Nach der Langfristigen Renovierungsstrategie der Bundesregierung stellen die Mieterhöhungsmöglichkeiten nach § 559 BGB (Modernisierungsumlage) und § 558 BGB (Vergleichsmietensystem in Verbindung mit ökologischen/energetischen Mietspiegeln) die zentralen Instrumente des Mietrechts zur Anreizsetzung für die energetische Modernisierung im Bestand dar.

Dabei erweist sich, dass eine Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB für den Vermieter vorteilhafter sein kann als eine Modernisierungsumlage nach § 559 BGB.

Siehe schon:

Was gilt nun, wenn der Vermieter sich für beides entscheidet?

Der BGH gibt in einer neuen Entscheidung Antworten:

Nach dem Gesetz steht es dem Vermieter frei, im Anschluss an die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme

  1. die Miete nach §§ 558 BGB zu erhöhen, sich also die aufgrund des modernisierten Zustands gestiegene Vergleichsmiete zunutze zu machen, oder
  2. nach §§ 559 BGB vorzugehen, mithin die aufgewendeten Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen.

Zu Fall 2: Bleibt eine zunächst erfolgte Mieterhöhung nach § 559 BGB hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete für entsprechend modernisierten Wohnraum zurück, ist es dem Vermieter unbenommen, anschließend die Mieterhöhung gemäß § 558 BGB zu verlangen.

Dass das Gesetz ein solches Vorgehen erlaubt, zeigt sich nicht zuletzt an den (insoweit seit 1. Januar 2002 unveränderten) Regelungen des § 558 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach Mieterhöhungen nach § 559 BGB sowohl bei der Warte- und der Jahresfrist nach § 558 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB als auch bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB unberücksichtigt bleiben.

BGH

Fall 1: Was aber gilt nun in umgekehrter Reihenfolge? Kann nach Abschluss einer Modernisierungsmaßnahme der Vermieter zunächst gemäß §§ 558 BGB eine Mieterhöhung auf Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete für den modernisierten Wohnraum durchsetzen und sodann noch eine Modernisierungsumlage nach § 559 BGB realisieren?

Einige Instanzgerichte (darunter auch das LG Berlin) und namhafte Literaturstimmen einschließlich des mit dem Versuch einer landesrechtlichen Mietpreisregulierung in Berlin und Bayern bekannt gewordenen Prof. Artz aus Bielefeld wollen dem Vermieter das verbieten. Demnach soll dem Vermieter die Möglichkeit einer (weiteren) Erhöhung der Miete auf Grundlage der umlegbaren Modernisierungskosten (nach § 559 BGB) versperrt sein, wenn er zuvor eine Erhöhung der Miete nach § 558 BGB unter Heranziehung der ortsüblichen Vergleichsmiete für den modernisierten Wohnraum durchgesetzt hat.

Der BGH widerlegt diese Ansicht zutreffend. Denn sie übersieht – so der BGH – einiges. Sie ist weder mit dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften über die Mieterhöhung zu vereinbaren noch gebietet die Interessenlage der Mietvertragsparteien eine solche.

§ 559 BGB verfolgt (…) aus wohnungs-, wirtschafts- und umweltpolitischen Gründen den Zweck, die Modernisierung vorhandenen alten Wohnbestands zu fördern, indem dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet wird, den Modernisierungsaufwand im Wege einer – von der ortsüblichen Vergleichsmiete unabhängigen – Mieterhöhung auf den Mieter umzulegen. Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung wird eine Auslegung der Mieterhöhungsvorschriften nicht gerecht, die dem Vermieter die vollständige (wirtschaftliche) Ausschöpfung der ihm gesetzlich zustehenden Rechte zur Mieterhöhung erschwert, indem sie der erfolgreichen Geltendmachung einer auf Grundlage des modernisierten Wohnungszustands erfolgten Mieterhöhung nach § 558 BGB – ohne Einschränkungen – eine Sperrwirkung in Bezug auf eine (weitere) Mieterhöhung nach § 559 BGB beimisst.

BGH

Der Mieter ist hinreichend geschützt:

  • Der (nachfolgend) geltend gemachte Modernisierungszuschlag ist der Höhe nach begrenzt auf die Differenz zwischen dem allein nach § 559 BGB möglichen Erhöhungsbetrag und dem Betrag, um den die Miete bereits zuvor nach §§ 558 BGB heraufgesetzt wurde. Der Modernisierungszuschlag nach § 559 BGB wird also um den bereits nach § 558 BGB unter Zugrundelegung des modernisierten Wohnungszustands erzielten Erhöhungsbetrag gekürzt.
  • Eine ungerechtfertigte „doppelte“ Belastung des Mieters mit Mieterhöhungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Modernisierung erfolgt in diesen Fällen mithin nicht. Die beiden Mieterhöhungen übersteigen in der Summe nicht den Betrag, den der Vermieter bei einer allein auf § 559 BGB gestützten Mieterhöhung verlangen könnte. Schützenswerte Belange des Mieters erfordern daher eine umfassende Sperrwirkung nicht.
  • Da der Mieter bereits ab Fertigstellung der Baumaßnahmen von der bewirkten Modernisierung profitiert, entspricht zudem eine zeitnahe und ggf. gestufte Mieterhöhung den beiderseitigen Interessen.
  • Im Übrigen verliert die Gegenansicht aus dem Blick, dass es bei jedem Mieterhöhungsverlangen naturgemäß Sache des Mieters ist, dessen Berechtigung zu überprüfen und gegebenenfalls Einwände dagegen zu erheben.

Das sind wichtige Wegweisungen für die anstehende „Renovierungswelle“. Siehe ausführlich: Kommt die Modernisierungs- und Renovierungswelle im Gebäudesektor? Neue Impulse zum nachhaltigen Klimaschutz im Gebäudebestand


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