In Sachen Maklergeschäft wird derzeit vor allem über das neue sog. Bestellerprinzip diskutiert: „Wer bestellt, der bezahlt.“ Gilt aber auch der Grundsatz: „Wer bestellt, der haftet“?


Beauftragt ein Immobilieneigentümer einen Makler oder sonst einen Vermittler mit der Vermarktung, der Vermittlung bzw. dem Vertrieb von Immobilien, so können sich besondere Haftungsrisiken ergeben, die unter dem Gesichtspunkt des Haftungsmanagements einer Steuerung durch den Eigentümer bedürfen.

Exposé-Angaben als Soll-Beschaffenheit

Da nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB auch Angaben in öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder dessen Gehilfen zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache werden können, können auch Angaben in Maklerexposés eine Gewährleistungsverantwortung des Immobilienverkäufers begründen (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 18/11, Rn. 16; Bickert, ZfIR 2013, 265, 274).

Haftung aus Beratungsvertrag

In einer neueren Entscheidung hat der BGH (Urt. v. 19.12.2014 – V ZR 194/13) nun Grundsätze fortgeschrieben, nach denen eine Haftung des Immobilienverkäufers aus einem neben dem Kaufvertrag bestehenden Beratungsvertrag mit dem Käufer möglich ist. Besonders haftungsrelevant ist dabei der Grundsatz, dass ein solcher Beratungsvertrag auch durch den Makler oder sonstigen Vermittler bewirkt werden kann, aufgrund stillschweigender Bevollmächtigung des Verkäufers.


Der Beratungsvertrag

Ein Beratungsvertrag kann zwischen Verkäufer und Käufer zustande kommen

  • wenn der Verkäufer dem Käufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen (insbesondere auf Befragen) einen ausdrücklichen Rat erteilt, oder
  • wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, welches der Herbeiführung des Kaufvertragsabschlusses dienen soll.

Der Abschluss durch den Makler

Ein haftungsbegründender Beratungsvertrag zwischen Verkäufer und Käufer kann durch den Makler bzw. Vermittler aufgrund stillschweigender Bevollmächtigung des Verkäufers herbeigeführt werden. Wann dies anzunehmen ist, hängt zunächst von der Frage ab, ob nicht nur der Verkäufer, sondern auch der Kaufinteressent eine unmittelbare Rechtsbeziehung zum Makler hat:

  • Der Käufer hat dem Makler seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt: Ausreichend ist, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war.
  • Es bestehen unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Makler und dem Kaufinteressenten: Es bedarf näherer Feststellungen dazu, ob

(1.) die Beratung den Kaufentschluss fördern sollte,

(2.) der Vermittler dabei (auch) namens des Verkäufers handeln konnte und gehandelt hat und ob

(3.) der Kaufentschluss (auch) auf der Beratung in Vertretung des Verkäufers beruhte.


Die (stillschweigende) Bevollmächtigung des Maklers

Der Verkäufer bevollmächtigt schon dann den Makler bzw. Vermittler stillschweigend zum Abschluss eines Beratungsvertrages mit dem Kaufinteressenten, wenn

  • der Verkäufer den Makler mit dem Vertrieb der Immobilie beauftragt hat und dabei wusste oder jedenfalls nicht ausschließen konnte, dass der Makler gegenüber dem Interessenten die finanziellen Vorteile eines Kaufs herausstellen würde (Innenvollmacht) oder
  • der Kaufinteressent den Umständen bei objektivierter Betrachtung eine solche Vollmacht entnehmen darf (siehe zu den Umständen noch nachfolgend), ohne dass eine etwaige Beschränkung der Vollmacht  im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Makler relevant ist und ohne dass es auf das Fehlen oder Vorhandensein eines Vermittlungsauftrages ankommt (Außenvollmacht).

Die Beratung durch den Makler als Vertreter des Verkäufers

Der Wille des Maklers bzw. Vermittlers, für den Verkäufer zu handeln, muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Ausreichend ist, dass dies aus den Umständen erkennbar wird. Solche Umstände können vorliegen, wenn der Makler

  • in den Prospekten als Vertriebspartner des Verkäufers genannt ist,
  • von dem Verkäufer zur Verfügung gestellte Berechnungsbeispiele verwendet oder
  • Berechnungsbeispiele auf den Kopfbögen des Verkäufers erstellt.

 

Das Gebrauchmachen des Maklers von der (Innen- oder Außen-) Vollmacht kann sich aber insbesondere auch aus der Organisation des Verkaufs durch den Verkäufer ergeben, und zwar aus der vertraglich vereinbarten oder aus der tatsächlich realisierten Vertriebsstruktur:

  • Vertraglich: Der Verkäufer hat den Vermittler mit dem Vertrieb und den Vertragsverhandlungen bis zur Abschlussreife beauftragt und verzichtet selbst auf jeden Kontakt mit dem Käufer.
  • Tatsächlich: Der Käufer darf den Umständen bei verständiger Würdigung entnehmen, dass der Vermittler für den Verkäufer und nicht (nur) im eigenen Namen handelt, etwa dem Umstand, dass der Vermittler tatsächlich die Vertragsverhandlung bis hin zum Abschluss für den Verkäufer führt. Das Fehlen oder Vorhandensein eines Auftrags zwischen dem Verkäufer und dem Makler ist insoweit ohne Bedeutung. Ebenso kommt es nicht auf äußere Einschnitte im Auftreten des Maklers bzw. Vermittlers an.

Haftung für Beratungsfehler

Ist nach den vorstehenden Grundsätzen also ein Beratungsvertrag zwischen Verkäufer und Käufer (durch Handeln des Maklers bzw. Vermittlers) zustande gekommen, so kann  ein Beratungsfehler (durch den Makler bzw. Vermittler) eine Haftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer begründen. Man kann folglich durchaus von einem besonderen haftungsrechtlichen „Bestellerprinzip“ reden: Macht der Verkäufer den Makler aus Sicht des Käufers zu seinem Sachwalter, der insbesondere auch beratend tätig werden durfte und auch so tätig geworden ist, haftet der Verkäufer dem Käufer für Beratungsfehler.


 


© Copyright by Dr. Elmar Bickert