telekommunikationsmodernisierungsgesetz verfolgt der Bundesgesetzgeber das Ziel, Hemmnisse für den Ausbau von mobilen und kabelgebundenen Telekommunikationsnetzen abzubauen, Rechts- und Investitionssicherheit zu schaffen, die flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdiensten sicherzustellen und Anreize für den Glasfasernetzausbau zu schaffen.

Die Regelungen im TKG sehen keine generelle Bevorzugung von bestimmten Verlegemethoden oder -tiefen vor. Alle Arten der Verlegung können unter den jeweiligen Voraussetzungen gleichberechtigt zum Einsatz kommen. Allerdings hat sich durch die Öffnung des TKG für untiefe Legung des Breitbandnetzes im nicht normierten Bereich ein Bedarf an technischer Normung ergeben. Das TKG erlaubt seit 2012 den Einsatz mindertiefer Legung. Und es erlaubt zur Beschleunigung des Glasfaserausbaus den Einsatz noch nicht genormter Verfahren. Durch das TKModG wird seit dem 01.12.2021 die Rahmenbedingungen für die mindertiefe Verlegung in den §§ 126 und 127 TKG geregelt.

  • Nach § 126 TKG sind Telekommunikationslinien so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen.
  • Die Zustimmung zur mindertiefen Verlegung muss nicht mehr gesondert beantragt werden, sondern ist im Rahmen der Beantragung der Zustimmung gemäß § 127 Abs. 7, S. 1 dem Wegebaulastträger ausdrücklich mitzuteilen. So ist dem Träger der Straßenbaulast mitzuteilen, ob Glasfaserleitungen oder Leerrohrsysteme, die der Aufnahme von Glasfaserleitungen dienen, in geringerer als der nach den anerkannten Regeln der Technik vorgesehenen Verlegetiefe, wie zum Beispiel im Wege des Micro- oder Minitrenching, verlegt werden (mindertiefe Verlegung).
  • Eine mindertiefe Verlegung darf erfolgen, wenn der Antragsteller die durch eine mögliche wesentliche Beeinträchtigung des Schutzniveaus entstehenden Kosten oder den etwaig höheren Erhaltungsaufwand übernimmt (Ausnahme: Verlegung von Glasfaserleitungen oder Leerrohrsystemen in Bundesautobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Bundesfernstraßen).
  • Soweit keine anerkannten Regeln der Technik für die mindertiefe Verlegung oder Errichtungs- und Anbindungskonzepte für drahtlose Zugangspunkte mit geringer Reichweite bestehen, und der Wegebaulastträger von den Angaben des Antragsstellers abweichende Vorgaben zur Art und Weise der Errichtung bei der mindertiefen Verlegung oder bei der Errichtung und Anbindung drahtloser Zugangspunkte mit geringer Reichweite macht, müssen diese nach § 127 Abs. 8 TKG aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sein.

Die neue DIN 18220 (Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und
Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze) soll nun eine Lücke im Normenwerk schließen und Sicherheit für alle am Glasfaserausbau Beteiligten schaffen. Die Normung wurde initiiert, um den flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen möglichst schnell und kostengünstig voranzutreiben, ohne dabei auf qualitativ hochwertige und vor allem nachhaltige Bauweisen zu verzichten. Sie soll neben der Beschreibung verschiedener Verfahren für (1) die Herstellung der Schlitze und Leitungsgräben in unterschiedlicher Tiefe sowie (2) der Legung der TK-Infrastruktur und (3) der anschließenden Verfüllung und (4) Wiederherstellung der Straße auch (5) Leitlinien für den Bau und (6) Hinweise zur Planung und Dokumentation der unterirdischen Telekommunikationsinfrastrukturen geben.

  • Die DIN 18220 enthält erstmals klare Einsatz- und Ausführungsbedingungen für die alternativen Legemethoden Trenchen, Pflügen und Fräsen.
  • Für die Legung von Glasfasermedien werden einzuhaltende Mindestabstände definiert.
  • Der Abschnitt „Planung“ definiert Festlegungen für die Bestandsermittlung, die Abstimmung mit Bestandsleitungsbetreibern zur Berücksichtigung vorhandener Leitungsinfrastrukturen, der Bauplanung, der Bauausführung und der Dokumentation.
  • Das Planungskapitel gibt eine praxistaugliche Arbeitshilfe zur Sicherstellung vollständiger Anträge, um ein zügiges Genehmigungsverfahren zu fördern.

Die DIN 18220 hat auch unter dem Gesichtspunkt Ressourcenschonung Vorzüge: Bodenaushub und -austausch werden durch die Anwendung von DIN 18220 minimiert. Je weniger Material bewegt und ausgetauscht werden muss, desto geringer ist der Energie- und Ressourcenverbrauch.

Die DIN 18220 soll erstmals Rechtssicherheit beim Einsatz der darin beschriebenen Bautechniken schaffen. Die Rechtssicherheit zielt auf zwei Ebenen ab:

  • Im Telekommunikationsrecht (§ 127 TKG) ist der Einsatz mindertiefer Legetechniken auch ohne technisches Regelwerk zulässig. Trotzdem stießen diese bislang wegen der Unsicherheiten im nicht technisch verbindlich normierten Bereich auf Ablehnung.
  • Hingegen fordert das Bauvertragsrecht die Ausführung aller Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik; andere Ausführungsweisen sind grundsätzlich mangelhaft.
  • Diesen Widerspruch möchte DIN 18220 für die darin beschriebenen Verfahren auflösen: Sie sind nun sowohl zum Telekommunikations- als auch zum Bauvertragsrecht kompatibel.

Allerdings zielt diese Sicherheit „nur“ auf alle am Glasfaserausbau Beteiligten. Was aber ist mit den anderen Baubeteiligten, etwa solchen, die in späteren Bauprojekten auf untief verlegte Leitungen stoßen? Nach der Versicherung VHV gehören Kabel- und Leitungsschäden zu den häufigsten Schadensarten im Tiefbau – oftmals mit weitreichenden Folgen. Eine Ursache: Ein zentrales und umfassendes Leitungskataster gibt es bei uns nicht. Die Verbände und Versicherungen warnen schon mit Teilen der Politik vor den Folgen: Was wird aus der Energiewende, der Verkehrswende und dem Ausbau der digitalen Infrastrukur, wenn der Tiefbauunternehmer vor seiner Arbeit jeden in Betracht kommenden Leitungsbetreiber einzeln befragen müsste? Und was passiert, wenn die untiefe Verlegung nun mit dem TKG und der DIN 18220 weitergehend legitimiert wird und Verbreitung findet? Manche befürchten eine weitere Zunahme von Leitungsschäden durch Baggerarbeiten.

Dazu passend hat soeben der BGH die Sorgfalts- und Haftungsanforderungen an Tiefbauunternehmen geschärft: Tiefbauunternehmer

  • haben bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu rechnen,
  • äußerste Vorsicht walten zu lassen und
  • müssen sich der unverhältnismäßig großen Gefahren bewusst sein, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können.

Leben und Gesundheit von Menschen sind bei unsachgemäßer Ausführung derartiger Arbeiten gefährdet, insbesondere bei Berührung eines Starkstromkabels oder durch die Folgen ausströmenden Gases. Deshalb sind an die im Bereich von Versorgungsleitungen tätigen Tiefbauunternehmer hohe Anforderungen an die Erkundigungs- und Sicherungspflichten bezüglich der verlegten Versorgungsleitungen zu stellen.

BGH, Urt. v. 13.04.2023 – III ZR 17/22

Der Tiefbauunternehmer muss

  • sich daher im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt und
  • insbesondere sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Gasleitungen wie auch sonstiger Versorgungsleitungen verschaffen, und zwar dort, wo die entsprechenden zuverlässigen Un-
    terlagen vorhanden sind.

Besteht die Aufgabe des Tiefbauunternehmers aber gerade darin, sich vor Ausführungsbeginn über den tatsächlichen Verlauf etwaiger Versorgungsleitungen zuverlässig zu vergewissern, so kann er sich keinesfalls auf allgemein gehaltene Hinweise des Bauherren in den Ausschreibungsunterlagen verlassen.

Vielmehr hätte die Beklagte sich über den tatsächlichen Verlauf der Stromleitungen durch Erkundigungen beziehungsweise geeignete Maßnahmen, zum Beispiel in Form von Suchschächten und Grabungen in Handschachtung, vergewissern müssen, bevor sie eine Rammung in diesem Bereich durchführte. Ohne eine zuverlässige Klärung des genauen Leitungsverlaufs hätte sie die Rammarbeiten nicht beginnen dürfen.

BGH, Urt. v. 13.04.2023 – III ZR 17/22

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