Der BGH hat – anhand eines Maschinenkaufes – zu der Frage Stellung genommen, ob beim Kaufvertrag mit einer „Besichtigungsklausel“ die Gewährleistung ausgeschlossen wird.
Die Klausel lautete:
„Im Zustand wie […] besichtigt“
Der BGH legte diese Klausel so aus, dass jedenfalls grundlegende Mängel der Funktionsfähigkeit und der Konstruktion hierdurch nicht ausgeschlossen waren.
Er bezweifelte schon, ob mit dieser Formulierung angesichts der an späterer Stelle in eine gegenläufige Richtung weisenden Garantie des Verkäufers überhaupt ein Gewährleistungsausschluss vereinbart sei.
Ebenso kann einer solchen Formulierung eine bloß den Kaufgegenstand beschreibende und konkretisierende Funktion zukommen, im konkreten Fall als warenbeschreibender Hinweis auf den im Zuge der Besichtigung konkretisierten und damit ausgesonderten Liefergegenstand. Das kann auch beim Immobilienkauf von Bedeutung sein, etwa wenn der Zustand der überlassenen Immobilie von dem besichtigten Zustand nachteilig abweicht.
Es ist also u.a. wichtig, in welchem systematischen Zusammenhang die Besichtigungsklausel (etwa zu vereinbarten Garantien) steht. Der BGH grenzt seine Entscheidung zugleich von einer weiteren Entscheidung ab, in der die Besichtigungsklausel mit einem ausdrücklichen Ausschluss jeglicher Gewährleistung verbunden war. In diesem Fall war die Gewährleistung umfassend ausgeschlossen. Ein solcher Fall lag hier aber gerade nicht vor.
Neben dem systematischen Zusammenhang führt der BGH schließlich den Wortlaut und einen allgemeinen Auslegungsgrundsatz an:
- Schon der Wortlaut der Vereinbarung, der ausschließlich auf den Zustand „wie besichtigt“ abstellt, spricht gegen einen umfassenden Gewährleistungsausschluss.
- Freizeichnungsklauseln sind – als Ausnahme von der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Haftung – grundsätzlich eng auszulegen. Ausführlich: Die Erklärungsverantwortung des Immobilienverkäufers – am Beispiel des Verhältnisses von Beschaffenheitsvereinbarung und Haftungsausschluss, ZfIR 2013, 265.
Schließlich gibt der BGH weitere Leitlinien für die Vertragsauslegung vor:
- Gewährleistungsausschlüsse, die durch die Wendung „wie besichtigt“ an eine vorangegangene Besichtigung anknüpfen, beziehen sich in aller Regel nur auf bei der Besichtigung wahrnehmbare, insbesondere sichtbare Mängel der Kaufsache.
- Wird dabei zugleich der Bezug zu einer Besichtigung des Käufers hergestellt, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn und nicht darauf an, ob eine sachkundige Person den Mangel hätte entdecken oder zumindest auf dessen Vorliegen hätte schließen können und müssen.
Siehe auch: Verweis auf externe Quellen im Kaufvertrag: Beschaffenheitsvereinbarung oder Wissenserklärung?
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