Im Jahr 2016 hat der BGH bereits mehrfach über die Wirksamkeit von Abnahmeklauseln in Bauträgerverträgen entschieden. Zuletzt (siehe HIER) hatte er eine AGB-Klausel im Bauträgervertrag für unwirksam erachtet, die dem einzelnen Erwerber das Recht nimmt, bezüglich der Abnahme des Gemeinschaftseigentums – gegebenenfalls nach sachverständiger Beratung – selbst zu entscheiden oder durch eine von ihm zu beauftragende (Vertrauens-) Person entscheiden zu lassen.

Auch über das Folgeproblem aus der Unwirksamkeit der Abnahmeregelung hatte der BGH bereits entschieden: Kann der Bauträger dem klagenden Erwerber entgegenhalten, er könne mangels wirksamer Abnahme noch keine Gewährleistungsrechte geltend machen, da ja die Abnahme grundsätzlich erst die Gewährleistungsphase eröffnet? Er hat es verneint.

Der BGH (Urt. v. 30.06.2016 – VII ZR 188/13) setzt diese Rechtsprechung nun fort und ergänzt sie.


Unwirksame Abnahmeklausel

Zunächst hat der BGH festgestellt, dass eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen vom Bauträger bestimmbaren Erstverwalter ermöglicht, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.


Die Folgen der Unwirksamkeit

Die Unwirksamkeit der Abnahmeklausel trifft den Bauträger doppelt:

  • Zum einen muss er als Verwender der unwirksamen Abnahmeklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) den Nachteil tragen, dass er trotz fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Mängelansprüchen konfrontiert wird. Insoweit muss er sich also so behandeln lassen, als ob die Abnahme tatsächlich erteilt worden wäre.
  • Zum anderen trägt der Bauträger die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit seiner Leistungen. Dies ändert sich erst mit wirksamer Abnahme. Insoweit muss der Bauträger sich also daran festhalten lassen, dass tatsächlich noch keine wirksame Abnahme vorliegt.

Der gefährliche Verweis auf die modifizierte VOB/B

Der vom Bauträger bzw. von dessen Notar stammende Bauträgervertrag sah vor,

  • dass für die Mängelhaftung die Vorschriften der VOB/B mit der Maßgabe gelten sollen,
  • dass die Verjährungsfrist fünf Jahre dauert und mit der Übergabe beginnt.

Die bei Übergabe des Kaufgegenstandes protokollarisch festgestellten Mängel sollten auf Veranlassung und Kosten des Bauträgers behoben werden. Im Übrigen sollten die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger bestehen bleiben.

Die Vorinstanz hatte gemeint, die VOB/B sei nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, da der Vertrag nicht erkennen ließe, in welchem Bereich überhaupt eine Anwendung der VOB/B erfolgen solle. Der BGH meinte, es spreche einiges für die Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, ließ dies aber offen. Statt dessen legte der BGH die Klausel zu Lasten des Bauträgers aus: Wenn nach dieser Vertragsgestaltung die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ab Übergabe der Wohnung beginnen sollte, so könne daraus geschlussfolgert werden, dass diese Gewährleistungsansprüche auch bereits ab Übergabe der Wohnung bestehen sollen.

Der Erwerber konnte also (bezogen auf Mängel am Sondereigentum) die Mängelbeseitigung geltend machen, da die Übergabe bereits erfolgt war und obwohl die Abnahme noch nicht erfolgt war. Folglich oblag dem Bauträger auch noch die Darlegungs- und Beweislast für die Mängelfreiheit seiner Leistungen.


Fazit

Erneut musste der BGH nicht die Grundsatzfrage entscheiden, ob der Erwerber/Auftraggber bereits vor Abnahme – also in der Erfüllungsphase und vor Beginn der Gewährleistungsphase – Gewährleistungsansprüche (hier: Nacherfüllungsanspruch) geltend machen kann. Durch defizitäre Vertragsgestaltung hatte der Bauträger bzw. dessen Notar selbst dafür gesorgt, dass der Erwerber entsprechend berechtigt war.

Im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum wurde dem Bauträger die unwirksame Abnahmeklausel zum Verhängnis, so dass er sich nicht zu seinen Gunsten auf die fehlende Abnahme berufen konnte.

Im Hinblick auf das Sondereigentum wurde dem Bauträger der Verweis auf die VOB/B und die Regelung einer Verjährung ab Übergabe zum Verhängnis, da hiermit im Zweifelsfall zugleich geregelt wurde, dass der Erwerber bereits ab Wohnungsübergabe Gewährleistungsansprüche haben soll, auch wenn eine Abnahme noch nicht vorliegt.


© Copyright by Dr. Elmar Bickert