Die Europäische Kommission arbeitet gerade an einer Verordnung zur Unterstützung der nachhaltigen Rohstoffversorgung, dem sogenannte Critical Raw Materials Act. Der Legeslativvorschlag soll Ende März 2023 vorgelegt werden. Die Schwerpunkte sollen in den Bereichen Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen (in der EU und außerhalb) sowie beim Recycling und der Kreislaufwirtschaft liegen.

Kritische Rohstoffe sind nach der EU-Kommission von entscheidender Bedeutung für den ökologischen und digitalen Wandel sowie für die Resilienz und Sicherheit der EU. Sie sind wesentliche Bestandteile grüner Technologien, werden in digitalen Anwendungen eingesetzt und sind äußerst wichtig für die Verteidigungs, Luftund Raumfahrtindustrie sowie das Gesundheitswesen. Um den ökologischen und digitalen Wandel zu vollziehen, muss die EU daher ihre Versorgung mit kritischen Rohstoffen erheblich steigern und diversifizieren, die Kreislaufwirtschaft stärken und Forschung und Innovation unterstützen.

Die Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit kritischen Rohstoffen wird für den ökologischen und digitalen Wandel der EU von größter Bedeutung sein.

EU Kommission

Das Hauptziel der Initiative ist es daher, eine nachhaltige Versorgung mit kritischen Rohstoffen sicherzustellen, um den ökologischen und digitalen Wandel zu unterstützen und die Resilienz der EU zu stärken. Risiken für Lieferketten wie Unterbrechungen oder plötzliche Preiserhöhungen sollen verringert werden, wodurch wiederum die Weiterverfolgung der ökologischen und digitalen Ambitionen der EU ermöglicht werden soll. Zudem soll die Industrie mit den notwendigen Ressourcen versorgt werden, um die Ziele zu erreichen und gleichzeitig die Umwelt- und Sozialstandards der EU einzuhalten. Im Hinblick auf die Umweltauswirkungen sollen die Maßnahmen auch eine Ausweitung der Kreislaufwirtschaft ermöglichen, indem die Verwendung von Recyclingmaterialien in neuen Produkten, das Recycling und zusätzliche
Substitutionsmöglichkeiten durch Forschungs- und Innovationsförderung gestärkt werden sollen.

„Second, the Commission will propose a Critical Raw Materials Act. The manufacturing of EU net-zero technologies is only possible if access to relevant critical raw materials is ensured, including by diversifying sourcing and by recycling raw materials to lower the EU’s dependence on highly concentrated supplies from third countries and boost quality jobs and growth in the circular economy. This act will aim to provide the EU security of supply, including by strengthening international engagement, facilitating extraction (where relevant), processing and recycling, while ensuring high environmental standards and continuing research and innovation, e.g. to reduce material use and to develop bio-based substitutes. There have already been tangible successes: today, some EU companies are using lignin stemming from wood in batteries, instead of graphite.“
European Commission, A Green Deal Industrial Plan for the Net-Zero Age, COM(2023) 62 final, 1.2.2023

Derzeit erwägt die EU-Kommission vier Hauptsäulen an regulatorischen und nichtregulatorischen Maßnahmen:

  1. Festlegung von Prioritäten und Zielen für EU-Maßnahmen, z. B. durch die Bestimmung strategischer kritischer Rohstoffe auf der Grundlage vorab festgelegter Kriterien (u. a. wirtschaftliche Bedeutung, Konzentration in der Versorgung, Nachfragesubstituierbarkeit, strategische Anwendungen und prognostizierte Versorgungslücken) und EU-Zielvorgaben für den Ausbau der Kapazitäten in verschiedenen Phasen der Wertschöpfungskette,
  2. Verbesserung der Überwachung, des Risikomanagements und der Governance der EU im Bereich kritischer Rohstoffe,
  3. Stärkung der EU-Wertschöpfungskette für kritische Rohstoffe (Bergbau, Raffination, Verarbeitung, Recycling) in einem globalen Kontext,
  4. Gewährleistung nachhaltiger gleicher Wettbewerbsbedingungen im gesamten Binnenmarkt.

Als Beitrag zur Arbeit der Kommission haben Frankreich und Deutschland bereits eine gemeinsame Position zu einer entsprechenden EU-Gesetzgebung ausgearbeitet. Sie stützen sich auf drei Säulen:

  1. Stärkung des Krisenmanagements im Bereich der Versorgung mit kritischen Rohstoffen, einschließlich des Aufbaus eines Frühwarnsystems zur Vorhersage von mangelnden strategischen Impulsen und Bestimmungen zur Umsetzung einer Bevorratungs- / gemeinsamen Beschaffungspolitik sowie rechtlicher Anreize für Diversifizierung und einer Balance zwischen Vorteilen und Risiken entsprechender Maßnahmen;
  2. Überprüfung und Bewertung bestehender Finanzierungsinstrumente zur Unterstützung der notwendigen Investitionen in Projekte zur Produktion von Rohstoffen und kritischen Metallen (Bergwerke, Raffinerien und Recycling-Kapazitäten) innerhalb und außerhalb der Union; Erwägung der Schaffung eines eigenständigen öffentlichen/privaten Investitionsfonds mit einer Kombination von Eigenkapital, Darlehen und Garantien für Investitionen in Projekte in den Bereichen Förderung, Raffinerie, Verarbeitung und Wiederverwertung; Verbesserungen mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft, Recycling und Substitution;
  3. Sicherstellung gleicher globaler Wettbewerbsbedingungen sowie eines Rahmens für fairen Handel und nachhaltige Marktwirtschaft auf der Grundlage hoher ESG-Standards, einschließlich der Ausweitung von Kernbestimmungen des EU-Rechtsrahmens für Batterien auf weitere Produktgruppen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) möchte sich darüber hinaus auf europäischer Ebene für eine ambitionierte Ausgestaltung des EU-Kommissionsvorschlages zur neuen Ökodesignverordnung einsetzen, damit die EU ein Leitmarkt für umweltfreundliche und kreislauffähige Produkte wird. Es entspricht dem Willen der Bundesregierung laut Koalitionsvertrag, auch im Gebäudebereich eine Kreislaufwirtschaft einzuführen. Es sollen die Grundlagen geschaffen werden, um den Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten verstärkt betrachten zu können. Bundesbauministerin Geywitz forderte eben erst „ganz andere Bauformen“, bei denen nachhaltige Baumaterialien genutzt werden und eine hohe Recyclingquote erreicht wird – und eben darüber werde gerade in der Koalition gesprochen.

INFOBOX

„Hence, we identify as a clear outcome throughout the report the prioritization of using less. Aligned with this, a transition to a circular economy will clearly play a part in decarbonizing future building projects. Looking for the highest possible reuse value of everything from whole buildings to the systems and components within them will be a key part of using fewer resources, avoiding waste and the need to keep expending embodied carbon during the life cycles of buildings.“

WBCSD/ARUP, Net-zero buildings: Halving construction emissions today, January 2023

Zugleich adressiert das BMWK bestehende Hemmnisse und Hürden für den Einsatz von Recyclingmaterialien und deren Beseitigung. Hierzu gehört insbesondere die entsprechende Anpassung von Normen und Standards etwa im Baubereich.

Und an dieser Stelle kommt nun Unterstützung von einer Seite, die manchen überraschen könnte. Die Unionsfraktion im Bundestag hat einen Antrag (BT-Drucksache 20/5220) eingereicht, der konkret wird. Die Wertschöpfungskette Bau wird dort als eine Schlüsselbranche zur Erreichung des Pariser UN-Klimaübereinkommens und der nationalen Klimaschutzziele definiert. Gefordert wird, dass die Herstellungsphase und der Ressourcenverbrauch eines Gebäudes stärker in den Blick genommen werden und insofern auch der Einsatz von Recycling- Baustoffe, auch um das gesamtgesellschaftliche Ziel von klimafreundlichem und bezahlbarem Wohnraum zu erreichen. Erforderlich sei ein Mehrklang aus sinnvollen Grenzwerten, zielgerichteten Förderprogrammen und rechtlichen Regelungen, um mit gezielten Maßnahmen die Rahmenbedingungen für das Baustoffrecycling zu verbessern. Der Antrag möchte daher erreichen, dass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordert

  1. zeitnah bundeseinheitliche und europarechtskonforme Regelungen zum Ende der Abfalleigenschaft für alle mineralische Abfälle zu schaffen, sodass qualitätsgesicherte Recycling-Baustoffe den rechtlichen Status des Abfalls verlieren und rechtlich den Primärbaustoffen gleichgestellt werden;
  2. den Zielkonflikt zwischen immer höheren Recycling-Grenzwerten und gleichzeitig höheren Recycling-Quoten aufzulösen, indem die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) mit Blick auf die Stoffstromverschiebung, die Recycling-Quote sowie die Praktikabilität und Kostensteigerung im Bausektor überprüft und optimiert wird;
  3. die Potenziale von Recycling-Gips und Recycling-Beton durch einen rechtssicheren Grenzwert zu heben und von der „Null-Faser-Politik“ Abstand zu nehmen;
  4. die Vorbildfunktion des Bundes ernst zu nehmen, indem im Rahmen der Leistungsbeschreibung für Bauleistungen die Nutzung von Recycling-Baustoffen bevorzugt vorgegeben wird (vgl. § 45 Abs. 2 KrWG);
  5. das Vergaberecht zu modifizieren, indem in öffentlichen Vergabeverfahren, bei Erfüllung der erforderlichen bautechnischen und umweltrechtlichen Anforderungen, Primär- und Sekundärrohstoffe gleichbehandelt werden;
  6. die Fördermittel für die Bau- und Baustoffforschung auszubauen, um Wege zu finden, wie noch ressourcensparender gebaut und Recyclingverfahren und Verwertungsoptionen optimiert werden können;
  7. ein verlässliches Fördersystem zu etablieren, das einen materialoffenen Ansatz verfolgt, nachwachsende und Recycling-Baustoffe stärker finanziell berücksichtigt und dabei keine einzelnen Baustoffe bevorzugt;
  8. die Genehmigungsverfahren für Flächen zur Materialaufbereitung zu vereinfachen, damit durch diese Dezentralisierung Transportwege und CO2-Emissionen verringert und Kosten gedämpft werden;
  9. zu prüfen, inwiefern eine vorbereitende Trennung am Anfallort zur weiteren Verwertung von Bau- und Abbruchmaterialien verbessert werden kann.

INFOBOX

Embodied carbon represented an average of 50% of the total whole life carbon emissions of new building projects when considered across the 60-year life span of the six case study buildings we studied. Generally, national, and local legislation and predicted national grid decarbonization levels are driving improvements in operational energy. These developments push the balance of whole life-cycle emissions toward an ever-higher percentage of embodied carbon. Further, the largest part of this embodied carbon is in the immediately emitted upfront construction stage (A1-A5).

WBCSD/ARUP, Net-zero buildings: Halving construction emissions today, January 2023

© Copyright by Dr. Elmar Bickert