Die Wohnraumfrage ist in aller Munde. In den Metropolen ist Wohnraum knapp, wird Bauland dringend benötigt. Längst aber reicht das Thema weit über die urbanen Boom-Regionen hinaus.

Aus der Rechtsprechung gab es zuletzt mehrere Fälle einer besonderen Art der Baulandmobilisierung und Wohnraumförderung zu berichten, die über einen städtebaulichen Vertrag und Kaufvertrag. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages die Vorbereitung oder Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele sein, zu denen insbesondere die Grundstücksnutzung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder die Deckung des Wohnbedarfs der Bevölkerung zählt.

Beispiele für solche städtebaulichen Verträge:
Die Gemeinde überträgt dem Käufer eines ihr gehörenden Grundstücks eine Bauverpflichtung nach den Vorgaben eines Bebauungsplans.
Im Rahmen eines so genannten Einheimischenmodells veräußert die Gemeinde ortsansässigen Bürgern Bauflächen zu deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preisen.
Aktuelles Beispiel aus der Rechtsprechung: Eine Gemeinde bietet den bisherigen Nutzern einer Kleingartenanlage den Erwerb ihrer Parzelle zu einem unterhalb des Verkehrswertes liegenden Kaufpreises an, um diesen mit einem subventionierten Kaufpreis die weitere Nutzung der Parzelle zu Wohnzwecken entsprechend der den tatsächlichen Verhältnissen angepassten Bauleitplanung zu ermöglichen.
Gegenbeispiel:
Für die Annahme eines städtebaulichen Vertrags ist es nicht ausreichend, dass eine Gemeinde ein Baugrundstück verkauft, mag sie hiermit auch die Erwartung verbinden, das Grundstück werde zeitnah bebaut. Vielmehr muss der Vertrag Verpflichtungen enthalten, die die von der Gemeinde verfolgten städtebaulichen Ziele zu fördern und zu sichern geeignet sind.


Wiederkaufsrecht

Im zuletzt genannten Beispielsfall eines städtebaulichen Vertrages hatte sich die Gemeinde in dem notariellen Kaufvertrag ein Wiederkaufsrecht für die Dauer von 30 Jahren einräumen lassen. Der BGH unterzog die Regelung einer Angemessenheitskontrolle. Denn die in einem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein.

Ausgangspunkt: Wirksamkeit

Die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts ist als solche nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH verstößt die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde in einem städtebaulichen Vertrag grundsätzlich nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung.

Gemeinden, die zur Förderung städtebaulicher Ziele Grundstücke verbilligt verkaufen, sind nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, für eine vertragliche Absicherung des verfolgten – den verbilligten Grundstücksverkauf rechtfertigenden – Ziels Sorge zu tragen. Sie müssen insbesondere sicherstellen, dass die bevorzugten Käufer nicht auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielen, indem sie das verbilligte Bauland alsbald zum Verkehrswert weiterveräußern. Vertragliche Regelungen, die – wie das hier in Rede stehende Wiederkaufsrecht der beklagten Stadt – entsprechende Bindungen begründen, schaffen mithin erst die (öffentlich-)rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands.

Bundesgerichtshof

UPDATE: Gemeinde fordert Grundstück wegen nicht erfüllter Bauverpflichtung zurück: Geht das – auch Jahre später?


Grenzen der Wirksamkeit

Beschränkungen, die die öffentliche Hand dem Subventionsempfänger auferlegt, entsprechen dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um das Erreichen der zulässigerweise verfolgten Zwecke im Bereich der Wohnungsbau-, Siedlungs- oder Familienpolitik für einen angemessenen Zeitraum sicherzustellen. Die dem Käufer auferlegten Bindungen dürfen allerdings nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen. Für ein Wiederkaufsrecht im städtebaulichen Vertrag bedeutet das:

  • Die Zeit für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde muss begrenzt sein.
  • Die vereinbarte Ausübungsfrist muss in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der durch den Preisnachlass dem Käufer gewährten Subvention stehen.
  • Da die Bindung des Käufers der Preis für den verbilligten Erwerb des Grundstücks ist, sinkt die zulässige Bindungsdauer je geringer der Preisnachlass ist, während sie mit dem Umfang der Verbilligung steigt.

Hinweis:
Aus § 462 BGB ergeben sich keine Wirksamkeitsschranken. Danach kann das Wiederkaufsrecht bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von 30 nach der Vereinbarung des Vorbehalts ausgeübt werden. Diese gesetzlich Frist begrenzt die Ausübung eines Wiederkaufsrechts nur in Fällen, in denen eine Frist nicht vereinbart worden ist. Sie hindert die Vertragsparteien nicht, längere Ausübungsfristen festzulegen. Folglich heißt es in Satz 2 der Norm: Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.

Im aktuell entschiedenen Fall hat der BGH eine Bindungsdauer von 30 Jahren als nicht mehr angemessen und damit (sowohl nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB wie auch nach § 307 BGB) als unwirksam bewertet.

  • Bei Grundstücken, die zum Zwecke der Errichtung von Einfamilienhäusern an Einzelpersonen verkauft werden, wurde eine über 30 Jahre hinausgehende Bindungen als in aller Regel unverhältnismäßig angesehen.
  • Bei einem Verkauf verbilligten Baulandes an einen privaten Käufer im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages ist eine Bindungsfrist von 30 Jahren für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde grundsätzlich nur dann angemessen, wenn dem Erwerber ein besonders hoher Preisnachlass gewährt wurde oder sonst außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine derart lange Bindung des Erwerbers rechtfertigen.
    • Die Gewährung eines Preisnachlasses von 29% gegenüber dem Verkehrswert genügt hierfür nicht.
    • Bei einer Kaufpreisverbilligung von 20% ist eine Bindungsfrist von 20 Jahren grundsätzlich noch angemessen.

Eine solche Frist (Anm.: von 20 Jahren bei 20% Kaufpreisverbilligung) dient dem von der Gemeinde verfolgten Zweck der effektiven Sicherung der Vermeidung von Grundstücksspekulationen und stellt zugleich eine adäquate Gegenleistung des Klägers für den verbilligten Erwerb des Grundstücks dar.

Bundesgerichtshof

Zu den Unwirksamkeitsfolgen

Eine Vertragsgestaltung, die das Angemessenheitsgebot missachtet, führt zur Nichtigkeit der vertraglichen Regelung nach § 134 BGB bzw. zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB. Im konkreten Fall war daher die von den Parteien vereinbarte Ausübungsfrist von 30 Jahren für das Wiederkaufsrecht unwirksam.

Der BGH schränkt die Unwirksamkeitsfolge aber ein: Die unwirksame Ausübungsfrist führt nicht zur Unwirksamkeit des Wiederkaufsrechts insgesamt. Vielmehr ist die im Vertrag entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) in der Weise zu schließen, dass die Ausübungsfrist 20 Jahre beträgt.

Vorliegend ist eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Die er- satzlose Streichung der Klausel über die Ausübung eines Wiederkaufsrechts führte dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ohne eine solche Auslegung gemäß § 306 Abs. 3 BGB in seiner Gesamtheit keinen Bestand mehr haben könnte. Die beklagte Gemeinde hatte dem Kläger das Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis veräußert. Eine Veräußerung unter dem objektiven Verkehrswert ist ihr aus haushaltsrechtlichen Gründen wegen des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur gestattet, wenn dies der Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben dient und die zweckentsprechende Mittelverwendung sichergestellt wird. Mit der Vereinbarung eines zeitlich befristeten Wiederkaufsrechts wurden die Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands daher überhaupt erst geschaffen. Eine Unwirksamkeit des Vertrages hätte für den Kläger aber besonders nachteilige Folgen, weil dann der zwischen den Parteien geschlossene subventionierte Grundstückskaufvertrag nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln wäre. Hierdurch würde der Kläger – dem vom Unionsgesetzgeber verfolgten Ziel eines bestmöglichen Verbraucherschutzes zuwider – gegenüber einer ergänzenden Vertragsauslegung deutlich schlechtergestellt.

Bundesgerichtshof