Ein Klassiker des Immobilienkaufs:
- Die gekaufte Immobilie ist wegen Feuchtigkeit in den Kellerwänden und nicht ordnungsgemäß angebrachter Kellerwandabdichtungen mangelhaft.
- Da der Verkäufer arglistig handelte, greift weder der vertragliche Haftungsausschluss ein noch bedarf es einer Nachfristsetzung.
- Eine vom Verkäufer in Auftrag gegebenen Sanierungsmaßnahme konnte diesen nicht entlasten, weil konkrete Umstände den Verdacht begründeten, dass die Mangelbeseitigung keinen Erfolg gehabt hatte.
- Der Käufer kann also einen Schadensersatzanspruch wegen der erforderlichen Neuabdichtung geltend machen.
Der BGH hat zu diesem Fall nun im Hinblick auf die Schadensersatzberechnung die Weichen neu justiert:
Zunächst bestätigt er, dass die Höhe des Schadens anhand der Kosten der Herstellung einer mangelfreien Kellerwandabdichtung berechnet werden kann. Dies gilt (anders als im Werkvertragsrecht) auch dann, wenn die hierfür erforderlichen Arbeiten noch nicht ausgeführt wurden.
Denn der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht werden.
Bundesgerichtshof
Was aber, wenn die durchschnittliche Haltbarkeit einer Mauerabdichtung 40 Jahre beträgt und die zu erneuernde Mauerabdichtung mehr als 40 Jahre alt ist? Ist dem Käufer überhaupt ein Schaden entstanden?
Der Schadensersatzanspruch strebt zwei nicht immer restlos zu vereinbarende Ziele an. Er soll dem Geschädigten einerseits vollen Ausgleich verschaffen, ihn andererseits aber nicht bereichern. Dieses zweite Ziel gebietet einen Abzug „neu für alt”, wenn damit nicht in unzumutbarer Weise in das erste eingegriffen wird.
Bundesgerichtshof
Erhält der Käufer anstelle der alten eine neue Kellerabdichtung, so steht er besser als bei einer von Anfang an mangelfreien Leistung. Trotzdem hat der BGH entschieden, dass der Käufer sich den Vorteil der längeren Lebensdauer einer neuen Kellerabdichtung und den Vorteil hierdurch ersparter Aufwendungen nicht anrechnen lassen muss.
- Handelt es sich bei dem Kaufgegenstand um eine gebrauchte Sache, und kann der Mangel nur dadurch beseitigt werden, dass ein mangelbehaftetes Teil durch ein neues Teil oder jedenfalls höherwertiges Teil ersetzt wird, hat der Käufer hierauf einen Anspruch.
- Der damit regelmäßig verbundene Vorteil einer Werterhöhung der Sache stellt ebenso wie der Umstand, dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart, eine unvermeidliche Folge des dem Käufer von dem Gesetzgeber eingeräumten Nacherfüllungsanspruchs dar.
- Würde man gleichwohl eine Anrechnung „neu für alt“ vornehmen, käme dies im Ergebnis einer Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung bzw. einer Erhöhung des Kaufpreises gleich, was dem geltenden Recht widerspricht.
- Nichts anderes gilt bei dem auf den Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigung gerichteten Schadensersatzanspruch des Käufers.
Eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer (gebrauchten) mangelhaften Kaufsache nach den Grundsätzen eines Abzugs „neu für alt“ scheidet aus, wenn sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart.
Bundesgerichtshof
HINWEIS ZUR ABGRENZUNG:
Wichtig ist, diesen Fall abzugrenzen von der Anrechnung von ersparten Aufwendungen, die der Käufer ohnehin geplant hatte: Sofern die zur Behebung des Mangels erforderlichen Arbeiten von dem Käufer auch bei einer mangelfreien Leistung durchgeführt worden wären, ist dies unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dies wird durch die neue Entscheidung nicht geändert.
Die Darlegungs- und Beweislast für ersparte Aufwendungen des Käufers, welche anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind, trägt der Verkäufer. Den Käufer trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast: Er ist gehalten, die für die Berechnung des Vorteilsausgleichs durch den Verkäufer erforderlichen Tatsachen vorzutragen.
Im Übrigen ändert der Umstand, dass sich der Käufer in der hier entschiedenen Konstellation einen Abzug „neu für alt“ nicht gefallen lassen muss, nichts daran, dass sowohl der Nacherfüllungsanspruch als auch der auf den Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigung gerichtete Schadensersatzanspruch Grenzen unterliegen:
- Eine Überkompensation des Käufers ist dadurch ausgeschlossen, dass die Nacherfüllung nicht unverhältnismäßig sein darf und dass sich dies auch unmittelbar auf den Schadensersatzanspruch auswirkt.
- Kann der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern, weil sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts.
ANMERKUNG:
Im konkreten Fall befasste sich der BGH noch mit einer von dem Käufer geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung. Er bestätigt, dass der Entzug von Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist, sowohl im Deliktsrecht als auch im Rahmen einer vertraglichen Haftung einen Vermögensschaden begründen kann. Dies setzt aber voraus, dass der Nutzungsausfall zu einer „fühlbaren“ Gebrauchsbeeinträchtigung geführt hat. Vorliegend war dies nicht gegeben, da der Käufer den mangelhaften Keller nicht zu Wohnzwecken nutzen wollte und eine Nutzung als Lagerraum weiter möglich war.
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