Der Treuwidrigkeit-Einwand

Grundsätzlich darf sich jede Partei darauf berufen, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten.

Nur ausnahmsweise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar. Das kommt insbesondere dann in Betracht,

  • wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder
  • sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder
  • wenn bei Formwidrigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre.

Allein der Umstand, dass eine Partei die Unterschriften schriftformwidrig geleistet hat, begründet noch keine Treuwidrigkeit, zumindest dann, wenn der Fehler auch für die andere Partei unschwer erkennbar war, sodass es ihr zumutbar war, selbst auf den Abschluss der schriftlichen Vertragsurkunde hinzuwirken, und soweit ein schriftformwidriger Nachtrag nicht im alleinigen Interesse der den Schriftformverstoß verursachenden Partei lag.

Der BGH hält schließlich an seiner Rechtsprechung fest, wonach Schriftformheilungsklauseln unwirksam sind.


Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Schriftformheilungsklauseln stets unwirksam. Die Vorschrift des § 550 BGB soll nicht nur sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann. Vielmehr dient sie ebenfalls dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen. Mit diesem Schutzzweck des nicht abdingbaren § 550 BGB sind Schriftformheilungsklauseln unvereinbar. Denn sie hätten zur Folge, dass die Vertragsparteien an eine nicht schriftliche Vereinbarung für die volle Vertragslaufzeit gebunden wären, der mit der Vorschrift jedenfalls auch beabsichtigte Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige Warnfunktion der Bestimmung weitgehend leerlaufen würde.

Bundesgerichtshof

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