Der BGH hat mit seinem Urteil vom 31. August 2017 – VII ZR 308/16 seine Rechtsprechung zu den Wirksamkeitsanforderungen von Vertragsstrafenklauseln in AGB fortgeschrieben (siehe schon: Vertragsstrafe im Liefervertrag – Zum Vorliegen von AGB und zu Wirksamkeitsanforderungen).


Die Wirksamkeitsanforderungen bzgl. der Höhe

Eine unangemessene, gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Schuldners einer Vertragsstrafe kann sich – auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben.

Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und den Folgen für den Schuldner der Vertragsstrafe steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe gemäß §§ 339 ff. BGB nach der Intention des Gesetzgebers eine doppelte Zielrichtung hat:

  • Sie soll zum einen als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten und zum anderen
  • dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen.

Bei der Bewertung der Höhe der Vertragsstrafe sind danach

  • zum einen die Bedeutung der gesicherten Pflicht und die von einer Pflichtverletzung ausgehende Gefahr für den Gläubiger sowie der ihm drohende Schaden von maßgeblicher Bedeutung
  • und zum anderen sowohl die Form des Verschuldens auf Seiten des Schuldners als auch die Auswirkungen der Vertragsstrafe auf den Schuldner – auch eine etwaige Existenzgefährdung – zu berücksichtigen; diese müssen sich in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen halten.

Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsverstöße differenziert wird, kann die Unangemessenheit schon daraus folgen; eine solche Sanktion wäre nur dann zulässig, wenn dieser Betrag auch angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes noch angemessen wäre.

Der BGH betont, dass es auch für den Fall der Vereinbarung einer Vertragsstrafe nur  für vorsätzliche Pflichtverletzungen einer Differenzierung nach dem Gewicht der einzelnen Pflichtverletzung und einer hinreichenden Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Vertragspartner bedarf. Dies gilt nach dem BGH umso mehr, als die Anknüpfung an den Vorsatz des Vertragspartners dadurch relativiert wird, dass dieser sich nach den Beweislastregeln des Vertragsstrafenrechts (§ 345 BGB) und des Schuldrechts (§ 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB) hinsichtlich des Vorliegens einer vorsätzlichen Pflichtverletzung zu entlasten hat, soweit die Vertragsstrafenklausel nichts Abweichendes vorsieht. 


Erneut offen lässt der BGH die Frage, ob ein vereinbarter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist und ob dies zur Gesamtunwirksamkeit der Vertragsstrafenklausel führen würde.


Die Folgen einer Unwirksamkeit

  • Hält die Vertragsstrafenklausel der richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand, ist sie insgesamt unwirksam.
  • Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt.
  • Die Klausel kann auch nicht hinsichtlich bestimmter gravierender Pflichtenverstöße für wirksam erachtet werden, soweit sie insoweit nicht teilbar ist.
  • Aus einer salvatorischen Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann nichts anderes hergeleitet werden. Nach einer solchen Klausel verpflichten sich die Parteien, eine unwirksame Vertragsbestimmung durch eine Regelung zu ersetzen, die dem in der unwirksamen Vertragsbestimmung enthaltenen wirtschaftlichen Regelungsgehalt in zulässiger Weise gerecht wird. Derartige Klauseln sind ihrerseits wegen Verstoßes gegen § 306 Abs. 2 BGB gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

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