Der Fall
In der Leistungskette
Fachplaner ⇔ Generalplaner ⇔ Auftraggeber
erweist sich die ausgeführte Heizungsanlage als unterdimensioniert, da der Fachplaner seiner technischen Anlagenplanung eine unzutreffende Fassade/einen unzutreffenden k-Wert zugrundegelegt hatte. Während im Verhältnis Generalplaner⇔Auftraggeber das Planungshonorar bezahlt und die Mängelrechte verjährt waren, verklagt der Fachplaner den Generalplaner auf Zahlung von Planungshonorar, der sich mit Gewährleistungsrechten verteidigt.
Die Fragen
- Kann der Generalplaner dem Fachplaner sein Honorar vorenthalten, obwohl er von seinem Auftraggeber vergütet wurde und von diesem keine Gewährleistungsforderung fürchten muss?
- Trifft den Generalplaner gegenüber dem Fachplaner ein Mitverschulden?
Die Entscheidung
Vorteilsausgleich?
Der BGH (Urt. v. 28.01.2016 – VII ZR 266/14) hatte nun Gelegenheit, sich zu den vorgenannten Fragen zu äußern. Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Frage, ob es mit Treu und Glauben vereinbar ist, wenn der Generalplaner Nachteile an den Fachplaner weitergibt, die ihm selbst gegenüber seinem Auftraggeber überhaupt nicht mehr entstehen können. Fließen dem Generalplaner nicht ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zu, wenn er selbst vollständig vergütet wurde und seine Gewährleistungsverantwortung verjährt ist, er gleichwohl aber vom Fachplaner die Mangelbeseitigungskosten verlangt bzw. das Honorar mindert?
In der Rechtsprechung des BGH wurde dies zur baulichen Leistungskette zwischen Subunternehmer⇔Hauptunternehmer⇔Auftraggeber bejaht: Da der Hauptunternehmer in der Leistungskette nur Zwischenstation ist und durch seinen Anspruch gegen den Subunternehmer einen Vorteil erlangt, weil trotz Mängel am Werk sein Auftraggeber keine Ansprüche mehr gegen ihn erhebt, kann es nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt sein, dass der Hauptunternehmer diesen Vorteil an den Subunternehmer weitergeben muss.
Der BGH hat nun entschieden, dass diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall eines Planungsmangels keine Anwendung findet.
Weitere Haftungsgrundsätze in der Leistungskette
Zugleich hat der BGH wichtige Weichenstellungen für die Haftung in der planenden Leistungskette vorgenommen:
- Aufrechnung des Generalplaners mit Schadensersatzansprüchen wegen mangelhafter Planung? Eine Aufrechnung gegenüber dem Fachplaner ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schaden des Generalplaners besteht grundsätzlich „nur“ darin, dass er infolge mangelhafter Planung des Fachplaners mit Verbindlichkeiten belastet wird, weil seinem Auftraggeber aufgrund des bereits im Bauwerk verkörperten Planungsmangels Schadensersatzansprüche zustehen. Der Generalplaner hat daher zunächst „nur“ eine Freistellungsanspruch gegenüber dem Fachplaner, einen Anspruch auf Freistellung von den Ansprüchen des Auftraggebers. Mit diesem Anspruch kann aber nicht gegen die Vergütungsforderung des Fachplaners aufgerechnet werden. Will der Generalplaner dies, muss er den Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandeln, etwa durch erfolglose Aufforderung zur Erfüllung.
- Zurückbehaltungsrecht des Generalplaners wegen Anspruch auf Freistellung von den Ansprüchen des Auftraggebers? Sind die Ansprüche des Auftraggebers gegenüber dem Generalplaner verjährt, so entfällt in der Regel auch der Anspruch des Generalplaners gegenüber dem Fachplaner auf Freistellung von diesen Ansprüchen. Folglich entfällt auch das Zurückbehaltungsrecht. Insoweit schlägt das Interesse des Fachplaners durch, den Generalplaner nur insoweit von seiner Schuld befreien zu müssen, als er auf deren Erfüllung in Anspruch genommen werden kann. Im Regelfall kann der Fachplaner vom Generalplaner verlangen, dass sich dieser gegenüber dem Auftraggeber auf die Einrede der Verjährung beruft.
- Minderungsrecht? Dem Generalplaner bleibt aber das Recht, die Honoraforderungen des Fachplaners hinsichtlich des schadensrelevanten Bereichs (Heizung, Lüftung, Sanitär) zu mindern. Anzusetzen ist bei der Minderung der mangelbedingte Minderwert der Fachplanung.
Mitverschulden des Generalplaners?
Das Mitverschulden des Generalplaners ist unter zwei Gesichtspunkten relevant:
- Mitverantwortung bei der Schadensminderung: Das Mitverschulden des Generalplaners ist insoweit relevant, dass es dem Generalplaner gegenüber dem Fachplaner im Fall der Verjährung obliegt, gegenüber dem Auftraggeber die Einrede der Verjährung zu erheben und weder auf die Einrede der Verjährung zu verzichten noch die verjährte Forderung anzuerkennen (siehe schon vorstehend). Nur wenn Umstände vorliegen, die es für den Generalplaner ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen, die Einrede der Verjährung zu erheben, kann er von dieser Obliegenheit befreit sein. Eine bloß vage Befürchtung beruflicher Nachteile rechtfertigt es aber nicht, die Erhebung der Einrede ausnahmsweise als unzumutbar anzusehen.
- Mitverantwortung bei der Schadensentstehung: Ein Mitverschulden des Generalplaners gegenüber dem Fachplaner kann auch insoweit relevant werden, dass – auch im Rahmen der Minderung – geprüft werden muss, ob der Generalplaner das seinerseits Erforderliche getan hat, um sicher zu stellen, dass der Fachplaner den richtigen k-Wert zugrunde legt, insbesondere wenn sich die richtigerweise zu planende Fassade bloß aus der Übersendung einer Zeichnung eines Fassadendetails ergibt. Der Fachplaner kann erwarten, dass der Generalplaner ihm die Angaben macht, die es ihm ermöglichen, eine mangelfreie Fachplanung zu erstellen. Erbringt der Generalplaner diese Mitwirkung nicht oder nicht hinreichend, so trägt er zu einer daraus resultierenden mangelhaften Fachplanung bei und ist folglich für einen daraus erwachsenden
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