Das Bundeskabinett hat den Aktionsplan Großprojekte beschlossen, der von der Reformkommission Großprojekte unter Leitung des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur erarbeitet worden war. Nicht weniger als ein  „Grundstein für einen Kulturwandel auf dem Bau“ soll damit gelegt werden. Der Aktionsplan zeigt Grundprinzipien auf, die grundsätzlich geeignet sind, den typischen Projekt-Dreiklang aus Qualität, Kosten und Zeit in effizienter und effektiver Weise zu managen – und bestätigt letztlich das, was der Nachhaltigkeitsansatz unter Prozessqualität und Qualitätssicherung versteht und was mit einem nachhaltigen Risikomanagement-Ansatz einhergeht.

Die dargestellten Prinzipien, Grundsätze und Instrumente sind nicht neu und werden in wesentlichen Teilen verbreitet als Selbstveständlichkeiten eines nachhaltigen Projekt-, Risiko- und Vertragsmanagements verstanden. Das Aktionsprogramm soll folgerichtig nicht nur für Großprojekte gelten (verstanden als Bauprojekte im Zuständigkeitsbereich des Bundes mit Investitionskosten von mehr als 100 Mio. Euro), die Handlungsempfehlungen sollen vielmehr auch Vorbildfunktion für kleinere Projekte sowie für Bauvorhaben der Länder und Kommunen haben.


Die Aufnahme solcher Prinzipien, Grundsätze und Instrumente in ein Aktionsprogramm der Bundesregierung lässt erahnen, was in den bekannten Großprojekten der Vergangenheit alles schief gelaufen sein muss. Die Bundesregierung formuliert dabei die Ansicht, dass bereits umfangreiche und grundsätzlich bewährte Regelwerke existieren und dass häufig eher ein Vollzugsdefizit als ein Regulierungsdefizit bestehe. Zu den Empfehlungen:

Kooperatives Planen im Team
  • Sicherstellung hinreichender Bedarfsplanung.
  • Einsatz von interdisziplinären Planungsteams, ggf. unter Einbeziehung der Ausfühungsunternehmen.
  • Prüfung der Auswirkungen von Planungsänderungen auf den Bauprozess (bezogen auf Kosten und Zeit, selbstverständlich aber auch bezogen auf die qualitativen Anforderungen).

Erst planen, dann bauen
  • Bessere Gewährleistung des Grundsatzes, dass mit dem Bau erst dann begonnen wird, wenn für das genehmigte Bauvorhaben die Ausführungsplanung mit detaillierten Angaben zu Kosten, Risiken und zum Zeitplan sowie eine integrierte Bauablaufplanung vorliegen.

Risikomanagement und Erfassung von Risiken im Haushalt
  •  Projektbezogenes, frühzeitiges und kontinuierliches Risikomanagement sowie Termin-, Kosten- und Qualitätsmanagement unter Einbeziehung sämtlicher Projektpartner (Orientierung an ISO 31000 und der DIN EN 31010).
  • Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der kostenorientierten Planung ist es möglich, konkrete Risikokosten zu veranschlagen, wenn diese Risiken im Einzelfall zum Zeitpunkt der Kostenermittlung zumindest hinreichend konkret identifiziert und quantifiziert werden können. Nicht konkret ermittelte Risiken sollen dagegen keinen Eingang in das veranschlagte Projektbudget finden können. Zudem sei der Haushalt kein Instrument des kontinuierlichen Risikomanagements.
  • Realisierte Risiken sollen in Datensammlungen systematisch erfasst und nachfolgenden Projekten zur Verfügung gestellt werden.

Vergabe an den Wirtschaftlichsten, nicht den Billigsten
  • Vermeidung der Zuschlagserteilung an nicht kostendeckende Angebote, die darauf abzielen, über Nachtragsforderungen eine positive Auftragsrendite zu erzielen.
  • Einbeziehung qualitativer Wertungskriterien, etwa

– technischer Wert,

– Betriebs- und Folgekosten,

– Qualität der Auftragsdurchführung, z.B. des Risikomanagements.


Partnerschaftliche Projektzusammenarbeit
  • Stärkung der Elemente partnerschaftlicher Zusammenarbeit unter Auflösung von  Informationsasymmetrien, etwa indem sich die Projektbeteiligten zu Projektbeginn auf Leitungsebene zu einer konkretisierten partnerschaftlichen Projektabwicklung verpflichten (z.B. im Rahmen einer Projekt-Charta).
  • Die Bundesregierung will prüfen, inwieweit materielle Anreizsysteme wirkungsvolle Mechanismen für eine effektive partnerschaftliche Zusammenarbeit darstellen können.

Außergerichtliche Streitbeilegung
  • Häufigere Verankerung von internen und externen Konfliktlösungsmechanismen in den Verträgen.
  • Im Rahmen von Pilotprojekten soll geprüft werden, inwieweit interne Konfliktlösungsmechanismen die Beilegung von Streitigkeiten erleichtern können.
  • Verfahrensordnungen für Mediation, Schlichtung und Adjudikation sollen ausgearbeitet bzw. verbessert werden, das Bestehen von rechtlichen Hemnissen soll geprüft werden.

Verbindliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
  • Voraussetzung für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln bei öffentlichen Großprojekten ist der Nachweis einer angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung einschließlich einer Begründung für die Auswahl des Beschaffungsmodells.

Klare Prozesse und Zuständigkeiten
  • Großprojektadequate Vorhaltung von organisatorischen, personellen und fachlichen Kompetenzen für die Projektleitungs- und Steuerungsaufgaben auf Bauherrenseite.
  • Klare Prozesse und Zuständigkeiten bei öffentlichen und privaten Bauherren in Sachen Verantwortlichkeit, Entscheidungskompetenz, Entscheidungswege und -fristen einschließlich einer Festlegung der Voraussetzungen und des Verfahrens zur Freigabe von Planänderungen.

Stärkere Transparenz und Kontrolle
  •  Durchführung eines   kontinuierlichen und objektiven Controllings unter Einbeziehung aller Entscheidungsebenen des Projekts.
  • Regelmäßige Unterrichtung der Öffentlichkeit über Kosten, Termine, Projektänderungen und Risiken im Rahmen einer offenen und kontinuierlichen Bürgerbeteiligung.
  • Kommunikation nur von realistischen und belastbaren Projektkosten und Fertigstellungsterminen auf Grundlage einer gesicherten Finanzierung.
  • Zur Sicherstellung der Funktion des Haushalts soll es daneben unerlässlich bleiben, in einer frühen Phase mit dem Haushalt den Finanzrahmen abzustecken, in dem sich die Beteiligten bewegen müssen.

Nutzung digitaler Methoden – Building Information Modeling (BIM)
  • Die Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens von Bauwerken im Sinne von Building Information Modeling (BIM) soll konsequent vorangetrieben werden, z.B.

– Visualisierung von Projektvarianten,

– Kollisionsprüfungen zur Erstellung einer konsistenten Planung und

– Simulationen zur Sicherstellung eines friktionslosen Bauablaufs.

 


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