
In den USA hat man Begriffe wie „Karen“ gebildet für das Phänomen von in der Öffentlichkeit ausrastenden Personen, zuletzt immer wieder auch im Zusammenhang mit der Pflicht zum Maskentragen. Man sieht dann völlig enthemmte Personen – wegen eines Stückes Stoff im Gesicht.
Was aber machen Eigentümer und Betreiber im Handel, im Gewerbe und in der Gastronomie hierzulande, die einerseits die eigenen Mitarbeiter und die redlichen Kunden schützen wollen, anderseits aber konfrontiert sind mit solchen Personen, die man gemeinhin als „Covidioten“ bezeichnet – und wenn gerade keine Polizeikollonen aus dem gesamten Bundesgebiet oder auch nur einzelne standhafte Polizisten wie jene vom vergangenen Samstag in Berlin verfügbar sind?
Gut dass der Bundesgerichtshof eben das Hausrecht gestärkt hat.
Das Hausrecht gibt Eigentümern und Betreibern das Recht, gegenüber Besuchern und Kunden ein Hausverbot auszusprechen.
Es ist begründet in den Freiheits- und Selbstbestimmungsrechten des Eigentümers bzw. Besitzers und ist daher besonders geeignet, den allenthalben „Freiheit“ grölenden „Covidioten“ ihre Grenzen aufzuzeigen – neben dem vom Bundesverfassungsgericht gestärkten Gesundheits- und Lebensschutz.

Das Hausrecht
Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht es seinem Inhaber, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt.
- In dem Hausrecht kommt die aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) fließende Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB).
- Darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt. Dazu gehört, dass rechtlich erhebliche Willenserklärungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; das gilt in gleicher Weise für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit gestattet wird.
Einschränkungen aus Vertrag?
Aus einer vertraglichen Bindung können allerdings Einschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts resultieren.
- Hat sich der Betreiber einer Einrichtung vertraglich verpflichtet, dem Gast den Aufenthalt zu gestatten, ist er an diesen Vertrag gebunden und kann sich hiervon grundsätzlich nur nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln lösen, etwa durch Anfechtung oder durch Kündigung aus wichtigem Grund.
- Die vertragliche Bindung schließt zwar die Erteilung eines Hausverbots gegenüber dem Gast als Vertragspartner nicht aus, führt aber dazu, dass ein den Vertrag vereitelndes Hausverbot der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf. Eine Fremdgefährdung durch Verstoß gegen Infektionsschutzmaßnahmen gehört zweifellos hierher.
Weitere Einschränkungen?
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH konnten sich Einschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts auch daraus ergeben, dass der Hausrechtsinhaber die Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr öffnet und dadurch seine Bereitschaft zu erkennen gibt, generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem den Zutritt zu gestatten, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt, wie etwa im Einkaufsmarkt und Warenhaus.
- Das schließt es zwar auch in solchen Fällen nicht aus, dass der Berechtigte die Befugnis zum Aufenthalt nach außen hin erkennbar an rechtlich zulässige Bedingungen knüpft.
- Geschieht dies jedoch nicht oder sind die Bedingungen erfüllt, bedarf ein gegenüber einer bestimmten Person ausgesprochenes Verbot, die Örtlichkeit zu betreten, zumindest grundsätzlich eines sachlichen Grundes.
Das renitente Verhalten von „Covidioten“ lässt sich heute nicht als üblich bezeichnen, zumal die Infektionsschutzmaßnahmen nicht nur rechtlich zulässige, sondern rechtlich verbindlich vorgegebene Bedingungen sind und auf jeden Fall einen sachlichen Grund begründen. Insoweit sind mithin keine weiteren Einschränkungen für das Hausrecht zu begründen.
Ohnehin aber hat der BGH diese Rechtsprechung nun im Sinne eines weiten Hausrechts kassiert.
Die Erteilung eines Hausverbots bedarf nicht schon dann eines sachlichen Grundes, wenn der Hausrechtsinhaber die Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr ohne Ansehen der Person öffnet, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Verweigerung des Zutritts für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet.
Dieses Kriterium kann erst recht nicht für eine Einschränkung des Hausrechts herangezogen werden: Wer mit seinem Verhalten das gesellschaftliche Miteinander aufkündigt und sich gegen die Gesellschaft stellt, möchte nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, sondern dieses gefährden bzw. beeinträchtigen.
Ein zivilrechtliches Benachteiligungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird regelmäßig nicht begründet sein, auch wenn heute schnell mal noch so Absurdes zur Weltanschauung verklärt wird. Jedefalls würde hier ein Rechtfertigungsgrund vorliegen, weil eine unterschiedliche Behandlung stets zulässig ist, wenn sie der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient.
Zudem greift im Sinne eines weiteren aktuellen BGH-Urteils die Unternehmerfreiheit: Zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung – und zum Ausschluss bestimmter Personen oder Personengruppen vom Leistungsangebot z.B. eines Hotels – kann sich ein Unternehmer auch im Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf seine Unternehmerfreiheit (Art. 12 I 1 GG) berufen und somit wirtschaftliche Ziele anführen.
Die Berufsausübungsfreiheit sichert die Teilhabe am Wettbewerb, mithin die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit. Sie umfasst das Recht der am Markt Tätigen, die Bedingungen ihrer Marktteilhabe selbst festzusetzen. Die „Unternehmerfreiheit“ schützt somit die freie Gründung und Führung von Unternehmen und damit auch die Ausgestaltung des konkreten Auftretens am Markt. Dabei besteht ein angemessener Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative, mithin der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen durch ein bestimmtes Angebot an Waren und Dienstleistungen. (…) Zudem hat der Unternehmer – wie ausgeführt – im Rahmen der Zielerreichung das Recht zur Pauschalisierung und Standardisierung, worauf bei der Abwicklung der hier in Rede stehenden Massengeschäfte nicht verzichtet werden kann.
BGH
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