Erneut und gleich mit zwei aktuellen Entscheidungen hat sich der BGH mit der Frage der Wirksamkeit von vermieterseitigen Kündigungen beschäftigt (siehe schon hier). Zudem gibt es Neues zu den Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Heizkostenabrechnung (siehe schon hier).
Kündigung wegen Verzug mit Mietzahlungen
Die Normen
(1.) Außerordentliche fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB):
Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Mieter (a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder (b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(2.) Ordentliche Kündigung des Vermieters (§ 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB):
Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
(3.) Kündigungsausschluss (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB):
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 (oben Ziff. 1.) ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.
(4.) Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB):
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
BGH-Entscheidung 1 (Beschl. v. 20.07.2016 – VIII ZR 238/15)
In der ersten Entscheidung beschäftigt sich der BGH mit der Frage, inwieweit es Sinn macht, eine vermieterseitige Kündigung wegen Verzug des Mieters mit der Miete auf § 543 BGB und § 573 BGB (oben (1.) und (2.)) zu stützen:
Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB (oben (4.)) erfolgter Ausgleich aller fälligen Mieten führt
- lediglich zur Unwirksamkeit der auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützten außerordentlichen Kündigung,
- während eine auf den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Mietzahlungsverzug zugleich gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB von der Schonfristregelung unberührt bleibt.
Allerdings bedarf die Frage, ob ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, eine umfassende Heranziehung der Umstände des Einzelfalls und einer Würdigung unter Bewertung und Gewichtung aller für die jeweilige Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkte. Dabei kann im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei einer ordentlichen Kündigung im Gegensatz zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs auch eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit den Mieter entlasten und ihm die Möglichkeit eröffnen, sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe zu berufen.
BGH-Entscheidung 2 (Urt. v. 24.08.2016 – VIII ZR 261/15)
Diese Entscheidung befasst sich mit den Normen, die eine Kündigung ausnahmsweise wieder ausschließen können (oben (3.) und (4.)), d.h.
- § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach eine Kündigung nach Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter vorher – das heißt vor dem Zugang der Kündigung – befriedigt wird,
- § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB, wonach die Kündigung unwirksam wird, wenn sich der Schuldner von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt,
- § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wonach die Kündigung unwirksam wird, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (sogenannte Schonfristzahlung).
Sämtliche genannten Vorschriften setzen eine vollständige Befriedigung des Vermieters voraus:
- Ist durch Auflauf eines Rückstands in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen.
- Nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB wird die Kündigung des Vermieters nur unwirksam, wenn durch unverzügliche Aufrechnung die gesamten Rückstände getilgt werden.
- Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB setzt eine vollständige Tilgung der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB innerhalb der dort genannten Frist voraus.
Heizkostenabrechnung
Die zuletzt genannte Entscheidung beschäftigt sich zudem mit den Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Heizkostenabrechnung:
Demnach muss der Vermieter nicht bereits auf der Ebene der formellen Ordnungsgemäßheit darlegen und erläutern, auf welche Weise er bei unterbliebener Verbrauchsablesung die als Verbrauchswerte angesetzten Werte im Einzelnen ermittelt beziehungsweise welches Verfahren er gemäß § 9a HeizkostenV angewendet hat.
Für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Heizkostenabrechnung
- ist es daher ohne Bedeutung, ob die der Abrechnung zugrunde gelegten Verbrauchswerte auf abgelesenen Messwerten oder auf einer Schätzung beruhen und ob eine vom Vermieter vor- genommene Schätzung den Anforderungen des § 9a HeizkostenV entspricht,
- bedarf es deshalb weder einer Erläuterung, auf welche Weise eine Schätzung vorgenommen wurde noch der Beifügung von Unterlagen, aus denen der Mieter die Schätzung nachvollziehen kann.
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