Zum Nachhaltigkeitsansatz gehört es, Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit und die Natur zu vermeiden. Es gilt das Vorsorgeprinzip und die Risikovorsorge, für verantwortungsvolles Regierungshandeln ebenso wie für verantwortungsvolles Unternehmenshandeln, bezogen auf Viruspandemien ebenso wie bezogen auf Klimarisiken.
„There is no glory in prevention.“
Das weiß Christian Drosten. Oder doch? Mit der Bundeskanzlerin und dem Bayerischen Ministerpräsidenten eilen solche Personen von Umfragehoch zu Umfragehoch, die sich frühzeitig für eine verantwortungsvolle Pandemiepolitik entschieden haben, während es für jene aus der Abteilung Wissenschafts-Bashing steil nach unten geht. Und der ganz überwältigende Teil der Bevölkerung steht hinter den Corona-Schutzmaßnahmen.
Wäre da nicht die kleine aber sehr aggressive Gernegroß-Minderheit, die mit Größenwahn und Gewaltphantasien nach Berlin irrlichtert, um die Stadtbewohner mit penetranten Verstößen gegen Abstandsgebote und Maskenpflichten zu terrorisieren und um die Bundesbürger mit ihrem Irrsinn zu belästigen. Sie verwechseln Verantwortungslosigkeit mit Freiheit, Fremdgefährdung mit Selbstbestimmung und sie verwechseln freies Denken mit dem Hereinfallen auf skrupellose Geschäftemacher und Hassprediger.
Und sie mögen noch so bunt durch den Tiergarten tanzen, sich bürgerlich und friedensbewegt geben, sie marschieren zusammen mit gewaltbereiten Rechtsextremisten, Antisemiten und Verfassungsfeinden und machen sich zum Teil eines braunen „Völkchens“, das sich spätestens durch den widerwärtigen Versuch, den Deutschen Bundestag mit Reichskriegsflaggen zu stürmen, demaskiert hat.
Die Berliner Polizei und Berlins Innensenator hatten versucht, Stärke zu zeigen. Sie wollten sich nicht auf der Nase rumtanzen lassen von Personen, die nicht nur nach ihrer eigenen Namensgebung „711“ schon weit vor Berlin falsch abgebogen sind.
Die Aufregung um das Verbot war groß – und entlarvend, war doch ausgerechnet beim vorhergehenden Verbot der Trauerdemonstration in Hanau wegen der Opfer rechtsextremer Gewalt die große Empörung noch ausgeblieben.
Auch die Berliner Gerichtsbarkeit wollte dem Verbot nicht folgen. Dank dem Verwaltungsgericht und dem OVG Berlin-Brandenburg wissen wir jetzt, wie Reichskriegsflaggen vor dem Bundestag aussehen und welche Politiker, Journalisten und Wissenschaftler unter eben dieser Flagge nach Ansicht nicht weniger Demo-Teilnehmer weggesperrt bzw. hingerichtet werden sollen.
Wir wissen nun auch, dass einer kruden Allianz aus Linken, FDP und afd das Wohl der Polizisten, die aus dem gesamten Bundesgebiet zur Unterstützung angereist waren, ziemlich egal ist und „Law and Order“ immer nur für den politischen Gegner gilt.
„Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird. Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen.“
Berlins Innensenator Geisel

Und jetzt wollten die Corona-Leugner (sog. „Covidioten“) auch noch eine „Dauermahnwache“ in Berlin abhalten und die Grünflächen dauerhaft mit ihrem braunen Schmutz besetzen. Das OVG Berlin-Brandenburg hatte das untersagt. Also zogen die sog. „Covidioten“ zum Bundesverfassungsgericht und behaupteten allen Ernstes, es gehe ihnen darum, „wie wir in Zukunft gemeinsam zusammenleben wollen“.
Die Antwort sollte klar sein: Ohne Euch!
Und das Bundesverfassungsgericht befreit uns tatsächlich von dem Anblick dauercampender Feinde der freiheitlich demokratischen Grundordnung am Bundestag. Zugleich springt das BVerfG dem Innensenator und der Berliner Polizei bei.
Der Wert der Versammlungsfreiheit
Das Bundesverfassungsgericht betont die Wichtigkeit der Versammlungsfreiheit:
- Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen.
- Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend.
- Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Der Wert des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit – und zur Schutzpflicht des Staates
Nach der von dem Oberverwaltungsgericht bestätigten Einschätzung der Versammlungsbehörde stünde bei Durchführung des Camps eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Wesentlichen deshalb zu befürchten, weil die Veranstaltungsteilnehmer aus Gründen des Infektionsschutzes gebotene Mindestabstände nicht einhalten würden. Das bestätigt das Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen:
Es steht im Grundsatz außer Zweifel, dass zu den prinzipiell gleichwertigen anderen Rechtsgütern, zu deren Schutz Eingriffe in die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt sein können, insbesondere das Grundrecht Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehört. Insoweit trifft den Staat überdies eine grundrechtliche Schutzpflicht, in deren Kontext auch zahlreiche zur Bekämpfung der gegenwärtig andauernden Covid-19-Pandemie von Bund, Ländern und Gemeinden ergriffene Infektionsschutzmaßnahmen stehen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Versammlungsbehörde darin, unter anderem auf Vorerfahrungen mit der Demo vom 1. August 2020 zurückzugreifen. Bei dieser Versammlung kam es zu einer Vielzahl von Verstößen gegen geltende Abstandsregelungen sowie gegen eine angeordnete Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen, was schließlich zur Auflösung dieser Versammlung führte. Würde das Gericht nun im Eilrechtsschutz das Camp zulassen und würde sich später im Hauptsacheverfahren zeigen, dass das Verbot des Camps rechtmäßig ist, wären grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen.
Das von dem Antragsteller vorgelegte Hygienekonzept setzt unter Verzicht auf das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen auf eine konsequente Einhaltung der gebotenen Mindestabstände, die insbesondere durch den Einsatz von Ordnern und Deeskalationsteams sichergestellt werden soll. Das nimmt das Bundesverfassungsgericht dem Antragsteller nicht (mehr) ab:
Mit Blick auf nach Durchführung der gestrigen Versammlung nunmehr vorliegende Erfahrungen musste sich der Antragsteller dazu veranlasst sehen, die praktische Eignung seines Konzepts zu bewerten und dieses erforderlichenfalls anzupassen. Dass dies geschehen ist, ist indes weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20
Die Stärkung von Mund-Nasen-Bedeckungen
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Schutzwirkung von Masken und deren Eignung, als Auflage festgesetzt zu werden:
„Darüber hinaus kommt auch in Betracht, im Wege einer Auflage im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG eine Verpflichtung der Versammlungsteilnehmer zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen anzuordnen, die nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts jedenfalls zu einer Verlangsamung des Infektionsgeschehens beitragen können.“
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20
Sodann widerspricht das Bundesverfassungsgericht dem Verwaltungsgericht Berlin und stärkt nachträglich sowohl die Berliner Polizei als auch den Innensenator:
„Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts in der hier in Rede stehenden fachgerichtlichen Eilentscheidung erster Instanz schränkt der Umstand, dass eine landesrechtliche Infektionsschutzverordnung das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen bei Versammlungen nicht allgemein vorgibt und auch keine strikte Obergrenze der zulässigen Teilnehmerzahl festlegt, die der Versammlungsbehörde durch § 15 Abs. 1 VersG eröffnete Befugnis, unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 8 Abs. 1 GG einerseits und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG andererseits zur Gefahrenabwehr entsprechende beschränkende Auflagen zu verfügen, nicht ein.“
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20
Die Garantie der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität. Damit ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. Einer solchen, ihn zum Objekt degradierenden Behandlung wird der Antragsteller durch das Gebot, in bestimmten öffentlichen Bereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung zum Schutz anderer vor einer potentiell tödliche Erkrankung aufzusetzen, nicht ausgesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Mai 2020 – 1 S 1357/20 –, Rn. 63, juris, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 06.08.2020 – 11 S 60/20
Die Entscheidung ist über das krude „711-Schwaben-Camping“ in Berlin hinaus bedeutsam. Sie zeigt, dass der Schutz der ganz überwiegenden Mehrheit dieses Landes und seiner Institutionen vorrangig ist gegenüber dem Recht einer kleinen aber lauten Gruppe, ihren Irrsinn in die Welt zu tragen.
Das lässt sich ohne Weiteres von den Corona-Leugnern auch auf die Klimaleugner übertragen, wobei es ohnehin große Schnittstellen gibt. Das Grundrecht Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit und die grundrechtliche Schutzpflicht des Staates greifen auch hier zugunsten der großen Mehrheit der Bevölkerung ein.
Nun wird man weder Corona-Leugner noch Klimaleugner von grundrechtlichen Schutzpflichten, vom Vorsorgeprinzip und von Risikovorsorge überzeugen können. Zu weit weg sind sie von Vernunft und Recht. Allerdings gibt es auch Personen wie Juli Zeh, die sich immerhin Juristin und Mitglied eines Landesverfassungsgerichts nennen darf und durch die Feuilletons tingelt mit Aussagen wie, die Pandemie sei gar nicht so wild, die Bevölkerung solle sich für eine (nicht eintretende) „Herdenimmunität“ infizieren, Politiker mit “wenig Rückgrat” würden sich als „starke Anführer“ profilieren und gestützt auf “eine eskalierende Medienberichterstattung” Angst schüren und mithilfe einer “Bestrafungstaktik” Freiheitsbeschränkungen durchdrücken – ach ja, ebenso wie die Pandemie sei natürlich die Klimakrise auch nur ein apokalyptisches Szenario der Politik. Bleibt die Hoffnung, dass sich wenigstens die Juli Zehs dieses Landes von dem Bundesverfassungsgericht an Vernunft und Recht erinnern lassen, zumindest solange sie sich noch Mitglied eines Landesverfassungsgerichts nennen dürfen. Oder man schaut für einen Realitätscheck einfach in die USA, wo die hiesigen deutschen Politiker, denen Frau Zeh ein Politikversagen vorwirft, aufgrund ihrer verantwortungsvollen Pandemie-Politik als World`s 25 Greatest Leaders – Heroes of the Pandemic geadelt werden, und wo man betrachten kann, was passiert, wenn man dem Gerede einer Frau Zeh folgen würde: über 180.000 Covid-Tote in den USA von über 840.000 Covid-Toten weltweit.
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