Man kann wohl mit gutem Grund davon sprechen, dass die Energieeinsparverordnung (EnEV) nicht zu den Höhepunkten gesetzgeberischer Handwerkskunst gehört. Dies zeigt sich im besonderen Maße daran, dass ihre Relevanz in anderen Rechtsgebieten von Seiten des Gesetzgebers nicht hinreichend geregelt worden ist und dass dies immer wieder Fragen aufwirft. Und auch die letzten Reformentwürfe konnten insoweit nicht vollständig überzeugen (zum Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes hier entlang).
Mit der damit verbundenen Rechtsunsicherheit macht der Gesetzgeber dem Regelungsanliegen der EnEV sicherlich keinen Gefallen. Und wenn dann die EnEV auch noch zum Zweck der Abmahnung von Immobilienmarktteilnehmern herangezogen wird, führt dies erkennbar nicht dazu, dass die Akzeptanz gegenüber dem Regelungsanliegen der EnEV steigt.
Und so werden weiterhin Makler wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens abgemahnt und in Anspruch genommen, da sie verpflichtet seien, sicherzustellen, dass Immobilienanzeigen die Pflichtangaben gemäß § 16a EnEV enthalten. Aktuelle Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Wettbewerbsrecht sehen die Pflichtangaben in Immobilienanzeigen über bzw. aus dem Energieausweis als geeignet an, dem Miet- bzw. Kaufinteressenten einen entscheidungserheblichen Eindruck von der energetischen Qualität des Gebäudes zu verschaffen.
Die aktuelle Entwickung in der OLG-Rechtsprechung geht dahin, dass zwar Immobilienmakler nicht Addressat der Informationspflicht des § 16a EnEV sind, dass aber die gesetzlichen Pflichtangaben anhand des Energieausweises wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG darstellen, die der Makler den Verbrauchern nicht vorenthalten darf (hierzu ausführlich in diesem Beitrag: EnEV-Energieausweis & Immobilienanzeige: Update zur Haftung des Ausstellers und Abmahnung des Maklers). Nach dieser Norm handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
- die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen,
- und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Als Vorenthalten gilt dabei auch
- das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
- die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise und
- die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
Der BGH hat nun in gleich mehreren Verfahren (I ZR 229/16, I ZR 232/16 und I ZR 4/17) diese Rechtsfragen zu entscheiden. Am 05. Oktober 2017 steht die Verhandlung an. Über die Entscheidungen werden Sie an dieser Stelle informiert.
Wie auch immer die Entscheidung des BGH ausfällt, die Freude der einen oder der anderen Seite könnte zeitlich begrenzt sein – jedenfalls wenn sich Reformüberlegungen der letzten Zeit doch noch realisieren sollten. So hatte der Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes die Frage zum Makler als Pflichtenadressat der EnEV deutlich beantwortet: Durch die Neuregelung sollte die bestehende Unsicherheit über die Informationspflichten der Immobilienmakler beseitigt werden, der Immobilienmakler sollte ausdrücklich als Verpflichteter festgeschrieben werden (hier).
UPDATE
Der BGH hat mit den Urteilen vom 5. Oktober 2017 – I ZR 229/16, I ZR 232/16, I ZR 4/17 entschieden:
Er hat in zwei Verfahren die Revisionen der beklagten Immobilienmakler zurückgewiesen, im dritten Verfahren hat er die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil eine Beweisaufnahme dazu erforderlich ist, ob bei Schaltung der Anzeige ein Energieausweis vorlag. Er bestätigt die oben beschriebene OLG-Rechtsprechung:
- Ein Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG wegen eines Verstoßes gegen § 16a EnEV besteht nicht, da der Immobilienmakler nicht Adressat der Informationspflicht nach § 16a EnEV ist.
- Unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung der Verbraucher durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG kann der Makler aber mit Erfolg in Anspruch genommen. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gelten als wesentlich Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Aus Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU folgt die Verpflichtung des Immobilienmaklers, notwendige Angaben zum Energieverbrauch in der Anzeige aufzunehmen. Zu den wesentlichen Informationen, die angeführt werden müssen, rechnen die Art des Energieausweises, der wesentliche Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und der Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs.
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