Ein gerne vernachlässigtes Sicherungsinstrument des Vermieters: Das gesetzliche Vermieterpfandrecht. Was man dazu wissen sollte:
  1. Nach § 562 Abs. 1 BGB hat der Vermieter für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Das Vermieterpfandrecht entsteht mit der Einbringung, auch soweit es erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert.
  2. Das Pfandrecht erstreckt sich nicht auf die Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen. Die eingebrachten Sache des Mieters müssen also pfändbar sein, um dem Vermieterpfandrecht zu unterfallen.
  3. Das Pfandrecht des Vermieters erlischt nach § 562a BGB mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, außer wenn diese ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt. Der Vermieter kann nicht widersprechen, wenn sie den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. Mit dem Abstellen auf die „gewöhnlichen Lebensverhältnissen“ ist bei der Gewerbemiete eine Entfernung von Sachen im regelmäßigen Geschäftsbetrieb gemeint (auch soweit der vorläufige Insolvenzverwalter ihn fortführt).

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs rückt das Vermieterpfandrecht im Zusammenhang mit Fahrzeugen des Mieters in den Fokus und klärt Einzelfragen zu den vorgenannten Punkten:


Zu 1.): Gesetzliches Vermieterpfandrecht auch an Fahrzeugen des Mieters?

Zu den Gegenständen, auf die sich das Vermieterpfandrecht erstreckt, gehören grundsätzlich auch die regelmäßig auf dem Mietgrundstück abgestellten Kraftfahrzeuge.

  • Eingebracht sind nämlich alle Sachen, die während der Mietzeit willentlich und wissentlich in die Mieträume oder auf das Mietgrundstück verbracht werden.
  • Bei Sachen, die nur vorübergehend in der Absicht alsbaldiger Wiederentfernung eingestellt werden, ist danach zu unterscheiden, ob der vorübergehende Verbleib der bestimmungsgemäßen Nutzung der Mietsache entspricht.
  • Ein Kraftfahrzeug, das auf dem vermieteten Grundstück geparkt wird, ist dementsprechend eingebracht. Denn seine regelmäßige vorübergehende Einstellung gehört zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache.

Zu 2.): Greift der gesetzliche Pfändungsschutz ein?

Der Pfändung nicht unterworfen sind bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände. Dieser Pfändungsschutz bezieht sich jedoch grundsätzlich nur auf persönlich zu erbringende Arbeitsleistungen, nicht hingegen auf den durch eine Kapitalgesellschaft unter Einsatz von Erwerbsgehilfen zu erzielenden Gewinn.

Hinweis: Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob der Pfändungsschutz ausnahmsweise auch bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Anwendung kommen kann, namentlich wenn deren Gesellschaftergeschäftsführer seinen Unterhalt überwiegend aus eigener Arbeit für die GmbH bezieht.


Zu 3.): Wann erlischt das Pfandrecht an Fahrzeugen?

Das Pfandrecht erlischt, wenn das Fahrzeug für die Durchführung einer Fahrt von dem Mietgrundstück – auch nur vorübergehend – entfernt wird. Es entsteht aber neu, wenn das Fahrzeug später wieder auf dem Grundstück abgestellt wird.

Der BGH widerspricht damit einer bislang verbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, wonach eine von vornherein lediglich vorübergehend geplante Wegschaffung der Sachen für das Erlöschen des Vermieterpfandrechts nicht ausreiche. Zum Erlöschen des Vermieterpfandrechts war es nach dieser Ansicht erforderlich, dass die eingebrachten Gegenstände vollständig aus dem Zugriffsbereich des Vermieters verbracht worden sind. Der BGH lässt dagegen nun jede auch nur vorübergehende Entfernung der Sachen für ein Erlöschen des Vermieterpfandrechts genügen und geht von dessen Neubegründung bei Wiedereinbringen aus.

Schließlich sprechen Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für eine ausschließlich räumliche Anknüpfung des Begriffs der Entfernung der Sachen, weil handhabbare Kriterien zur Unterscheidung zwischen einer bloß vorübergehenden und einer dauernden Entfernung der Sachen von dem vermieteten Grundstück fehlen. 


Insolvenzfeste Sicherung im Insolvenzfall des Mieters?

Im Fall einer Insolvenz über das Vermögen des Mieters ist demnach genau zu prüfen, wo sich die Fahrzeuge des Mieters bei Insolvenzeröffnung befanden:

  • Die noch vor der Insolvenzeröffnung entstandenen Forderungen des Vermieters sind durch das Vermieterpfandrecht nur dann insolvenzfest gesichert, sofern sich die Fahrzeuge im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung auf dem Mietgrundstück befanden.
  • Sind die Fahrzeuge hingegen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vom Grundstück entfernt gewesen und erst nach der Insolvenzeröffnung wieder eingebracht worden, führt das dadurch neu entstandene Vermieterpfandrecht nur zur Sicherung von Masseschulden des Mieters aus dem nach der Insolvenzeröffnung fortbestehenden (§§ 108, 109 InsO) Mietverhältnis; es sicherte dann nicht die Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung, die dann einfache Insolvenzforderungen sind.

Im Insolvenzfall muss der Vermieter aber noch Weiteres beachten:

  • Soweit eine Befriedigung aus einem Vermieterpfandrecht in Betracht kommt, weil sich die Fahrzeuge im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung auf dem Mietgrundstück befanden, kann der Mieter gegebenenfalls die Einrede der Anfechtbarkeit erheben (§§ 146 Abs. 2, 130 InsO). Dem Vermieter steht in der Insolvenz des Mieters ein anfechtungsfreies Absonderungsrecht aber dann zu, soweit die von dem Pfandrecht erfassten Gegenstände bereits vor der Krise eingebracht wurden.
  • Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 InsO kann das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters oder Verpächters im Insolvenzverfahren wegen der Miete oder Pacht für eine frühere Zeit als die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung des Verfahrens sowie wegen der Entschädigung, die infolge einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu zahlen ist, nicht geltend gemacht werden.

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