Der Fall

Die Käufer kauften unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel von dem Verkäufer ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück.

Das Objekt war zuvor im Auftrag des Verkäufers von einem Maklerbüro mit einem Exposé beworben und hierin als „aufwendig saniertes Einfamilienhaus“ und als „vollständig renoviert“ bezeichnet worden.

Die Käufer hatten das Haus vor dem Kauf besichtigt. Feuchtigkeitsschäden im Keller waren hierbei nicht zu erkennen. Nach ihrem Einzug stellten sie Feuchtigkeit an den Kellerwänden fest und führten ein selbständiges Beweisverfahren durch. Nach dessen Ergebnis waren die Kellerwände bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an die Kläger durchfeuchtet.

Grund der Durchfeuchtung ist nach den Feststellungen des Sachverständigen, dass die Abdichtung der Kellerwände – entsprechend dem im Baujahr 1914 üblichen technischen Standard – nicht bzw. nicht ausreichend abgedichtet sind.

Die Rechtslage

Die Rechtslage ist, wie sie vom BGH wiederholt entschieden worden ist, eigentlich ziemlich klar:

So formuliert der BGH, „dass bei Häusern, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel begründet„, dass „der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trockenheitsstandards erwartet“ und dass „angesichts des Alters des Gebäudes Kaufinteressenten ohnehin mit einem gewissen Maß an Feuchtigkeit rechnen“ müssen.

Von diesem Regelfall gibt es jedoch Ausnahmen:

  • Nach Maßgabe der jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalles kann in der altbautypischen Feuchtigkeit ausnahmsweise ein Mangel liegen, wenn das Objekt im sanierten Zustand verkauft worden ist, der Keller nicht nur den bei Altbauten üblichen Lagerzwecken, sondern auch Wohn- und Aufenthaltszwecken dienen soll oder die Feuchtigkeit so erheblich ist, dass sie (durch Bildung von Schimmel) die Nutzung der Kellerräume in einem auch bei Altbauten nicht mehr bauartbedingt hinzunehmenden Umfang beeinträchtigt ist.
  • In der Rechtsprechung deutet sich zudem schon an, dass ein Mangel dann vorliegen kann, wenn die übrige Bausubstanz und damit die Nutzbarkeit des aufstehenden Wohngebäudes selbst betroffen ist, etwa durch aufsteigende Nässe. Stets bedarf es dabei aber entsprechender Feststellungen am aufstehenden Wohngebäude selbst. Insbesondere reicht ein altbaubedingt feuchter Keller als solches nicht aus, um im Hinblick auf das aufstehende Wohngebäude als mangelbegründendes Verdachts- oder Gefahrenmoment zu dienen.

Siehe ausführlich:
Anmerkung zu einem Urteil des OLG Brandenburg (5 U 75/12): Zur Arglisthaftung des Verkäufers bei vom Käufer besichtigten Altbau, ZfIR 2013, 690

Die Entscheidung(en)

Zu welch unterschiedlichen Ergebnissen die Rechtsprechung dann im Einzelfall kommt, zeigt der vorliegende Fall sehr anschaulich:

Landgericht

Das Landgericht hatte in der Durchfeuchtung der Kellerwände und in dem wiederkehrenden Eindringen von Feuchtigkeit in den Keller aufgrund der „nicht zeitgemäßen“ Abdichtung einen Mangel des Kaufobjekts erblickt. Die Nutzbarkeit des Kellers sei insgesamt eingeschränkt, namentlich sei die Lagerung von feuchtigkeitsempfindlichen Gegenständen und Lebensmitteln sowie die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum ohne umfangreiche Sanierungsmaßnahmen nicht möglich.

Oberlandesgericht

Das Oberlandesgericht war dagegen der Auffassung, dass die Feuchtigkeit als bautypische Erscheinung eines Gebäudes dieses Alters keinen Mangel darstellt. Das Gebäude aus dem Jahr 1914 weise nach den Ausführungen des Sachverständigen einen für das Gebäudealter und die Art der vorhandenen Kellerkonstruktion bautypischen Zustand auf. Mit einem solchen Zustand, der nicht den Anforderungen eines modernen Wohngebäudes entspreche, und mit den damit verbundenen bautypischen Feuchtigkeitserscheinungen müsse der Käufer einer Immobilie dieses Alters rechnen.

Zwar könne sich etwas anderes im Einzelfall ergeben, wenn das Haus in einem sanierten Zustand verkauft werde und der Keller Wohnzwecken diene. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Eine andere Sollbeschaffenheit des Kellers ergebe sich auch nicht aus den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers in dem Exposé. Zwar sei das Haus dort als „aufwendig saniert“ und „vollständig renoviert“ bezeichnet worden. Diese Formulierungen bezögen sich aber nach dem Empfängerhorizont nicht auf das Gebäude als Ganzes, so dass der Käufer nicht davon hätten ausgehen könne, dass die Kellerräume zeitgemäßen technischen Standard aufwiesen. Die Objektbeschreibung und die Beschreibung von Ausstattung und Zubehör bezögen sich allein auf Wohnräume, nicht aber auf den Keller; dieser werde im Exposé nicht mit einem Wort erwähnt.

Bundesgerichtshof

Der BGH bestätigt zunächst im Wesentlichen seine bisherigen Rechtsprechung:

  1. Nach der Rechtsprechung des Senats begründet bei Häusern, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel.
  2. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, namentlich darauf, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, der Keller Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind.
  3. Dabei gehören zur Sollbeschaffenheit auch die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf, wozu auch Angaben im Exposé zählen. Wenn ein Wohngebäude in einem solchen Exposé etwa als „Luxusimmobilie“ bezeichnet wird, die „nach neuestem Stand renoviert worden“ ist, dann kann ein Kläger aus objektiver Sicht erwarten, dass die Räumlichkeiten keine Feuchtigkeit aufweisen, soweit sie zu Wohnzwecken dienen.

Im Punkt 3.) verweist der BGH auf seine Entscheidung aus dem Jahr 2018, welche von besonderer Bedeutung für die Haftung aus Exposé-Angaben ist. Auch dort ging es um Feuchtigkeit in den Wänden, die auf fehlende bzw. nicht ausreichende Horizontalsperren zurückführen war. Nach dem BGH konnte sich die Trockenheit und eine hinreichende (horizontale) Abdichtung der betreffenden Räume vor Feuchtigkeit als Sollbeschaffenheit aus § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 BGB ergeben. Nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB gehören zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf; hierzu zählen auch Angaben in einem Exposé. Die Besonderheit bei diesem Tatbestand: Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB erwarten kann, setzt nicht voraus, dass diese Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet.

Sollte das Vorliegen eines Sachmangels hingegen nicht festzustellen sein, käme eine Haftung der Beklagten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) in Betracht. Vorsätzliche falsche Angaben des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache begründen ebenso einen Anspruch des Käufers auf Schadensersatz aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten wie das vorsätzliche Verschweigen von Mängeln.

BGH 2018

In seiner aktuellen Entscheidung aus dem Jahr 2019 wendet sich der BGH nicht gegen die Ansicht des Oberlandesgerichts, dass trotz der Angaben im Exposé davon auszugehen sei, dass weder ein sanierter noch ein Keller geschuldet war, der zu Wohnzwecken genutzt werden kann, sondern ein Keller in einem der Bauzeit des Gebäudes gemäßen Errichtungszustand. Der BGH bestätigt also die restriktive Auslegung der Exposé-Angaben, was man im Einzelfall sicherlich auch anders sehen kann, wie die Einschätzung des Landgerichts zeigt.

Jedoch greift der BGH die Frage auf, ob nicht schon das aufstehende Gebäude von der Kellerfeuchtigkeit betroffen war (siehe schon oben zur Rechtslage). Der Käufer hatte zu einer aus der Kellerfeuchtigkeit herrührenden Geruchsbelastung im Haus vorgetragen und einen muffigen bzw. modrigfeuchten Geruch geschildert, der nach Regenfällen im Haus wahrnehmbar sei. Diesen hätte der Käufer bei der Besichtigung nicht festgestellt bzw. nicht feststellen können, da der Verkäufer vor dem Besichtigungstermin das komplette Haus kräftig durchlüftet habe. Dies greift der BGH als mangelrelevant auf:

Ein Sachmangel wird aber im Allgemeinen vorliegen, wenn bedingt durch die Feuchtigkeit des Kellers – wie die Kläger behaupten – ein muffiger bzw. modrig-feuchter Geruch durch die übrigen Bereiche des Hauses zieht, der von Besuchern beim Öffnen der Tür sofort wahrgenommen wird.

BGH 2019

Entscheidend bleiben aber stets, wie nicht zuletzt dieser Fall belegt, die Umstände des jeweiligen Einzelfalles.


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