Mit Urteil vom 19. Oktober 2017 hat der BGH das Folgende entschieden:


Die Grundschuld und der Rückgewähranspruch

Grundschulden sichern regelmäßig als Sicherungsgrundschulden Ansprüche einer Grundschuldgläubigerin auf Rückzahlung von Darlehen. Der Grundstückseigentümer, der Sicherungsgrundschulden bestellt, hat aus dem Sicherungsvertrag gegen den Sicherungsnehmer einen durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Rückgewähranspruch, d.h. einen schuldrechtlichen Anspruch auf Abtretung, auf Verzicht oder auf Aufhebung des nicht valutierten Teils der Grundschulden.

Mit diesem Anspruch des Grundstückseigentümers auf Rückgewähr nicht valutierter Teile einer Sicherungsgrundschuld kann sich dieser dagegen wehren, wenn die Grundschuldgläubigerin aus der Grundschuld vollstrecken möchte. Der Rückgewähranspruch und das damit verbundene Verteidigungsrecht ist für den Grundstückseigentümer wichtig, denn als sog. nicht akzessorisches Recht steht die Grundschuld ihrem jeweiligen Gläubiger ohne Rücksicht darauf zu, ob eine durch die Grundschuld gesicherte Forderung besteht oder nicht.


Die Haftungsfalle des Grundstückskäufers

Verkauft der Grundstückseigentümer nun das mit der Sicherungsgrundschud belastete Grundstück, so muss der Käufer darauf achten, dass er sich für den Fall der Übernahme der Sicherungsgrundschuld auch den Rückgewähranspruch abtreten lässt.

Denn erwirbt der Käufer das Eigentum ohne den Rückgewähranspruch, so ist er, wenn er aus den Grundschulden in Anspruch genommen wird, nicht befugt, Einreden aus dem Sicherungsvertrag zu erheben. Die Rechte aus dem Sicherungsvertrag stehen dann mangels Abtretung allein dem Sicherungsgeber, d.h. dem Verkäufer und ehemaligen Grundstückseigentümer zu. Der Käufer dagegen hat zwar die Sicherungsgrundschuld als Grundstückslast übernommen, hat aber ohne eine Abtretung des Rückgewähranspruches keine geschützte Rechtsposition gegenüber der Grundschuldgläubigerin.

Wird der Erwerber eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks aus der Grundschuld in Anspruch genommen, ist er nicht befugt, Einreden aus dem Sicherungsvertrag zu erheben, wenn der Rückgewähranspruch nicht auf ihn übertragen worden ist.


Was muss der Käufer also beachten?

Zunächst muss der Käufer beachten, dass beim Erwerb des Grundstücks mit Belastung der Rückgewähranspruch nicht ohne weiteres auf ihn übergeht.

Eine Übertragung des Rückgewähranspruchs kann

  1. durch ausdrückliche Abtretung,
  2. durch stillschweigende Abtretung im Wege schlüssigen Verhaltens und
  3. durch Eintritt des Käufers in den Sicherungsvertrag mit Zustimmung des Sicherungsnehmers.

Zu der Möglichkeit einer stillschweigenden Abtretung gilt nach dem BGH die folgende Differenzierung:

  • Im Zweifel wird der Rückgewähranspruch stillschweigend abgetreten, wenn ein Grundstückskäufer in Anrechnung auf den Kaufpreis eine auf dem Kaufgrundstück eingetragene Grundschuld übernimmt, weil der Erwerber andernfalls Gefahr liefe, zweimal – aus der übernommenen Schuld und aus der Grundschuld – in Anspruch genommen zu werden.
  • Wegen dieser Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme gilt Entsprechendes, wenn der Käufer vertragsgemäß aus eigenen Mitteln die Schuld des Veräußerers tilgt.
  • Diese Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Eigentümers besteht aber nicht, wenn der Veräußerer persönlich zur Tilgung der Schuld verpflichtet bleibt. Dann verbleibt der Rückgewähranspruch im Zweifel bei ihm, weil er, wenn er die gesicherte Verbindlichkeit selbst tilgt, die Grundschuld als Ausgleich für den Kaufpreisnachlass erhalten muss.

 


Siehe auch: Immobilienkauf: Augen auf bei der Bestellung von Grundschulden zur Finanzierung des Kaufpreises


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