Vorsicht mit übertriebenen Höflichkeiten! So möchte man Immobilienkäufern aufgrund eines aktuellen BGH-Urteils zurufen, wenn sich Mängel an der Kaufsache gezeigt haben. Denn solche können zum Ausschluss von Rechten gegenüber dem Verkäufer führen, wie der BGH nun entschieden hat.
Im Zentrum der BGH-Entscheidung (Urt. v. 04.12.2015 – V ZR 142/14) steht § 144 BGB, wonach die Anfechtung eines Vertrages ausgeschlossen ist, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft (hier: der Kaufvertrag) von dem Anfechtungsberechtigten (im konkreten Fall des Käufers wegen arglistiger Täuschung über Schimmelbefall durch den Verkäufer) bestätigt wird.
Voraussetzungen für eine Bestätigung
- Eine solche Bestätigung setzt keine ausdrückliche Erklärung voraus, sondern kann auch durch schlüssige Handlung erfolgen. Auch muss sie nicht dem Formgebot des Immobilienkaufes (notarielle Beurkundung) genügen.
- Es genügt ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz Kenntnis der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten, d.h. das Rechtsgeschäft ungeachtet des Anfechtungsgrundes gelten zu lassen. Von der Kenntnis der Anfechtbarkeit kann bei arglistiger Täuschung schon dann ausgegangen werden, wenn der Anfechtungsberechtigte von den die Anfechtbarkeit begründenden Tatsachen Kenntnis hat.
Folgen einer erfolgten Bestätigung
Ausschluss der Rückabwicklung
Gemäß § 144 BGB kann der Käufer nach erfolgter Bestätigung nicht durch Anfechtung die Nichtigkeit des Kaufvertrages herbeiführen, der Anfechtungsgrund z.B. der arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) verliert mithin seine Relevanz. Zwar kann grundsätzlich die Bestätigungserklärung selbst wiederum wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, nicht jedoch, wenn der Bestätigende entsprechende Kenntnis hatte. Eine auf Vertragsnichtigkeit gestützte Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Käufer (Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Immobilie) ist damit ausgeschlossen.
Ausschluss von Schadensersatz
Der BGH setzt aber noch einen drauf: Auch Schadensersatzanprüche des Käufers sollen in aller Regel ausgeschlossen sein, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis die gleiche Situation bewirken wie die – ja gerade ausgeschlossene – Rückabwicklung des Vertrages infolge Nichtigkeit. Schadensersatzansprüche, die darauf zielen, den Käufer so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre, sind daher in aller Regel ebenfalls ausgeschlossen. Das gilt für Schadensersatzansprüche aus vorvertraglicher Pflichtverletzung (gerichtet auf Rückgängigmachung des Vertrages und Ersatz nutzloser Aufwendungen des Käufers) ebenso wie für vertragliche Gewährleistungsansprüche, die auf die Rückabwicklung zielen (sog. großer Schadensersatz).
Exkurs: Der BGH begündet dies mit einem in aller Regel in der Bestätigungserklärung des Käufers enthalteten Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages für solche Schadensersatzansprüche, dessen Annahmeerklärung regelmäßig bereits in der Untätigkeit des Verkäufers gesehen werden kann und nicht beim Käufer zugehen muss.
Verbleibende Schadensersatzansprüche des Käufers
Allerdings hat der BGH auch festgestellt, dass es eine Regel des Inhalts, wonach mit einer Bestätigung regelmäßig auf alle aus dem Anfechtungstatbestand (der arglistigen Täuschung) folgenden Ansprüche verzichtet werden soll, nicht gibt. Eine solch weitgehende Ausschlusswirkung kann nur ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Käufer eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, aus dem zur Anfechtung berechtigenden Umstand unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr Rechte herleiten zu wollen.
Im Regelfall bleiben aber solche Schadensersatzansprüche bestehen, die den vollzogenen Leistungsaustausch unberührt lassen und auch im wirtschaftlichen Ergebnis nicht auf eine Rückabwicklung hinauslaufen. So kann der Käufer etwa unter Festhalten an dem Vertrag als Schaden den Betrag verlangen, um den er die Immobilie zu teuer erworben hat.
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