Nicht weniger als „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ nennen sich SPD, DIE GRÜNEN und die FDP in ihrem Koalitionsvertrag für 2021-2025. „Mehr Fortschritt wagen“ möchten die Koalitionäre der zukünftigen Bundesregierung.

„Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität. Klimaschutz sichert Freiheit, Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand. Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozial- ökologische Marktwirtschaft neu zu begründen. Wir schaffen ein Regelwerk, das den Weg frei macht für Innovationen und Maßnahmen, um Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.“

SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

Resortverteilung:

SPD:
Bundeskanzler
Innen und Heimat
Arbeit und Soziales
Verteidigung
Gesundheit
Bauen
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Bündnis 90 / Die Grünen:
Auswärtiges Amt
Wirtschaft und Klimaschutz
Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Ernährung und Landwirtschaft

FDP:
Finanzen
Justiz
Verkehr und Digitales
Bildung und Forschung

Planung und Bau – Neue Energien

Die Bundesregierung dringt auf Tempo beim Infrastrukturausbau und möchte deshalb Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren sowie die Personalkapazitäten verbessern. Schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren werden als zentrale Voraussetzung angesehen, um Deutschland zügig zu modernisieren, insbesondere auch im Hinblick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

„Die 2020er Jahre wollen wir zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur, machen. Wir verfolgen dazu eine Politik, die die Investitionen – privat, wie öffentlich – deutlich erhöht.“
SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

  • Schon im ersten Jahr der Regierung sollen alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können.
  • Die personellen und technischen Kapazitäten sollen bei Behörden und Gerichten erhöht werden.
  • Verwaltungsgerichtsverfahren sollen durch einen „frühen ersten Termin“ sowie durch ein effizienteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren beschleunigt werden.
  • Für Angelegenheiten des Planungsrechts sollen die Voraussetzungen für zusätzliche Senate am Bundesverwaltungsgericht geschaffen werden.
  • Das Ziel ist, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren.
  • Verwaltungsinterne Fristen und Genehmigungsfiktionen bei Beteiligung weiterer Behörden sollen ausgeweitet werden.
  • Wiederholte Auslegungs-, Einwendungs- und Erwiderungsschleifen sollen vermieden werden können, indem bei Planänderungen nach Bürgerbeteiligung nur noch neu Betroffene zu beteiligen und Einwendungen nur mehr gegen Planänderungen zulässig sind.
  • Es soll eine engere Verzahnung zwischen Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren ermöglicht werden, um Doppelprüfungen zu vermeiden.
  • Sonderregeln für einzelne Gebiete der Fachplanung sollen in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht überführt werden.
  • Das Verhältnis von Klimaschutz und Artenschutz soll geklärt werden. Die Rechtssicherheit im Artenschutzrecht soll durch bundeseinheitliche gesetzliche Standardisierung (insb. Signifikanzschwellen) erhöht werden, ohne das Schutzniveau insgesamt abzusenken.
  • Es soll eine auf Rechtssicherheit und gegenseitigem Vertrauen fußende Planungskultur in Deutschland verwirklicht werden.
  • Die Einsatzmöglichkeiten für private Projektmanagerinnen und Projektmanager werden ausgedehnt.
  • Planungsprozesse werden mit Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modeling) effizienter, kostengünstiger und transparenter gestaltet. Die Bau- und Immobilienwirtschaft sowie alle Ebenen der Verwaltung sollen bei der Digitalisierung unterstützt werden (Open-BIM und einheitliche Schnittstellen/Standards). Der Smart-City-Stufenplan soll weiterentwickelt werden, BIM Deutschland soll gestärkt werden und es soll ein Smart-City– Kompetenzzentrum eingerichtet werden.
  • Die digitalen Möglichkeiten des Planungssicherstellungsgesetzes sollen fortgesetzt und insbesondere im Hinblick auf die Bürgerbeteiligung weiterentwickelt werden. Die Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz sollen entfristet und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren geschaffen werden.
  • Das Baugesetzbuch (BauGB) soll mit dem Ziel novelliert werden, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und -anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken sowie zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren und weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen.
  • Orientiert an der Neuen Leipzig-Charta soll die Städtebauförderung gestärkt und erhöht werden, gewollt ist die nutzungsgemischte Stadt. Das Programm “Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren” soll mit der Städtebauförderung kompatibel gemacht werden. Die TA Lärm soll modernisiert und an die geänderten Lebensverhältnisse in den Innenstädten angepasst werden, um Zielkonflikte zwischen Lärmschutz und heranrückender Wohnbebauung aufzulösen. Für Clubs und Livemusikspielstätten soll ihr kulturellen Bezug anerkannt werden. Das Nachhaltigkeitsziel der Bundesrepublik beim Flächenverbrauch soll mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Die Einführung eines Innenentwicklungsmaßnahmengebietes soll geprüft werden.
  • Bei besonders prioritären Vorhaben soll der Bund künftig nach dem Vorbild des Bundesimmissionsschutzgesetzes kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen. Für geeignete Fälle kommt auch eine Übernahme des Raumordnungsverfahrens durch den Bund in Betracht. Beginnen werden soll mit Schienenprojekten aus dem Deutschlandtakt sowie mit für die Energiewende zentralen Hochspannungs- Gleichstrom-Übertragungsleitungen SüdLink, SüdOstLink und Ultranet. Weitere Vorhaben sollen hinzukommen. Im Rahmen des Klimaschutz-Sofortprogramms sollen weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine schnellere Planung und Realisierung von Strom- und Wasserstoffnetzen sollen beschleunigt werden.
  • Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sollen weiter erhöht und langfristig abgesichert werden. Dabei soll erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investiert werden. Bei den Bundesfernstraßen soll ein stärkerer Fokus auf Erhalt und Sanierung gelegt werden, mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke. Es soll einen neuen Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 geben. Das Nebeneinander von Autobahn GmbH und DEGES soll aufgehoben werden. Zwischen Bund und Autobahn GmbH soll eine überjährige Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden.
  • Deutschland soll zu einem Zentrum für Forschung, Fertigung und Recycling von Batteriezellen werden.
  • Deutschland soll zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovationsstandort für autonomes Fahren werden, der Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur soll massiv beschleunigt werden. Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030. Der vorauslaufende Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur soll mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglicher Ladepunkte bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur ressortübergreifend beschleunigt, auf Effizienz überprüft und entbürokratisiert werden. Es wird auf die Mobilisierung privater Investitionen gesetzt. Wo wettbewerbliche Lösungen nicht greifen, soll mit Versorgungsauflagen, wo baulich möglich, die verlässliche Erreichbarkeit von Ladepunkten hergestellt werden. Hemmnisse in Genehmigungsprozessen, bei der Netzinfrastruktur und den Netzanschlussbedingungen sollen abgebaut werden und die Kommunen bei einer vorausschauenden Planung der Ladeinfrastruktur unterstützt werden. Bidirektionales Laden soll ermöglicht werden, es soll transparente Strompreise und einen öffentlich einsehbaren Belegungsstatus geben. Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Schnellade-Hubs soll beschleunigt werden. Der Masterplan Ladeinfrastruktur soll zügig überarbeitet werden.
  • Bis 2030 soll Deutschland Leitmarkt für Wasserstofftechnologien werden und dafür soll ein ambitioniertes Update der nationalen Wasserstoffstrategie erarbeitet werden. Die Wasserstoffstrategie wird 2022 fortgeschrieben. Ziel ist ein schneller Markthochlauf. Erste Priorität hat die einheimische Erzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien. Für einen schnellen Hochlauf und bis zu einer günstigen Versorgung mit grünem Wasserstoff soll auf eine technologieoffene Ausgestaltung der Wasserstoffregulatorik gesetzt werden.
  • Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission sollen im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte spricht sich die Bundesregierung dafür aus, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können. Die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-In-Hybride soll degressiv und grundsätzlich so reformiert werden, dass sie ab 1. Januar 2023 nur für KFZ ausgegeben wird, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, der nur über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert wird. Die elektrische Mindestreichweite der Fahrzeuge muss bereits ab dem 1. August 2023 80 Kilometer betragen. Über das Ende des Jahres 2025 hinaus wird die Innovationsprämie nicht mehr für erforderlich angesehen. Die bestehende Besserstellung von Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der sogenannten Dienstwagenbesteuerung wird für neu zugelassene Fahrzeuge stärker auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet.
  • Es soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass zur Erreichung der Klimaziele die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien sowie der Ausbau elektrifizierter Bahntrassen im öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Für solche Projekte soll unter gewissen Voraussetzungen eine Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes geschaffen werden. Die Erneuerbaren Energien liegen im öffentlichen Interesse und dienen der Versorgungssicherheit. Bei der Schutzgüterabwägung soll es einen zeitlich bis zum Erreichen der Klimaneutralität befristeten Vorrang für Erneuerbare Energien geben.
  • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll drastisch beschleunigt werden, alle Hürden und Hemmnisse sollen aus dem Weg geräumt werden. Das Erneuerbaren-Ziel wird auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680-750 TWh im Jahr 2030 ausgerichtet. Davon sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen. Entsprechend bechleunigt wird der Netzausbau. Neben dem EEG werden Instrumente für den förderfreien Zubau, wie z. B. langfristige Stromlieferverträge (PPA) und den europaweiten Handel mit Herkunftsnachweisen im Sinne des Klimaschutzes gestärkt. Auch der dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien soll gestärkt werden. Noch im ersten Halbjahr 2022 sollen gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen alle notwendigen Maßnahmen angestoßen werden, um das gemeinsame Ziel eines beschleunigten Erneuerbaren- Ausbaus und die Bereitstellung der dafür notwendigen Flächen zu organisieren. Kommunen sollen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen- Solaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren können.
  • Das Ziel für den Ausbau der Photovoltaik (PV) sind ca. 200 GW bis 2030. Dazu sollen alle Hemmnisse beseitigt werden, u.a. sollen die Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigt, Vergütungssätze angepasst, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel geprüft werden. Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV werden gestärkt und die Ko-Nutzung ermöglicht.
  • Für die Windenergie an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden. Die nähere Ausgestaltung des Flächenziels erfolgt im Baugesetzbuch. Die Kapazitäten für Windenergie auf See sollen auf mindestens 30 GW 2030, 40 GW 2035 und 70 GW 2045 erheblich gesteigert werden. Wo bereits Windparks stehen, soll es ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sein, alte Windenergieanlagen durch neue zu ersetzen.
  • Eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und der Ausbau der Wärmenetze soll gestärkt werden. Es wird ein sehr hohen Anteil Erneuerbarer Energien bei der Wärme angestrebt, bis 2030 soll 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden.
  • Die Potentiale der Digitalisierung sollen für mehr Nachhaltigkeit genutzt werden. Neue Rechenzentren sind ab 2027 klimaneutral zu betreiben. Öffentliche Rechenzentren führen bis 2025 ein Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) ein. Für IT- Beschaffungen des Bundes werden Zertifizierungen wie z. B. der Blaue Engel Standard.
  • Öffentlichen Vergabeverfahren sollen vereinfacht, professionalisiert, digitalisiert und beschleunigt werden. Die Beteiligungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Betrieben an Vergabeverfahren sollen gestärkt werden. Die öffentliche Hand soll sich am Aufbau eines Systems zur Berechnung von Klima- und Umweltkosten beteiligen.
  • Ausgewählte Einzelprojekte und Beschaffungen sollen im Rahmen Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) umgesetzt werden. Dabei soll – unter Einbeziehung der Risiken – nach einheitlichen Kriterien durch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gezeigt werden, dass die Umsetzung eines konkreten ÖPP-Projektes wirtschaftlicher ist. Die Methodik für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von ÖPP-Projekten wird unter Berücksichtigung bestehender Empfehlungen des Bundesrechnungshofes weiterentwickelt und an den Stand der Wissenschaft angepasst.
  • Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) soll reformiert und die Leistungsbilder sollen angepasst werden.

Klimaschutz und Klimanpassung – Neue Nachhaltigkeit

Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland als Grundlage für nachhaltiges Wachstum, Wohlstand und hohe Beschäftigung in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft erhöhen. Wir werden Unternehmen und Beschäftigte bestmöglich unterstützen, Innovation fördern und neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und Unternehmertum schaffen. Wir müssen die Klimakrise gemeinsam bewältigen. Darin liegen auch große Chancen für unser Land und den Industriestandort Deutschland: Neue Geschäftsmodelle und Technologien können klimaneutralen Wohlstand und gute Arbeit schaffen.
SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

  • Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit sollen weiterentwickelt und die Governance-Strukturen sollen überprüft werden. Die Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitsstrategien, -zielen und -programmen im konkreten Regierungshandeln und bei der Erstellung von Gesetzen soll erhöht werden. Die öffentliche Hand soll bei ihrer Beschaffung mit gutem Beispiel voran gehen.
  • Das Klimaschutzgesetz soll noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickelt und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Klimaschutz soll zu einer Querschnittsaufgabe gemacht werden, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck). Ein Klimaschutzsofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen und Vorhaben soll bis Ende 2022 auf den Weg gebracht und abgeschlossen werden.
  • Mit einem Klimaanpassungsgesetz soll ein Rahmen geschaffen werden, um gemeinsam mit den Ländern eine nationale Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen etwa in den Handlungsfeldern Hitzevorsorge, Gesundheits- und Allergieprävention und Wasserinfrastruktur umzusetzen und rechtzeitig nachsteuern zu können. Erste dringliche Maßnahmen werden zudem mit einem Sofortprogramm sehr schnell auf den Weg gebracht. Angestrebt wird eine Verankerung der gemeinsamen Finanzierung von Bund und Ländern zur Klimavorsorge und Klimaanpassung, eine KfW-Förderung bei der privaten Hochwasser- und Starkregenvorsorge und eine Unterstützung der Kommunen bei Investitionen in Klimaresilienz, insbesondere in eine klimafeste Wasserinfrastruktur, die Extremniederschlägen und Niedrigwasser Rechnung trägt. Kommunen sollen bei der Prävention und Bewältigung von Starkregenereignissen und der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden.
  • Das Bundesbodenschutzrecht soll evaluiert und an die Herausforderungen des Klimaschutzes, der Klimaanpassung und den Erhalt der Biodiversität angepasst werden.
  • Die novellierte Erneuerbare-Energien-Richtlinie soll nach Verabschiedung möglichst technologieoffen und ambitioniert umgsetzt werden; Atomkraft soll weiterhin ausgeschlossen bleiben.
  • Der Energie- und Klimafonds (EKF) soll zu einem Klima- und Transformationsfonds weiterentwickelt werden.
  • Um die Unternehmen bei ihren Investitionen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen, soll u. a. ein Transformationsfonds bei der KfW aufgelegt werden. Vorgeschlagen werden auch Carbon Contracts for Difference (Klimaverträge, CCfD).
  • Bei der Novellierung der europäischen Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien und anderer Regelungen soll darauf geachtet werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gewahrt bleibt.
  • Die Nachhaltigkeitsberichterstattungen für die Sozialversicherungen soll fortgeführt werden.
  • Zur Finanzierung von grünen Ausgaben werden die Green Bonds ausgeweitet.
  • In Sachen Sustainable Finance soll Deutschland zum führenden Standort nachhaltiger Finanzierung gemacht werden. Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken werden als Finanzrisiken definiert.
    • Die Bundesregierung setzt sich für europäische Mindestanforderungen im Markt für ESG-Ratings und die verbindliche Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in Kreditratings der großen Ratingagenturen ein.
    • Sie setzt sich weiter dafür ein, dass auf europäischer Ebene ein einheitlicher Transparenzstandard für Nachhaltigkeitsinformationen für Unternehmen gesetzt wird.
    • Ökologische und gegebenenfalls soziale Werte sollen im Dialog mit der Wirtschaft in bestehende Rechnungslegungsstandards integriert werden, beginnend mit Treibhausgasemissionen.
    • Das Vorhaben der Europäischen Kommission, eine „Corporate Sustainability Reporting Directive“ zu entwickeln, wird unterstützt.
    • Die Bundesregierung wird auf Basis der Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats eine glaubwürdige Sustainable Finance Strategie mit internationaler Reichweite implementieren. Der Beirat soll als unabhängiges und effektives Gremium fortgeführt werden.

Nachhaltigkeit im Gebäudesektor

„Um eine wirtschaftlich effiziente, sozialverträgliche Umsetzung der Klimaschutzziele, insbesondere orientiert an der eingesparten Tonne CO2, sicherzustellen, setzen wir auf passgenaue und technologieoffene Maßnahmen aus Optimierung der Gebäudehülle, der technischen Anlagen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie am Gebäude und Quartierslösungen. Die Förderprogramme werden wir den Zielen und Bedarfen entsprechend weiterentwickeln und umschichten.“
SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

  • Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. „Wir sehen darin auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.
  • Bürger-Energie soll gestärkt werden (Energy Sharing, Prüfung eines Fonds, der die Risiken absichert).
  • Im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems soll die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfacht und gestärkt werden. Die mit der Wohnungswirtschaft begonnene Innovationspartnerschaft soll wieder aufgegriffen und der Quartiersansatz fortgeschrieben werden. Die lineare Abschreibung für den Neubau von Wohnungen soll von zwei auf drei Prozent angehoben werden, die unterschiedlichen Effekte auf die verschiedenen Bauherren sollen berücksichtigt werden. So soll eine klimagerechte Neubauoffensive gestartet werden.
  • Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms soll 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55) ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau eingeführt werden, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) pro m2 Wohnfläche fokussiert und das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll wie folgt geändert werden:
    • Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden;
    • zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen;
    • im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an den KfW-EH 40 angeglichen.
    • Daneben können im Rahmen der Innovationsklausel gleichwertige, dem Ziel der THG- Emissionsreduzierung folgende Maßnahmen eingesetzt werden.
  • Es sollen die Grundlagen geschaffen werden, um den Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten verstärkt betrachten zu können.
    • U. a. soll ein digitaler Gebäuderessourcenpass eingeführt werden.
    • Auch im Gebäudebereich soll es zu einer Kreislaufwirtschaft kommen.
    • Es soll eine nationale Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie aufgelegt werden.
    • Innovativen Materialien, Technologien und Start-ups sollen der Markteintritt und die Zulassungen erleichtert werden.
  • Es wird eine breite, systematische Nutzung von Sanierungsfahrplänen angestrebt, sie sollen z. B. für Wohnungseigentumsgemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos werden.
  • Der Gebäudeenergieausweis soll verbessert, vereinheitlicht und digitalisiert werden. Die Erstellung eines digitalen Gebäudeenergiekatasters soll geprüft werden.
  • Um das Mieter-Vermieter-Dilemma zu überwinden, soll ein schneller Umstieg auf die Teilwarmmiete geprüft werden. Im Zuge dessen soll die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen in diesem System aufgehen.

Strommarkt, Emissionshandel und CO2-Preis – Neue Regulierung

Im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien soll ein neues Strommarktdesign erarbeitet werden.

  • Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis soll beendet beenden. Sie wird zum 1. Januar 2023 in den Haushalt übernommen. Die Finanzierung übernimmt der EKF, der aus den Einnahmen der Emissionshandelssysteme (BEHG und ETS) und einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt gespeist wird. Mit der Vollendung des Kohleausstieges soll die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen. Im Rahmen dieser Änderungen sollen alle Ausnahmen von EEG-Umlage und Energiesteuern sowie die Kompensationsregelungen überprüft und angepasst werden.
  • Den europäischen Emissionshandel und das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) will die Bundesregierung im Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. In den Verhandlungen über das EU-Programm „Fit for 55“ unterstützt die Bundesregierung die Vorschläge der EU- Kommission im Gebäudesektor. Es wird auf einen steigenden CO2-Preis als wichtiges Instrument gesetzt, verbunden mit einem starken sozialen Ausgleich („Was gut ist fürs Klima, wird günstiger – was schlecht ist, teurer“). Die Bundesregierung setzt sich insbesondere auf europäischer Ebene für einen ETS-Mindestpreis sowie für die Schaffung eines zweiten Emissionshandels für die Bereiche Wärme und Mobilität (ETS 2) ein. In den 2030er Jahren soll es ein einheitliches EU-Emissionshandelssystem über alle Sektoren geben, das Belastungen nicht einseitig zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher verschiebt. Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), einschließlich der erfassten Brennstoffemissionen in der Industrie (industrielle Prozesswärme), soll auf seine Kompatibilität mit einem möglichen ETS 2 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, dass ein möglichst reibungsloser Übergang gewährleistet ist. Der CO2-Preis soll langfristig nicht unter 60 Euro/Tonne fallen.
  • Energiepreise und CO2-Preise werden zusammen gedacht. Angesichts des derzeitigen Preisniveaus durch nicht CO2-Preis-getriebene Faktoren soll aus sozialen Gründen am bisherigen BEHG-Preispfad festgehalten werden. Es soll ein Vorschlag zur Ausgestaltung der Marktphase nach 2026 folgen. Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren soll ein sozialer Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG- Umlage hinaus entwickelt werden (Klimageld). Das Wohngeld soll gestärkt, eine Klimakomponente eingeführt und kurzfristig ein einmalig erhöhter Heizkostenzuschuss gezahlt werden.
  • Man möchte sich für einen wirksamen Carbon-Leakage-Schutz einsetzen (Boarder Adjustment Mechanism, freie Zuteilung).
  • Vorgeschlagen wird eine Initiative zur Gründung eines für alle Staaten offenen internationalen Klimaclubs mit einem einheitlichen CO2-Mindestpreis und einem gemeinsamen CO2-Grenzausgleich.

Wohnungsbau – Neuer Aufbruch

„Wir werden eine Bau- und Investitionsoffensive starten, die die Voraussetzungen schafft schnell und günstig zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und zu erhalten, und dadurch sowohl der Bau- und Immobilienwirtschaft langfristige Planungsperspektive als auch den Mieterinnen und Mietern Sicherheit gibt.“
SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

  • Mit einem neunen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik soll der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen, erreicht werden.
  • Es soll ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren geschlossen und ein Bau-, Wohnkosten- und Klimacheck eingeführt werden. Die Arbeit der Baukostensenkungskommission soll fortgesetzt werden.
  • Durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung sollen die Kosten für den Wohnungsbau gesenkt werden. Durch Typengenehmigung soll modulares und serielles Bauen und Sanieren beschleunigt werden. Serielles Sanieren soll auch dadurch vorangetrieben werden, dass das Förderprogramm fortgeführt und innerhalb des BEG ausgeweitet wird. Im Rahmen des Forschungsprogramms „Zukunft Bau“ wird serielles und modulares Bauen und Sanieren z.B. nach dem niederländischen Energiesprong-Prinzip weiterentwickelt, bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Hürden sollen identifiziert und beseitigt werden.
  • Die Prozesse der Normung und Standardisierung sollen so angepast werden, dass Bauen günstiger wird.
  • Kommunen sollen geholfen werden, Potenzialflächenregister einzuführen.
  • Es soll eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg gebracht werden und so eine neue Dynamik in den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums erzeugt werden. Sie soll nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen.
  • Die Bundesregierung möchte prüfen, ob sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021 zum gemeindlichen Vorkaufsrecht in Gebieten einer Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung) gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt.
  • Der Bundesbau soll Vorbild sein bei der Digitalisierung und den bau-, wohnungs- und klimapolitischen Zielen. Bestehende staatliche Gesellschaften wie die Deutsche Bahn AG (Infrastrukturbereich) oder die BImA sollen gestärkt werden. Dafür können von Fall zu Fall Instrumente wie Kreditermächtigungen und Eigenkapitalstärkung genutzt werden. Die BImA soll mehr Freiheiten verschafft werden, so dass sie im Rahmen ihrer Aufgaben schneller selber bauen kann. Nicht bahnnotwendigen Immobilien des Bundeseisenbahnvermögens werden in die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eingegliedert und die BImA wird auf die bau-, wohnungs-, stadtentwicklungspolitischen und ökologischen Ziele ausgerichtet. Die BImA soll künftig selbst investieren und bauen sowie weiterhin kommunales Bauen unterstützen können. Dazu soll die Verantwortung für Planung, Bau und Betrieb der Bundesbauten und Bundesliegenschaften bei der BImA konzentriert werden.
  • Der Einsatz für altersgerechtes Wohnen und Barriereabbau wird verstärkt, die Mittel für das KfW Programm werden auskömmlich aufgestockt.

Mietpreis und Eigentumserwerb

„Wohnen ist ein Grundbedürfnis und so vielfältig wie die Menschen. Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten. Dabei haben wir die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Wohnformen und individuellen Bedürfnisse der Menschen in ländlichen und urbanen Räumen im Blick.“
SPD / DIE GRÜNEN / FDP, Koalitionsvertrag für 2021-2025, 24.11.2021

  • In angespannten Märkten soll die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren abgesenkt werden.
  • Die Mietpreisbremse soll bis zum Jahre 2029 verlängert werden.
  • Qualifizierte Mietspiegel möchte die Bundesregierung stärken, verbreitern und rechtssicher ausgestalten. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten sieben Jahre herangezogen werden. Für Gemeinden über 100.000 Einwohnerinnen bzw. Einwohnern werden qualifizierte Mietspiegel verpflichtend. In ausgesuchten Kommunen soll im Rahmen eines Pilotprojekts anhand von Angaben in der Steuererklärung ein Mietspiegel erstellt werden.
  • Man möchte für mehr Transparenz bei den Nebenkostenabrechnungen sorgen.
  • Die Hürden beim Eigentumserwerb sollen durch eigenkapitalersetzende Darlehen gesenkt und Schwellenhaushalte sollen langfristig z.B. mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen beim Eigentumserwerb unterstützt werden.
  • Das KfW Programm zum Kauf von Genossenschaftsanteilen soll gestärkt werden.
  • Es soll ein echter Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter eingeführt werden.
  • Den Ländern soll eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer z. B. durch einen Freibetrag ermöglicht werden, um den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung soll das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) dienen.
  • Die illegale Finanzierung von Immobilien soll durch geeignete Maßnahmen bekämpft werden. Dazu gehört der Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland, bei jeglichem Immobilienerwerb in Deutschland, und ein Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld.
  • Im Grundbuch wird eine ladungsfähige Anschrift bei Änderungen verpflichtend. Beabsichtigt ist eine Machbarkeitsstudie, um zu untersuchen, ob ein Grundbuch auf der Blockchain möglich und vorteilhaft ist.

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