Der BGH hat in einem aktuellen Beschluss entschieden:

Ein Kraftwerk, das in ein Höchstspannungsnetz einspeist, ist keine dezentrale Erzeugungsanlage im Sinne von § 18 Abs. 1 StromNEV und § 3 Nr. 11 EnWG.

Der Fall

Die Betreiberin eines Kohlekraftwerks erhielt, nachdem die Bundesnetzagentur die Ansicht geäußert hatte, Anlagen, die in das Höchstspannungsnetz einspeisen, seien nicht als dezentrale Erzeugungsanlagen anzusehen, von der Netzbetreiberin keine Entgelte mehr für die dezentrale Einspeisung aus dem Kraftwerk. Hiergegen wehrte sich die Betreiberin – ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Eine dezentrale Erzeugungsanlage im Sinne des § 18 Abs. 1 StromNEV ist eine an das Verteilernetz angeschlossene verbrauchs- und lastnahe Erzeugungsanlage (§ 3 Nr. 11 EnWG).

Die Begriffsbestimmungen in § 3 EnWG sind grundsätzlich auch zur Auslegung der auf der Grundlage dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen heranzuziehen, soweit diese gleichlautende Begriffe verwenden und keine abweichenden Bestimmungen enthalten.

Die danach entscheidende Frage, ob das Kraftwerk der Betreiberin an das Verteilernetz angeschlossen ist, richtet sich wiederum nach der Definition des Begriffs „Verteilung“ in § 3 Nr. 37 EnWG.

Dies folgt für Elektrizitätsversorgungsnetze aus der grundlegenden Unterscheidung zwischen den Aufgaben der Übertragung und der Verteilung in § 3 Nr. 32 und 37 EnWG, der daran anknüpfenden Unterscheidung zwischen Betreibern von Übertragungsnetzen und Betreibern von Verteilernetzen in § 3 Nr. 2 EnWG und der damit in Einklang stehenden Definition in § 3 Nr. 3 EnWG, wonach Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen Personen oder Organisationseinheiten sind, die die Aufgabe der Verteilung von Elektrizität wahrnehmen und verantwortlich sind für Betrieb, Wartung und Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen.

Verteilung ist demnach

  1. der Transport von Elektrizität mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze oder
  2. der Transport von Gas über örtliche oder regionale Leitungsnetze,

um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst [der Verteilung von Gas dienen auch solche Netze, die über Grenzkopplungspunkte verfügen, über die ausschließlich ein anderes, nachgelagertes Netz aufgespeist wird].


Im vorliegenden Fall lag kein Fall der vorstehenden Ziffer 1 vor: Hierzu gehört nur der Transport von Elektrizität mit einer Spannung von maximal 110 kV.

Der Transport mit Höchstspannung, also mit mehr als 110 kV, ist nach § 3 Nr. 32 EnWG der Übertragung vorbehalten, also dem Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz einschließlich grenzüberschreitender Verbindungsleitungen zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst.

Demnach war das Kraftwerk der Betreiberin nicht an das Verteilernetz angeschlossen, weil der mit ihm erzeugte Strom in ein Höchstspannungsnetz eingespeist wurde.

Hinweis: Die Definition des § 3 Nr. 29c EnWG zum örtlichen Verteilernetz enthält keine von § 3 Nr. 37 EnWG abweichende Definition der übergeordneten Begriffe „Verteilung“ und „Verteilernetz“. Gegenstand dieser Regelung ist nach dem BGH ausschließlich die Abgrenzung örtlicher Verteilernetze von vorgelagerten Verteilernetzen. Aus § 3 Nr. 29c EnWG ergibt sich folglich keine abweichende Beurteilung.

Der BGH hat damit klargestellt, dass eine unabdingbare Voraussetzung für ein Anspruch nach § 18 Abs. 1 StromNEV darin besteht, dass die Einspeisung aus einer dezentralen Erzeugungsanlage erfolgt, was  wiederum voraussetzt, dass die Anlage an ein Verteilernetz angeschlossen ist. Es geht also zentral um die Abgrenzung von Verteiler- und Übertragungsnetzen und die Feststellung des BGH, dass der Gesetzgeber die mit Höchstspannung betriebenen Leitungen gerade nicht dem Bereich der Verteilung zugeordnet hat.