Wir wissen aus einem früheren Beitrag (Einspeisevergütung nach EEG: Zur Anmeldepflicht und Sanktionierung des Anlagenbetreibers – besteht eine Aufklärungspflicht des Netzbetreibers?), dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes,

  1. der Betreiber einer Photovoltaikanlage, der Fördermittel nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz in Anspruch nehmen will, sich über die geltende Rechtslage und über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung zu informieren hat und deshalb grundsätzlich auch selbst verantwortlich ist für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur.
  2. der Netzbetreiber grundsätzlich weder verpflichtet ist, den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht aufzuklären.

In einem aktuellen Fall des eine EEG-Vergütung verlangenden Betreibers von Photovoltaik-Dachanlagen hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt und festgestellt, dass nichts Abweichendes gilt, wenn zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber hinsichtlich der Einspeisung des in der Photovoltaikanlage erzeugten EEG-Stroms eine „Abrechnungsvereinbarung“ nach dem folgendem auszugsweisen Muster besteht (zu der Bedeutung der farblich markierten Passagen siehe nachfolgend).


„1. Der Anlagenbetreiber […] beauftragt S. Netz mit der Erstellung einer Abrechnung über die vom EEG vorgesehene Einspeisevergütung. S. Netz ist berechtigt, einen Dritten mit der Erfüllung dieser Aufgaben zu beauftragen.
[…]
3. Die Vereinbarung wird nur wirksam, wenn der Anlagenbetreiber S. Netz für den jeweiligen Abrechnungszeitraum auch
mit der Messung der abzurechnenden Energie beauftragt sowie S. Netz die beiliegenden Datenblätter (Kundendatenblatt, Erklärung zur Einstufung der Vergütung) vollständig und zutreffend ausgefüllt zurückgesandt hat.
4. Der Abrechnungszeitraum umfasst einen Kalendermonat. S. Netz erstellt die Abrechnung jeweils bis zum 15. des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Kalendermonats […].
[…]
6. Bei Feststellung von Fehlern in der Ermittlung des Rechnungsbetrages oder nachträglichen Änderungen der einer Abrechnung zugrunde liegenden Daten erstellt S. Netz eine entsprechende Rechnungskorrektur. Der nach der ursprünglichen Abrechnung zu viel oder zu wenig berechnete Betrag ist zu erstatten oder nach zu entrichten.
7. Die Kosten der vereinbarten Dienstleistung trägt der Anlagenbetreiber. Die Höhe der Kosten orientiert sich an der von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Erlösobergrenze […].“


Der Anlagenbetreiber hatte behauptet, indem der Netzbetreiber die volle Einspeisevergütung über einen längeren Zeitraum hinweg ausbezahlt habe, ohne zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für Ansprüche in der entsprechenden Höhe erfüllt sind, und folglich ohne den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, habe der Netzbetreiber eigene Pflichten aus der „Abrechnungsvereinbarung“ vorwerfbar verletzt. Deshalb sei der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber gegenüber wegen Vertragspflichtverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Mit diesem Schadensersatzanspruch versuchte sich der Anlagenbetreiber gegen eine Rückzahlungsforderung des Netzbetreibers zu wehren.


Erfolglos. Der BGH widerspricht. Der Inhalt der „Abrechnungsvereinbarung“ ändere nichts an der Eigenverantwortung des Anlagenbetreibers für das Vorliegen der Fördervoraussetzungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und damit insbesondere auch für die Erfüllung seiner Pflicht zur Meldung der Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur.


Ausgangslage

Der BGH bestätigt zunächst, dass es den Parteien grundsätzlich frei steht, das gesetzliche Einspeiseschuldverhältnis durch vertragliche Vereinbarungen zu ergänzen. Die konkrete Reichweite des Gestaltungsspielraums der Parteien wird vom BGH jedoch offengelassen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit durch eine solche Vereinbarung auch die Erfüllung zentraler Pflichten des Anlagenbetreibers, die diesem durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz auferlegt werden – wie hier die Meldung der Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur -, auf den Netzbetreiber übertragen oder zumindest Hinweis- und Aufklärungspflichten des Netzbetreibers gegenüber dem Anlagenbetreiber in Bezug auf die Einhaltung von dessen vorgenannten Pflichten begründet werden können. 

Die Abrechnungsvereinbarung

Jedenfalls mit der im konkreten Fall vereinbarten Abrechnungsvereinbarung hatten die Parteien weder die Verantwortung für die Einhaltung der Meldepflicht des Anlagenbetreiber auf den Netzbetreiber übertragen noch betraf diese Vereinbarung in sonstiger Weise die Meldepflicht des Anlagenbetreibers. Ihr war auch keine Verpflichtung des Netzbetreibers zu entnehmen, den Tag der Meldung der Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur abzufragen, oder den Anlagenbetreiber zu einer solchen Meldung (nochmals) anzuhalten.

Die „Abrechnungsvereinbarung“ dient, wie bereits deren Bezeichnung nahelegt und sich zudem zweifelsfrei aus ihrem Inhalt ergibt, allein dazu, zwischen den Parteien eine Regelung hinsichtlich der Einzelheiten der Durchführung der Abrechnung der Einspeisevergütung zu treffen. Mit ihr sollen – ebenso wie mit der gemäß ihrer Ziffer 3 vorausgesetzten Beauftragung der Klägerin (auch) mit der Messung der abzurechnenden Energie – die entsprechenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ergänzt, nicht hingegen eine Änderung der gesetzlichen Wertung vorgenommen werden, wonach der Anlagenbetreiber die alleinige Verantwortung für die Einhaltung der Meldepflicht trägt.

Die zentralen Gründe aus dem Inhalt der Vereinbarung (im obigen Muster rot markiert):

  • Der Netzbetreiber hatte für den Anlagenbetreiber nur eine Dienstleistung zu erbringen.
  • Der Netzbetreiber durfte die Erfüllung der Dienstleistung ohne weitere Voraussetzungen einem Dritten übertragen.
  • Die Wirksamkeit der Abrechnungsvereinbarung ist an die Erteilung vollständiger und zutreffender Angaben seitens des Anlagenbetreibers geknüpft.
  • Abrechnungen können bei einer nachträglichen Änderung der zugrunde liegenden Daten korrigiert werden. Hieraus können sich Rückerstattungen oder Nachzahlungen ergeben. Das kann insbesondere auch greifen bei einer entgegen den Angaben des Anlagenbetreibers unterbliebenen Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur.

Eine solche Vereinbarung beseitigt also nicht die Eigenverantwortlichkeit des Anlagenbetreibers und begründet keine Prüf-, Hinweis- oder Aufklärungspflicht des Netzbetreibers. Der Netzbetreiber darf sich vielmehr auch auf Grundlage einer solchen Vereinbarung  auf die Angaben des Anlagenbetreibers verlassen.

Da es demnach mangels einer Pflichtverletzung der Klägerin an einem gegen diese gerichteten Schadensersatzersatzanspruch des Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB auch unter Berücksichtigung der von der Revision angeführten „Abrechnungsvereinbarung“ fehlt, bedarf die von der Revision überdies aufgeworfene, im Urteil des Senats vom … offen gelassene Frage des möglichen Bestehens eines Aufrechnungsverbots auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.

Schluss

Auch in einer weiteren Entscheidung verteidigt der BGH seine nunmehr gefestigte Rechtsprechung. Von besonderem Interesse ist dabei seine Entscheidung zur Bedeutung von Ausführungen des Gesetzgebers in Gesetzesbegründungen (hier zum EEG). So kommt es immer wieder vor (gerade auch im Umfeld des EEG), dass der Gesetzgeber in der Begründung eines neuen Gesetzes zugleich sein Verständnis von einem bereits bestehenden Gesetz zum Ausdruck bringt. Der BGH betont hier die begrenzte Bedeutung solcher Einlassungen für die Rechtsanwendung:

Die Revision verkennt bei ihrer gegenteiligen Sichtweise bereits im Ausgangspunkt, dass es sich um Ausführungen des Gesetzgebers in der Begründung eines gegenüber dem EEG 2017 späteren Gesetzes handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Senats sind einer nachträglichen verbindlichen Auslegung eines Gesetzes durch den Gesetzgeber Grenzen gezogen, weil hierzu letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen ist.

Angesichts der teilweise inhaltlich schwachen und handwerklich unsorgfältigen Begründungen des Bundesgesetzgebers gerade bei der Gesetzgebung für den Energiebereich kann man das nur begrüßen.


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