Nach § 557b Abs. 1 BGB können die Vertragsparteien im Wohnraummietvertrag (im Gewerberaummietvertrag und Pachtvertrag ohnehin) schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland – Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) – bestimmt wird (Indexmiete).
Der Verbraucherpreisindex für Deutschland misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke erwerben. Die Preisentwicklung im Verbraucherpreisindex wird jeweils als Indexzahl mit Bezug auf ein Basisjahr (derzeit 2015) und dieses im Jahresdurchschnitt mit 100 Punkten angegeben.
Kein Basisjahr in Prozentklauseln
Der BGH hat nun entschieden, dass es bei einer sog. Prozentklausel, bei welcher die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindexes geknüpft ist, weder nach § 557b Abs. 1 BGB noch nach dem AGB-rechtlichen Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) einer Angabe des Basisjahres bedarf.
- Nach § 557b Abs. 1 BGB genügt die schriftliche Vereinbarung, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt wird (Indexmiete). Einer Erläuterung, wie sich die Mietänderung im Einzelfall berechnet, bedarf es nicht.
- Nichts anderes folgt aus dem Transparenzgebot für AGB. Aufgrund der Bezugnahme der Mietvertragsparteien auf den jeweils aktuellen Verbraucherpreisindex ist für den Mieter auch ohne ausdrückliche Angabe des Basisjahrs erkennbar, wie die Mieterhöhung im Einzelfall zu berechnen ist.
- Bei einer Prozentklausel ist die Festlegung eines Basisjahrs im Mietvertrag für die (spätere) Berechnung der Mietänderung, anders als bei einer sogenannten Punkteklausel, bei welcher maßgebend ist, ob die Indexentwicklung einen bestimmten Punktwert erreicht, zudem unerheblich. Denn mit der Prozentklausel wird nicht der Verbraucherpreisindex nach einem fixen Basisjahr in Bezug genommen, sondern – ungeachtet einer Festlegung im Mietvertrag – der Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr.
Der Verbraucherpreisindex wird sowohl monatlich entsprechend der aktuellen Preisentwicklung fortgeschrieben als auch in regelmäßigen Abständen einer grundlegenden Revision unterzogen und auf ein neues Basisjahr umgestellt. Diese Umstellung geschieht in der Regel alle fünf Jahre. Die auf ein neues Basisjahr umgestellten und veröffentlichten Lebenshaltungskostenindizes spiegeln nicht nur eine reine Preissteigerung, sondern auch die geänderten Verbrauchsgewohnheiten wider. Mit der Umstellung auf ein neues Basisjahr – dieses hat im Jahresdurchschnitt den Indexstand 100 – werden die bisherigen Indexwerte (rückwirkend bis 1991) auf dieses Basisjahr umgerechnet. Die zuvor – unter Zugrundelegung des alten Basisjahrs – berechneten und veröffentlichten Indexreihen verlieren rückwirkend ihre Gültigkeit.
Im konkreten Fall stammte die Mieterhöhungserklärung vom Dezember 2017 und erfasste den Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017.
- Maßgebend war einzig der im Zeitpunkt des Zugangs der Erhöhungserklärung veröffentlichte Verbraucherpreisindex. Nur aus diesem werden die zur Berechnung maßgebenden Indexpunkte entnommen und die prozentuale Mietsteigerung errechnet. Nur durch (alleinige) Zugrundelegung des im Zeitpunkt des Zugangs der Erhöhungserklärung geltenden Verbraucherpreisindexes ist sichergestellt, dass sich die Berechnung der Mietänderung auf Basis eines durchgehenden, für den gesamten Betrachtungszeitraum nach einem einheitlichen Maßstab berechneten Index richtet.
- Ein in der Vereinbarung einer Indexmiete genanntes Basisjahr wäre für die Berechnung der Mietänderung unerheblich. Denn die (alten) Ist-Zahlen des Verbraucherpreisindexes zum Zeitpunkt des Mietbeginns (hier im Jahr 2007 mit Basisjahr 2000) sind mit den veröffentlichten Zahlen in dem im Änderungsverlangen genannten Zeitraum (hier November 2017 mit Basisjahr 2010) nicht vergleichbar und können zur Berechnung der vom Vermieter begehrten Mieterhöhung (hier im Jahr 2017) daher nicht (mehr) herangezogen werden.
Die neu berechneten Ergebnisse sind Folge einer grundlegend anderen methodischen Vorgehensweise und ersetzen die vorher veröffentlichten Zahlen, ohne dass sie durch eine rein rechnerische Umbasierung der alten Indexzahlen nachvollzogen werden könnten. Verbraucherpreisindizes, die auf unterschiedlichen Basisjahren beruhen, sind daher nicht miteinander vergleichbar und mit der Veröffentlichung der Indexreihen für ein neues Basisjahr haben allein diese Gültigkeit, während die früheren Veröffentlichungen auf einem statistisch überholten Berechnungsschema beruhen und daher nicht länger herangezogen werden können.
Was gilt bei Anpassungsschwellen?
Oftmals werden Schwellenwerte einer nötigen prozentualen Änderung des Indexwerts vereinbart, ab welchen erst eine Mietanpassung möglich sein soll. Im konkreten Fall sollte erst dann eine Mietänderung „verlangt“ werden können, wenn sich der Verbraucherpreisindex um mindestens 3 % ändert. Hierbei handelt es sich nach dem BGH um eine sogenannte Bagatellklausel, wodurch verhindert werden soll, dass jede geringfügige Änderung des Verbraucherpreisindex zum Anlass einer Änderung der Miete genommen wird. Die Klausel
- schränkt die Geltendmachung der Mietänderung ein,
- berührt aber nicht deren Berechnung.
Konkret bedeutet das:
- Die Berechnung erfolgt auch bei einem Schwellenwert durch eine Gegenüberstellung des Indexwerts zum Zeitpunkt der Erhöhungserklärung mit dem Wert zum Zeitpunkt des Mietbeginns bzw. der letzten Anpassung. Die prozentuale Differenz beider Werte ergibt die prozentuale Änderung der Miete; die Indexmiete ändert sich im gleichen Verhältnis wie der Index.
- Einer gestaffelten Berechnung je nach dem Zeitpunkt des Überschreitens des vereinbarten Schwellenwertes, was zu einer geringeren Mieterhöhung führen kann, bedarf es vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen nicht. Eine Vertragsauslegung, wonach die Mieterhöhung anhand einer Addition der jeweiligen prozentualen Werte bei jeweiliger Überschreitung des Schwellenwerts zu errechnen ist, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden.
Entgegen der Ansicht der Revision ist der Vermieter nicht zu einer schrittweisen Anpassung der Miete nach dem jeweiligen Überschreiten des Schwellenwerts verpflichtet. Er kann vielmehr die Miete auch erst nach einem längeren Zeitraum und somit nach einer mehrmaligen Überschreitung der 3 %- Schwelle erhöhen. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Vorgehen gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, bestehen vorliegend nicht und werden von der Revision auch nicht dargelegt.
BGH
Weitere Erleichterungen
Angaben zur Wartefrist?
Gemäß § 557b Abs. 2 Satz 1 BGB muss die Miete während der Geltung einer Indexmiete, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB abgesehen, jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Nach dem BGH bedarf es der Angabe des Beginns dieser Wartefrist zur wirksamen Vereinbarung einer Indexmiete nicht. Die Wartefrist ist eine gesetzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der konkreten Änderungserklärung, nicht jedoch für die eigentliche Vereinbarung einer Indexmiete. Die Frage der Einhaltung der Wartefrist wird daher erst mit der konkreten Erhöhungserklärung relevant.
Dass in der Klausel darüber hinaus nicht ausdrücklich geregelt ist, zu welchem Zeitpunkt diese gesetzlich vorgeschriebene Frist beginnen soll, macht diese schon deshalb nicht intransparent, weil das Transparenzgebot es nicht verlangt, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrags folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln.
BGH
Bruttomiete oder Nettomiete?
Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt mit dem BGH auch nicht darin, dass in einer Indexmietklausel nicht ausdrücklich angegeben ist, ob sich die Bruttomiete oder die Nettokaltmiete (prozentual zum Verbraucherpreisindex) ändert.
Entscheidend ist hier eine Auslegung aus der maßgebenden Sicht des verständigen Mieters mit Blick auf die vereinbarte Mietstruktur:
- Bei einer vereinbarten Nettokaltmiete mit abzurechnenden Betriebskostenvorauszahlungen ist lediglich die Nettokaltmiete von der Indexierung erfasst.
- Die Betriebskostenvorauszahlungen nehmen nicht an der Änderung nach dem Index teil. Die Betriebskosten richten sich im Wesentlichen nach dem individuellen Verbrauch des Mieters und nicht nach der Entwicklung allgemeiner Lebenshaltungskosten. Beide Vertragsparteien haben nach der auch bei Vereinbarung einer Indexmiete anwendbaren (§ 557b Abs. 2 Satz 1 BGB) Bestimmung des § 560 BGB die Möglichkeit die abrechenbaren Betriebskostenvorschüsse unabhängig von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes anzupassen.
Jahres- oder Monatsindex?
Intransparent ist eine Indexklausel auch nicht deshalb, weil in ihr nicht angegeben ist, ob sich die Anpassung der (Nettokalt-)Miete nach dem Jahres- oder dem Monatsverbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts richtet.
Auch hier ist die Auslegung entscheidend. Dass der Monatsverbraucherpreisindex maßgebend ist folgt dabei schon aus dem Umstand, dass die Miete, die sich entsprechend dem Verbraucherpreisindex ändert, monatlich zu entrichten ist. Damit korrespondierend führt die Änderungserklärung dazu, dass die geänderte Miete mit Beginn des übernächsten Monats nach dem Zugang der Erklärung zu zahlen ist (§ 557b Abs. 3 Satz 3 BGB).
Zwar gibt das Statistische Bundesamt auch einen durchschnittlichen Jahresverbraucherpreisindex bekannt. Wollte man bei einer unterjährigen Erhöhung jedoch auf diesen abstellen, ergäbe sich nicht ein im Zeitpunkt der Erhöhung tatsächlich geltender Wert.
BGH
HINWEIS: Gemäß § 557b Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB muss eine Änderung der Indexmiete durch Erklärung in Textform geltend gemacht werden. Dabei sind die eingetretene Änderung des Preisindexes sowie die jeweilige Miete oder die Erhöhung in einem Geldbetrag anzugeben. Zur formellen Wirksamkeit der Mietänderungserklärung muss der Verbraucherpreisindex nicht beigefügt werden.
Siehe auch schon:
- Wertsicherung und Schriftform im Pacht- und Mietvertrag: Auf die Art der Indexierungsklausel kommt es an
- Mieterhöhung wegen Verbraucherpreis-Indexierungsklausel: Was muss der Vermieter im Mieterhöhungs-Schreiben angeben?
- Neues zum Erbbaurecht: Anpassungs- und Indexklausel & vormerkungs- und wertgesicherte Erbbauzinsreallast
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