Kürzlich hatten wir uns mit der Bedeutung von Klimarisiken in der Immobilienbranche befasst:
Unter anderem ging es um die Kartierung des Klimarisikos für potenzielle Immobilien-Ankäufe und um die Einbeziehung des Klimarisikos in die Due Diligence und andere Investitions-Entscheidungsprozesse, wobei Extremwetterereignissen eine besonders große Bedeutung zukam. Es geht aber auch um die Bedeutung des Versicherungsschutzes als grundlegendes, aber nicht einziges Tool für ein hinreichendes Risikomanagement.
Although insurance might provide short-term protection, a growing group of investors and investment managers are exploring new approaches to find better tools and common standards to help the industry get better at pricing in climate risk in the future.
Urban Land Institute / Heitman, CLIMATE RISK AND REAL ESTATE INVESTMENT DECISION-MAKING, p. 2
Eine aktuelle BGH-Entscheidung zeigt, wie Marktteilnehmer, Investoren und Transaktionspartner scheitern, wenn sie sich dem nicht stellen, welche Bedeutung der Ankaufsprüfung, dem Haftungsmanagement und der Vertragsgestaltung zukommt und was passiert, wenn die Basissicherung wegfällt: Der Versicherungsschutz.
Im konkreten Fall wurde die verkaufte Immobilie infolge eines Extremwetterereignisses (siehe auch: Klimaangepasstes Bauen, Arbeiten und Betreiben? Wie Extremwetter-Ereignisse Wertschöpfungs-Ketten beeinflussen) nach erfolgter Beurkundung des Kaufvertrages beschädigt. Beide Parteien machten gravierende Fehler, letztlich ging aber der Käufer, der den Verkäufer auf Schadensersatz verklagte, bei Gericht unter, weil er sowohl vorvertraglich wie auch vertraglich seine „Hausaufgaben“ nicht gemacht hatte.
Verkäufer-Check: Haftungsausschluss
Der Verkäufer hatte einen gravierenden Fehler in der Vertragsgestaltung gemacht: Er hatte zwar die Immobilie unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Er hatte es aber versäumt, den Ausschluss der Sachmängelhaftung ausdrücklich auf Mängel zu erstrecken, die erst nach Vertragsschluss, aber vor dem Gefahrübergang auftreten. Es bedarf einer besonderen Abrede, um den Haftungsausschluss auch auf solche Mängel zu erstrecken.
Allerdings wirkte sich dieser Fehler nicht zum Nachteil des Verkäufers aus. Denn – und hier begann die Fehlerserie des Käufers – aufgrund der Vereinbarung eines vorgelagerten Gefahrübergangs trat das Schadensereignis erst nach dem Gefahrenübergang ein und viel damit in das Risiko des Käufers.
Käufer-Check: Versicherungsschutz
Für den Käufer wirkte sich das Schadensereignis besonders gravierend aus, weil die vormalige Versicherung des Verkäufers rechtzeitig vor dem Schadensereignis den Versicherungsschutz gekündigt hatte. Der Käufer hatte es versäumt, den Versicherungsschutz abzufragen, zu prüfen und abzusichern. Seine Versuche, nachträglich doch dem Verkäufer wieder das Risiko zu übertragen, scheiterten folglich.
Pflicht des Verkäufers zur Versicherung gegen Unwetterschäden oder sonstige Schäden?
Der Verkäufer war nicht verpflichtet, das Gebäude nach der Kündigung des Versicherers im Interesse des Käufers gegen Unwetterschäden neu zu versichern. Insbesondere hatte es der Käufer versäumt, sich dahingehend vertraglich abzusichern. Folglich konnte der Käufer den Verkäufer nicht wegen der Verletzung einer Nebenpflicht in Anspruch nehmen.
- Eine vertragliche Verpflichtung des Grundstücksverkäufers gegenüber dem Käufer zu einer Versicherung der Kaufsache besteht grundsätzlich nicht.
- Der Verkäufer ist auch nicht gehalten, eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bestehende Gebäudeversicherung aufrechtzuerhalten bzw. nach Kündigung einer solchen Versicherung durch den Versicherer eine neue Versicherung abzuschließen.
- All dies gilt vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen. Abweichendes gilt also nur, wenn der Verkäufer sich vertraglich zu der Aufrechterhaltung einer bestehenden bzw. zu dem Abschluss einer neuen Gebäudeversicherung verpflichtet hat. Hier ist der Käufer gefragt, sich vertraglich abzusichern. Aus dem bloßen Hinweis auf das Bestehen einer Gebäudeversicherung lässt sich eine solche Vereinbarung nicht herleiten.
H I N W E I S :
Transaktionspartner verlassen sich oft auf Gesetzesrecht, etwa auf § 95 VVG. Das kann schiefgehen, wie der vorliegenden Fall zeigt. Denn aus der Vorschrift des § 95 Abs. 1 VVG ergibt sich nichts Anderes.
Durch § 95 VVG soll der Erwerber zwar vor einer Versicherungsschutzlücke bewahrt werden. Die mit dieser Norm erfolgende gesetzliche Anordnung des Übergangs der sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers soll aber lediglich verhindern, dass eine bestehende Versicherung infolge des Eigentumsübergangs und Wegfalls des Versicherungsinteresses des bisherigen Versicherungsnehmers verloren geht. Demgegenüber soll der Veräußerer nicht in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt werden:
(1.) Der Verkäufer darf daher auch nach § 95 VVG ein bestehendes Versicherungsverhältnis jederzeit beenden, auch wenn er damit den Übergang der Versicherung nach § 95 VVG verhindert.
(2.) Er ist auch nicht gehalten, die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Versicherer zu verhindern bzw. im Falle einer Kündigung eine neue Versicherung abzuschließen.
(3.) Abweichendes kann sich auch insoweit nur aus einer vertraglichen Abrede ergeben, um die sich der Käufer bemühen sollte. Der Käufer sollte auch sicherstellen, dass der Verkäufer die Prämie, die er im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherer noch allein schuldet (§ 38 VVG), weiterhin zahlt.
Siehe auch: Immobilienkauf und Schadensfall: Wem stehen die Leistungen der Gebäudeversicherung zu?
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