Fortsetzung von TEIL 1

Auswirkungen der Grundsteuerreform

Der Anwendungsbereich von Mietpreisbegrenzungs-Instrumentarien ist typischerweise auf die Miete beschränkt. Nicht erfasst sind die gesondert umgelegten Betriebskosten. In der politischen Diskussion geraten aber wenig überraschend auch diese in den Fokus, werden diese doch heute schon wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Mieter als „Zweitmiete“ bezeichnet. Die Grundsteuerreform lässt das Thema derzeit besonders hochkochen.

Nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV) kann der Vermieter die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks und damit auch die Grundsteuer als Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Eine Erhöhung der Grundsteuer trifft daher letztlich die Mieter.

Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht den Bundesgesetzgeber zur Reform der Grundsteuer verpflichtet.

Am 1. Februar 2019 hatten sich Bund und Länder auf Eckpunkte für die Reform der Grundsteuer geeinigt. Wie die Bundesregierung nun aber feststellt (BT-Drucks. 19/9325), handelt es sich bei den Eckpunkten um das Ergebnis von Gesprächen zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den Ländern, nicht um eine Einigung zwischen Bund und den Ländern. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu den Eckpunkten sei noch nicht abgeschlossen, weshalb derzeit keine weitere Stellungnahme erfolgt und auch ein zwischenzeitlicher Reformentwurf des Finanzministeriums offenbar gestoppt wurde.

Es bleibt daher weiter offen, welche Bemessungsgrundlage zukünftig gelten wird. Wählt man eine wertbasierte Bemessungsgrundlage (und nicht lediglich eine flächenbasierte), kann die Bruttomiete insbesondere in Gebieten mit bereits in den letzten Jahren gestiegenen Mieten (also in ohnehin angespannten Wohnungsmärkten) nochmals steigen, was aber den Regelungsintentionen von Mietpreisbremse, Kappungsgrenze u.a. zuwiderlaufen würde.

Die Grundsteuerdiskussion setzt somit die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf den Mieter unter Druck. So kursieren die ersten Anträge und Gesetzesentwürfe, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer in der Betriebskostenverordnung zu streichen (BT-Drucks. 19/8358 und 19/8827). Der Rechtfertigungsansatz dahinter:

  1. Vor allem die Eigentümer profitieren über den Werterhalt und die Wertsteigerung der Immobilie und über die Miethöhe von der Infrastruktur, die über die Grundsteuer finanziert wird. Daher, so die Idee, sollen sie diese auch tragen – ein Gedanke, den verhandlungsstarke Gewerbemieter auch heute schon durchsetzen.
  2. Die Möglichkeit zur Geltendmachung einer nicht umgelegten Grundsteuer als Betriebs- bzw. Werbungskosten soll erhalten bleiben und durch die steuerliche Abzugsfähigkeit sollen wiederum die Vermieter entlastet werden.
  3. Zugleich wird die Reform als ein Beitrag zur Vereinfachung der Neugestaltung der Grundsteuer-Bemessungsgrundlagen verstanden.

Mietspiegel

Wer über Mietpreise spricht, muss auch über den Mietspiegel reden, der zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sowohl im Rahmen von Mieterhöhungen in Bestandsmietverträgen wie auch bei Neuvermietungen für die Eingangsmiete im Anwendungsbereich der Mietpreisbremse relevant ist.

Da der Mietpreisspiegel also eine zentrale Referenz für zulässige Miethöhen ist, ist seine Aufstellung eine Achillesferse der Mietpreisregulierung. Die Mietspiegel der Städte sind sehr uneinheitlich, was wiederum etwa im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse den Vorwurf einer – bundesweit gesehen – ungleichen Belastung der Vermieter hervorgebracht hat.


Karlsruhe (BGH)

Der BGH ist in ständiger Rechtsprechung bemüht, die Kriterien des Umgangs mit einem (einfachen oder qualifizierten) Mietspiegel herauszustellen, betont aber stets auch die Maßgeblichkeit der Umstände des jeweiligen Einzelfalls und die Freiheit der tatrichterlichen Würdigung.

Es hängt dann von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Mietspiegel für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete einer konkret zu beurteilenden Wohnung ausreicht. Maßgebend für die Reichweite der Indizwirkung sind dabei insbesondere die Qualität des (einfachen) Mietspiegels und die Einwendungen der Parteien gegen den Erkenntniswert der darin enthaltenen Angaben. […] Die Beteiligung der örtlichen Interessenvertreter von Mieter- und Vermieterseite in einer Projektgruppe sowie die Anerkennung der gefundenen Ergebnisse spricht nach der Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation nicht einseitig, sondern objektiv zutreffend abbildet. […] Die seitens der Kl. gegen die Wissenschaftlichkeit und die Anzahl der Wohnlagen vorgebrachten Einwände können allenfalls dessen Einordnung als qualifizierten Mietspiegel infrage stellen, nicht jedoch die Indizwirkung beeinflussen.

BGH, Urteil vom 13.2.2019 (zum einfachen Dresdner Mietspiegel 2015)

Berlin

Ein Blick allein auf Berlin reicht, um festzustellen, wie heterogen auch auf Grundlage der Vorgaben des BGH die Entscheidungen ausfallen (beide folgenden Entscheidungen beziehen sich ausdrücklich auf die vorgenannte BGH-Entscheidung):

  • LG Berlin (Zivilkammer 63), Urteil vom 26.03.2019 zum Berliner Mietspiegel 2015: „Gemessen an diesen Grundsätzen erachtet die Kammer den Mietspiegel 2015, dessen mathematisch zutreffende Erstellung nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. x nicht anerkannten wissenschaftlichen Regeln entspricht als nicht geeignete Schätzgrundlage. Auch der einfache Mietspiegel muss zumindest anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen bei seiner Erstellung folgen. Fehlt es bereits daran, bzw., sind die der Erstellung zugrundeliegenden Daten nicht nach anerkannten festgestellten Grundsätzen ausgewertet, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht nur an der Repräsentativität der Schätzgrundlage, sondern auch an dessen Geeignetheit i.S.d. § 287 ZPO.“
  • LG Berlin (Zivilkammer 67), Urteil vom 11.04.2019 zum Berliner Mietspiegel 2017:Die Überlegenheit nicht nur des qualifizierten, sondern auch die des lediglich „einfachen“ Mietspiegels, für dessen Beibehaltung sich der Gesetzgeber in § 558c BGB bewusst entschieden hat, ergibt sich bereits daraus, dass der Sachverständige regelmäßig sein Datenmaterial nicht auf einer derart breiten und repräsentativen Grundlage erheben kann, wie dies der Gemeinde in Zusammenarbeit mit den Interessenverbänden der Mieter und Vermieter möglich ist. Der Mietspiegel orientiert sich zudem an einem objektiven Maßstab, der einen repräsentativen Querschnitt der üblichen in der Gemeinde gezahlten Entgelte darstellen soll. […] Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Mietspiegel 2017 als jedenfalls einfachem Mietspiegel im Sinne des § 558c BGB eine ausreichende Indizwirkung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beizumessen. […] Dabei sind jedoch gegen die Wissenschaftlichkeit des Mietspiegels vorgebrachten Einwände als solche nicht geeignet, die Indizwirkung zu beseitigen, da sie lediglich die Einordnung des Mietspiegels als qualifiziert i.S.d. § 558d BGB in Frage stellen können. […] Die im Einzelnen divergierenden Entscheidungen der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin gebieten keine Zulassung der Revision, da sie die Berliner Mietspiegel 2009 und 2015 betreffen, die jeweils auf anderen Datengrundlagen beruhen als der von der Kammer herangezogene Mietspiegel 2017.“

Selbst der Verfassungsgerichtshof in Berlin durfte sich bereits mit dem Mietspiegel (2013) befassen (19.12.2018) und sich äußern zu beinahe schon verbitterten Auseinandersetzungen: „Soweit die Beschwerdeführerin außerdem geltend macht, das Landgericht habe ihre Einwendungen gegen den Mietspiegel nicht zum Anlass genommen, dessen Untauglichkeit als Schätzgrundlage festzustellen, ist damit ebenfalls kein Gehörsverstoß dargetan. Die Beschwerdeführerin beklagt mit ihrem Vortrag in der Sache, dass das Landgericht ihrer Rechtsansicht zur Untauglichkeit des Mietspiegels 2013 als Schätzgrundlage nicht gefolgt ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet aber nicht, dass sich das entscheidende Gericht die vorgetragene Rechtsansicht auch zu Eigen macht.“


München

Aber auch ein Blick nach München zeigt verhärtete Fronten zum Mietspiegel. Der Eigentümerverband Haus & Grund wirft der Stadt München vor, den Mietspiegel zu manipulieren zu einem „Mietverkleinerungsspiegel“ und hat geklagt – bislang ohne Erfolg.

  • Die klagende Vereinigung der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in München und Umgebung begehrt von der beklagten Stadt München die Erteilung von Auskünften bzw. die Herausgabe von unveröffentlichten Daten, die dem Mietspiegel für München 2017 zugrunde liegen. Der Kläger hatte gegenüber der Beklagten Zugang zu den für die Erstellung des Mietspiegels verwendeten Daten gefordert, um prüfen zu können, ob der Mietspiegel die ortsübliche Miete korrekt wiedergibt.
  • Die Stadt lehnte die begehrte Auskunftserteilung ab. Die hiergegen erhobene Klage blieb erstinstanzlich ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht München (M 7 K 17.5186) verneinte einen Auskunfts- bzw. Informationsanspruch, weil bezüglich der gewünschten Einzelangaben gesetzliche Geheimhaltungspflichten im Interesse des Schutzes personenbezogener Daten bestünden. Im Übrigen stehe einem Informationszugangsanspruch entgegen, dass die geforderten Daten bei der Beklagten nicht bzw. nicht mehr vorhanden seien.
  • Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat nun über die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung zu entscheiden (4 B 18.1515). Am 08. Mai 2019 ist der Verhandlungstermin angesetzt. UPDATE: Der BayVGH hat entschieden.

Reform?

Aufgrund der großen und weiter gestiegenen Bedeutung des Mietspiegels wird bereits seit einiger Zeit eine Reform der gesetzlichen Anforderungen an Mietspiegel diskutiert. Die vorstehend aufgezeigten Unsicherheiten bekräftigen das. Die Bundesjustizministerin hatte im Herbst 2018 angekündigt, eine Reform erarbeiten lassen zu wollen.

Die Bundesregierung setzt sich für gute Mietspiegel ein, die in möglichst vielen Städten und Gemeinden zur Anwendung kommen. Durch gesetzliche Mindestanforderungen an die standardisierte Gestaltung von Mietspiegeln wird die Bundesregierung für mehr Rechtssicherheit für Vermieter und Mieter sorgen. Einfache Mietspiegel werden gestärkt und gesetzliche Mindestanforderungen für qualifizierte Mietspiegel eingeführt. Der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete wird von 4 auf 6 Jahre erweitert.

Aus den Ergebnissen des Wohngipfels am 21. September 2018 im Bundeskanzleramt

Lösung Wohneigentumsförderung: Bestellerprinzip beim Kauf und Preisdeckel für Makler?

Verbreitet wird zur Lösung der Wohnungsnot eine Erhöhung der Eigentumsquote vorgeschlagen. Bereits vor einiger Zeit hatte das Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln (IW Köln) in einer Studie die Makler bzw. deren Käuferprovisionen als erhebliches Hindernis bei der Bildung von Wohneigentum identifiziert. Es wurde vorgeschlagen, das bei der Vermittlung von Wohnungsmietverträgen geltende Bestellerprinzip auf die Vermittlung von Wohneigentum (Hauskauf oder Wohnungskauf) zu erweitern: Wer bestellt, der bezahlt – also regelmäßig der Verkäufer und nicht der Käufer. Die Folge einer solchen Erweiterung könnte nach Ansicht des Instituts eine Bereinigung des Marktes sein, an deren Ende vor allem professionelle und leistungsorientierte Makler übrig blieben, eine Folgenbetrachtung, die auch beim BVerfG-Urteil zur Verfassungskonformität des Bestellerprinzips bei der Miete schon anklingt.

Zwischenzeitlich liegt ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum Bestellerprinzip beim Kauf vor. Und am 08. Mai 2019 wird im Bundestag eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz durchgeführt zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung von Verbrauchern beim Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien (Makler-Bestellerprinzip- und Preisdeckelgesetz, BT-Drucksache 19/4557). Zu letzterem Entwurf ein kurzer Einblick:

  • Der Entwurf verfolgt das Ziel des Verbraucherschutzes. Mit dem Bestellerprinzip soll insbesondere verhindert werden, dass Verbraucher Kosten tragen müssen, die nicht von ihnen veranlasst wurden und die vorrangig im Interesse des anderen Vertragsteils entstanden sind. Es soll der wirtschaftspolitische Grundsatz durchgesetzte werden, dass nur der Besteller einer Dienstleistung diese zu bezahlen hat. Auf diese Weise soll der Verbraucherschutz gestärkt werden, ohne dem von dem Eingriff betroffenen Wohnungsmakler die Tätigkeit als solche zu versagen oder etwa die Nutzung seiner erworbenen Kenntnisse unmöglich zu machen.
  • Es soll lediglich in einen Teilbereich der Berufsausübungsfreiheit der Immobilienmakler eingegriffen werden. Die Maklertätigkeit außerhalb von Käufen und Verkäufen von Wohnimmobilien durch Verbraucher (also die Vermittlung sämtlicher gewerblicher Immobilienkäufe und -verkäufe/Wohn- wie Gewerbeimmobilien) soll mangels Schutz- und damit Regulierungsbedarfs unberührt bleiben.
  • Der Entwurf zielt neben dem Verbraucherschutz auf die Wohneigentumsförderung und Alterswohnsicherung. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass durch die im internationalen Vergleich hohen Maklerprovision und die weiteren Nebenkosten des Immobilienerwerbs Verbraucher finanziell überfordert werden können, da diese Nebenkosten von Banken regelmäßig als Eigenkapital vorausgesetzt und von ihnen nicht finanziert werden. Hieraus würden bestimmte Einkommensschichten von einem Immobilienerwerb abgehalten, was wiederum dem sozialpolitischen Ziel zuwiderlaufe, den Erwerb von (eigengenutzten) Wohnimmobilien zur Altersvorsorge attraktiver zu machen.
  • Selbst wenn zukünftig eine vom Verkäufer zu zahlende Maklerprovision „eingepreist“, also auf den Immobilienpreis aufgeschlagen würde, ändere dies nichts an der Geeignetheit der Regulierungsmaßnahme, da Banken den Kaufpreis einer Immobilie bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen oftmals voll finanzieren würden und der Käufer weniger Eigenkapital aufbringen müsse. Im Übrigen wird auf marktregulierende Effekte gesetzt.
  • Auch eine hierdurch etwa bedingte höhere Grunderwerbsteuer ist bereits adressiert, da aus Regierungskreisen schon ein steuerlicher Freibetrag beim Ersterwerb von Wohnraum in Aussicht gestellt wurde.
  • Die heute „marktüblichen“ Entgelte für die Vermittlung von Immobilien werden beschrieben als außer Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehend. Bei der Vermittlung von Wohnimmobilien handele es sich weitgehend um eine durch das Internet vereinfachte und standardisierte Dienstleistung einfacher Art. Hiermit wird ein Preisdeckel für das Vermittlungsentgelt bei Wohnimmobilien von 2 % des Kaufpreises begründet, wenn Käufer oder Verkäufer Verbraucher sind.

Die Makler- und Immobilienbranche ist geteilter Ansicht. Die Verfassungskeule wird in diesem Zusammenhang nur noch vereinzelt geschwungen, wohl auch weil das Bundesverfassungsgericht 2016 zum „Miet-Bestellerprinzip“ gezeigt hatte, dass man sich mit allzu unterkomplexen Auftragsgutachten in Karlsruhe eine blutige Nase holt. Insoweit ist das Thema Bestellerprinzip im Gesamtzusammenhang der aktuellen Diskussionen auch von taktischem Interesse für die Immobilienbranche.


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