Anknüpfend an einen Beitrag vom Beginn des Jahres geben einige neuere instanzgerichtliche Entscheidungen Anlass, ein Update zum Thema Energieausweis & Immobilienanzeige zu bringen:

Während die eine Entscheidung zum Zivilrecht meint, dass Energieausweise keinen unmittelbaren Rückschluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes erlauben, sehen andere Entscheidungen zum Wettbewerbsrecht die Pflichtangaben in Immobilienanzeigen über bzw. aus dem Energieausweis als geeignet an, dem Miet- bzw. Kaufinteressenten einen entscheidungserheblichen Eindruck von der energetischen Qualität des Gebäudes zu verschaffen.


Dritthaftung des Energieausweis-Ausstellers gegenüber Immobilienkäufer?

In dem vorherigen Beitrag wurde eine Entscheidung des OLG Schleswig dargestellt,

  • wonach entsprechend der überwiegenden und zutreffenden Rechtsansicht aus der Übergabe eines Energieausweises anlässlich eines Kaufvertrages keine Beschaffenheitsvereinbarung hergeleitet werden kann, da der Energieausweis nur informatorischen Charakter hat, und
  • wonach der Käufer aber nicht schutzlos sei, da u.a. eine Haftung des Erstellers des Energieausweises aus einem sog. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Käufers möglich sei.

Über die zuletzt genannte Haftung des Erstellers gegenüber dem Immobilienkäufer hatte nun das OLG Koblenz mit Urteil vom 04. August 2016 zu entscheiden – und verneinte eine solche:

Da der Energieausweis keinen unmittelbaren Rückschluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes erlaubt, muss der Aussteller ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht mit einer Drittbezogenheit seiner Leistung rechnen. Damit kann ein Dritter (Hauskäufer) bei Fehlangaben in dem Ausweis keine Rechte gegen den Aussteller geltend machen. OLG Koblenz, Urt. v. 04.08.2016 – 1 U 136/16

Auch hier wird also auf die begrenzte Aussagekraft des Energieausweises verwiesen. Zugleich wird die Verknüpfung zum Kaufvertrag hergestellt:

Verkauft der Auftraggeber des Energieausweises ein Wohnhaus mit vereinbartem Haftungsausschluss, so ist es dem Käufer unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verwehrt, den von ihm nicht beauftragten Aussteller des fehlerhaften Energieausweises in Anspruch zu nehmen. Dessen Haftung geht nicht weiter als die des Verkäufers. OLG Koblenz, Urt. v. 04.08.2016 – 1 U 136/16


Wettbewerbsverstoß durch Makler bei Immobilienanzeigen?

Neues gibt es auch zu dem ebenfalls bereits behandelten Wettbewerbsthema zu berichten: Weiterhin werden Makler wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens abgemahnt und in Anspruch genommen, da sie verpflichtet seien, sicherzustellen, dass Immobilienanzeigen die Pflichtangaben gemäß § 16a EnEV enthalten. Zwischzeitlich sind weitere Gerichtsentscheidungen ergangen, ohne dass sich aber eine einheitliche Rechtsprechung herausgebildet hätte. Zwei Ausrufezeichen hat nun das OLG Hamm gesetzt. Es entschied in gleich zwei Entscheidungen gegen den Makler (Urteil vom 04. August 2016 – 4 U 137/15 und Urteil vom 30. August 2016 – 4 U 8/16):


Die offen gelassene Frage: Adressat der Informationspflicht? 


Als Vorenthalten gilt dabei auch

  1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
  2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise und
  3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

Das OLG Hamm hat in beiden Urteilen die Revision zum BGH zugelassen. Es bleibt spannend. Bis zur höchstrichterlichen Klärung kann daher nur geraten werden, die Informationspflicht ernst zu nehmen.


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