In einer aktuellen Entscheidung vom 07. Dezember 2016 hat der BGH (VIII ZR 70/16) nochmals herausgestellt, dass es zur Begründung des mieterseitigen Vorkaufsrechts entscheidend auf die jeweilige zeitliche Reihenfolge ankommt:


Der Mieter ist nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB unter zwei gleichberechtigt nebeneinander stehenden Alternativen zum Vorkauf berechtigt:

  1. Voraussetzung der ersten Alternative ist, dass (1.) nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter (2.) Wohnungseigentum begründet worden ist und (3.) dieses dann an einen Dritten verkauft wird.
  2. Nach der zweiten Alternative ist die Entstehung eines Vorkaufsrechts davon abhängig, dass (1.) nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter (2.) Wohnungseigentum begründet werden soll und (3.) das zukünftige Wohnungseigentum an einen Dritten verkauft wird. Gegenstand des Vorkaufsrechts ist in diesem Fall ein sachenrechtlich noch nicht vorhandenes, aber in seiner Entstehung bereits angelegtes Wohnungseigentum.

Der BGH betont, dass das Gesetz in beiden Alternativen des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB eine zeitliche Abfolge der Geschehnisse vorgibt, die nur bei deren strikter Einhaltung zu der Entstehung eines Vorkaufsrechts führt.


Zur Alternative 1:

Die erste Alternative setzt den Verkauf einer Wohnung voraus, an der bereits vor Abschluss des Kaufvertrags Wohnungseigentum entstanden war. Für die Entstehung des Vorkaufsrechts ist es daher nicht ausreichend, wenn nach der Überlassung der Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der Abschluss des Kaufvertrags mit dem Dritten der Begründung von Wohnungseigentum zeitlich nachfolgt. Das bedeutet: Wird Wohnungseigentum erst nach dem Verkauf an den Dritten begründet, scheidet ein Vorkaufsrecht aus.


Zur Alternative 2:

Die zweite Alternative setzt voraus, dass die Absicht, Wohnungseigentum zu begründen, nach der Überlassung an den Mieter gefasst und nach außen dokumentiert worden ist. Diese Bekundung nach außen soll regelmäßig in der notariellen Beurkundung der Teilungserklärung zu sehen sein. Um ein Vorkaufsrecht des Mieters entstehen zu lassen, muss die Überlassung an den Mieter also zeitlich vor der nach außen dokumentierten Absicht, Wohnungseigentum begründen zu wollen, erfolgt sein.

Der BGH stellt zudem klar, dass die Absicht zur Begründung von Wohnungseigentum nicht erst dann hinreichend manifestiert ist, wenn ein Kaufvertrag mit dem Dritten geschlossen wurde. Allerdings entsteht das Vorkaufsrecht des Mieters in der zweiten Alternative nur dann, wenn sich der Veräußerer beim Verkauf des noch ungeteilten Grundstücks gegenüber dem Dritten zur Durchführung der Aufteilung nach § 8 WEG verpflichtet und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste künftige Wohneinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist (siehe auch schon hier).


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