Der Berliner Senat hat am 4. Februar 2020 auf Vorlage der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen die Umwandlungsverordnung 2020 beschlossen. Die Verordnung tritt am 13. März 2020 in Kraft und gilt fünf Jahre. Zugleich tritt die bisherige Umwandlungsverordnung außer Kraft, mit der das Land Berlin schon im März 2015 erstmals eine Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum in den sozialen Erhaltungsgebieten Berlins eingeführt hatte.
Passend dazu hat sich der BGH in einem aktuellen Urteil gegen ein Berliner Grundbuchamt und gegen die Berliner Rechtsprechung gewandt. Im Kern geht es um § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB, wonach, wenn der Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gefasst und ortsüblich bekannt gemacht ist, auf Antrag der Gemeinde eine vorläufige Untersagung des Vorhabens innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen wird.
Die vorläufige Untersagung, mit der die Behörde dem Grundstückseigentümer jede Art der Begründung von Wohnungseigentum, also auch die Begründung durch Teilung gemäß § 8 WEG verbietet, bezweckt in gleicher Weise wie das aus der Erhaltungssatzung resultierende Verbot den Schutz der Gemeinde. Hierdurch sollen die gemeindlichen Erhaltungsziele schon vor Inkrafttreten der Erhaltungssatzung vorläufig vor Beeinträchtigungen gesichert werden.
BGH
Zunächst stützt der BGH das Berliner Rechtsverständnis:
Rechtsnachfolge in die Untersagungsverfügung?
Die gemeindlichen Erhaltungsziele dürfen nicht durch einen (möglicherweise nur vorgeschobenen) Eigentumswechsel vereitelt werden. Eine vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB ist daher liegenschaftsbezogen und folglich rechtsnachfolgefähig. Wer also durch Rechtsgeschäft das Eigentum an dem Grundstück von dem Adressaten der Untersagungsverfügung erwirbt, ist als Rechtsnachfolger an diese Untersagungsverfügung gebunden – ohne dass es einer erneuten Bekanntgabe der Verfügung an den Rechtsnachfolger bedarf.
Gutgläubiger Erwerb ohne Untersagungsverfügung?
Die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB ist zivilrechtlich als behördliches Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 BGB anzusehen. Sie ist nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Da die Verfügungsbeschränkung kein Recht an einem Grundstück darstellt, nimmt sie auch nicht gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB an dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Die vorläufige Untersagung kann daher auch nicht aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs des Erwerbers des Grundstücks entfallen, ohne dass es darauf ankommt, ob er den Bescheid kannte, als er das Grundstück erwarb.
Sodann widerspricht der BGH dem Berliner Rechtsverständnis:
Grundbuchsperre durch Untersagungsverfügung?
- Die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB begründet keine Grundbuchsperre.
- Das Grundbuchamt darf daher den Vollzug einer Teilungserklärung im Grundbuch nicht deshalb verweigern, weil dem teilenden Eigentümer die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum im Hinblick auf einen Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB vorläufig untersagt worden ist.
- Dabei kommt es nicht darauf an, ob die vorläufige Untersagung im Grundbuch eingetragen ist.
- Das Grundbuch wird durch den Vollzug der Aufteilung durch Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG) nicht unrichtig. Unrichtig ist das Grundbuch nur, wenn der Buchinhalt im Sinne von § 894 BGB bzw. § 22 Abs. 1 GBO von der wirklichen materiellen Rechtslage abweicht. Durch die Eintragung eines gegenüber dem Verbotsgeschützten unwirksamen Rechts wird das Grundbuch aber nicht in diesem Sinne unrichtig.
- Verstößt eine Rechtsänderung gegen eine Veräußerungsbeschränkung im Sinne von § 135 BGB, ist die in das Grundbuch eingetragene Rechtsänderung nur in dem Verhältnis zu dem Verbotsgeschützten (hier: Gemeinde) unwirksam. Dieser kann sich auf die relative Unwirksamkeit gemäß §§ 888, 883 Abs. 2 BGB berufen und die Löschung der Rechte verlangen. Verstößt also der Eigentümer mit der Teilungserklärung gegen die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungseigentum, ist die die Aufteilung nur dem Bezirksamt gegenüber unwirksam, nur das Bezirksamt kann gegen die Aufteilung vorgehen, nicht aber das Grundbuchamt.
Gutgläubiger Erwerb von verbotswidrig begründeten Wohnungseigentum ohne Beschränkung?
- Zwar führt die Anlegung der Wohnungsgrundbücher gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG dazu, dass verbotswidrig Wohnungseigentum begründet wird, und besteht bei einer Veräußerung des verbotswidrig entstandenen Wohnungs- oder Teileigentums an einen gutgläubigen Dritten die Gefahr eines unbeschränkten Erwerbs.
- Es besteht mithin die Gefahr, dass ein Dritter das verbotswidrig entstandene Wohnungs- oder Teileigentum gutgläubig von dem Eigentümer erwirbt mit der Folge, dass die Beschränkung dem Erwerber gegenüber unwirksam ist und die Erhaltungsziele der Gemeinde unterlaufen werden.
- Zur Verhinderung eines solchen Erwerbs kann das Verfügungsverbot aber auf Antrag durch Eintragung in das Grundbuch gesichert werden.
Grundbuchsperre schon infolge des Inkrafttretens der Erhaltungssatzung?
Das Inkrafttreten einer Erhaltungssatzung nach Eingang des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt führt nicht dazu, dass die bewilligte Aufteilung eines Grundstücks einer Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB i.V.m. § 1 UmwandV bedarf. Zwar sind die Grundbuchämter, sofern eine Verordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB erlassen worden ist, nach Inkrafttreten einer Erhaltungssatzung öffentlich-rechtlich dazu verpflichtet, die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum nur nach Vorlage des Genehmigungsbescheids oder diesem gleichgestellter Bescheinigungen oder Zeugnisse vorzunehmen (§ 172 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 3 und 4, Abs. 6 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 BauGB). Die Verfügungsbeschränkung, die sich aus dem Genehmigungserfordernis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB ergibt, ist aber unbeachtlich, wenn sie erst nach Eingang des Vollzugsantrags eintritt (siehe schon: BGH zum Verbot der Aufteilung in Wohnungseigentum nach der UmwandlungsVO). Eine Grundbuchsperre gemäß § 172 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 22 Abs. 6 BauGB besteht in diesem Fall nicht.
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