Einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2016 war noch zu entnehmen, dass jener, der nach § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optiert, nicht nur im Sinne des UStG, sondern auch im Sinne des BGB zum Unternehmer wird, mit der Folge, dass ihm etwa diverse Schutzvorschriften aus dem BGB nicht zugute kommen (siehe schon: Kein Deal ohne Finanzierungszusage und welche Bedeutung dabei eine Umsatzsteueroption hat). In einer aktuellen Entscheidung gibt der BGH diese Rechtsprechung auf.

BGB:
Nach dem BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Unternehmer ist dagegen eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.


Begründet Immobilienbestand eine gewerbliche Tätigkeit?

Ausgangslage ist der grundlegende Rechtssatz:

Die Verwaltung eigenen Vermögens ist grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit.

Für den Immobilieneigentümer ist sodann wichtig zu wissen:

Zur Verwaltung eigenen Vermögens gehört generell auch der Erwerb oder die Verwaltung einer Immobilie.

Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte.

  • Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelt, ist eine im jeweiligen Einzelfall zu beurteilende Frage.
  • Die Aufnahme von Fremdmitteln kann insbesondere beim Immobilienerwerb der ordnungsgemäßen Verwaltung zugeordnet werden und lässt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen.
  • Die Höhe der verwalteten Werte oder des Kreditbetrages ist dabei nicht maßgeblich.

Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, so ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge.

BGH
  • Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung.
  • Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen.

Welche Bedeutung die Umsatzsteuer-Option hat

Die Option zur Umsatzsteuer für aus der Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks erzielte Umsätze lässt keinen Rückschluss für die Frage zu, ob der Vermieter oder Verpächter als Unternehmer im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt.

Zwar setzt die (Einzel-)Option (je Umsatz) zur Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 9 Abs. 1 UStG voraus, dass die Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von einem „Unternehmer“ im Sinne des Umsatzsteuergesetzes generiert werden. Wer umsatzsteuerrechtlich „Unternehmer“ ist, bestimmt § 2 UStG. Der „Unternehmer“ im Sinne des § 2 UStG ist als zentraler Rechtsbegriff des Umsatzsteuerrechts jedoch autonom ohne Rückgriff auf andere Definitionen in anderen Rechtsvorschriften – etwa in § 14 BGB – auszulegen.

HINWEIS:
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umfasst der Begriff auch die private Vermögensverwaltung durch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
Siehe auch zur BFH-Rechtsprechung: BFH zur Gewerbesteuer im Immobilienrecht: Wann ist die Vermietung eines Einkaufscenters ein Gewerbebetrieb?

Die Begrifflichkeiten nach dem BGB einerseits und nach dem UStG andererseits stehen nach dem BGH in einem unterschiedlichen Regelungszusammenhang und sind mithin strikt zu trennen.

Erfordert die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher im Sinne des Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer optiert.

BGH

Die Regelungen im BGB befassen sich im Wesentlichen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei dem Abschluss privatrechtlicher Rechtsgeschäfte eine besondere Schutzbedürftigkeit einer der an diesem Rechtsgeschäft beteiligten Parteien im Verhältnis zur anderen Partei besteht. Diese Frage beantwortet sich also, wie der BGH nun geklärt hat, unabhängig von der umsatzsteuerlichen Begrifflichkeit und Einordnung. Sie ist auch und vor allem relevant bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Verträgen nach §§ 307 ff. BGB.


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