Der Bundesrat hat am 18.12.2020 Stellung genommen zum Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) der Bundesregierung. Er begrüßt den Entwurf und fordert die Bundesregierung auf, den zügigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zu unterstützen. Die Bundesregierung hatte den Entwurf dem Bundesrat als besonders eilbedürftig zur Stellungnahme zugeleitet, um zügig mit den parlamentarischen Beratungen im Bundestag beginnen zu können. Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die dazu eine Gegenäußerung verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Spätestens drei Wochen nach Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag befasst sich der Bundesrat dann noch einmal abschließend mit dem Gesetzesentwurf.
Siehe schon:
Bundesregierung beschließt Baulandmobilisierung & Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Der Bundesrat sieht aber auch Änderungs- und Ergänzungsbedarf, etwa wie folgt:
- Die Potenziale der Digitalisierung sollen verstärkt genutzt werden, um Arbeitsabläufe und die vielfältigen Kontakte insbesondere mit Bürgerinnen und Bürgern mithilfe moderner Informationstechnologien neu zu gestalten. Dieser Ansatz, der bereits mit dem Planungssicherstellungsgesetz eingeschlagen wurde, soll nun in das Dauerrecht überführt werden. Daher sollen sowohl die frühzeitige Beteiligung als auch die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1a BauGB durch Einstellung von entsprechenden Unterlagen in das Internet erfolgen.
- Für die wirksame Beschränkung von Emissionsmengen, insbesondere von Lärmemissionen, durch Festsetzungen in Bebauungsplänen fordert der Bundesrat eine anwendungssichere Rechtsgrundlage. Es soll eine grundsätzlich neue und vereinfachte Ermächtigungsgrundlage für die Emissionskontingentierung im Baugesetzbuch geschaffen werden, die praxissicher angewendet werden kann, um insbesondere Lärmemissionen von Gewerbe- und Industriegebieten dauerhaft rechtssicher in Bebauungsplänen steuern zu können.
- Das Bestehen gemeindlicher Vorkaufsrechte im Falle der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (Share Deals) soll unter den Voraussetzungen geregelt werden, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für die Anwendbarkeit zivilrechtlicher Vorkaufsrechte anerkannt sind.
- In den Erhaltungsgebieten gemäß § 172 BauGB sollen die Eigentümer nachhaltiger auf ihre Pflichten nach dem Baugesetzbuch hingewiesen und zum rechtstreuen Verhalten angemahnt werden. Dort unterliegen der Rückbau und die Änderung einer baulichen Anlage dem Genehmigungsvorbehalt. Der Bundesart fordert die Einführung eines Fahrlässigkeitstatbestandes im Bußgeldtatbestand (bislang nur Vorsatz), um systematische Umgehungen des § 172 BauGB effektiv ahnden zu können und da insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen ein Rückbau der vorgenommenen Änderungen zumeist nicht durchgesetzt werde.
- Nach dem Bundesrat lassen Gerichtsentscheidungen erkennen, dass eine eindeutige Zuordnung von Potentialflächen für die Windenergie in die nach der Rechtsprechung entwickelten Kategorien der harten und weichen Tabuzonen in vielen Fällen nicht möglich ist. Mit einer Neuregelung zu offensichtlichen Fehlern im Abwägungsvorgang soll zur Planerhaltung als auch dazu beigetragen werden, dass sich Gemeinden zur Ausweisung zusätzlicher Konzentrationszonen für den weiteren Ausbau der Windenergie entscheiden.
Aus Sicht des Bundesrates sind grundlegende Reformen für eine nachhaltige Flächenentwicklung richtig und wichtig. Dazu müssen jedoch nicht nur Flächen für dringend benötigten Wohnraum in angespannten Märkten bereitgestellt werden, sondern ebenso werden Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe benötigt. In der gemischten, gewachsenen, europäischen Stadt muss gearbeitet und gewohnt werden können, idealerweise nebeneinander mit kurzen Wegen zur Verkehrsvermeidung. Dementsprechend kommt es darauf an, auch für die richtige Nutzungsmischung von Gewerbe, Industrie, Wohnen, aber auch Dienstleistungen, Kultur, Grün- und Erholungsnutzungen zu sorgen. Daher gilt es, nicht nur einseitig Wohngebäude zu entwickeln, sondern Bauland für alle notwendigen Nutzungen einer lebendigen Stadt zu mobilisieren.
Bundesrat, Drucksache 686/20 (Beschluss v. 18.12.2020)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung außerdem
- zu prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz des Klimas und zur Abmilderung von Klimawandelfolgen vor dem Hintergrund der zu erwartenden zunehmenden Flächenversiegelung genügen,
- weitere Möglichkeiten zum Schutz von Natur und Umwelt in Betracht zu ziehen und
- klarzustellen, dass das Vorkaufsrecht der Gemeinde auch für Umweltschutzbelange genutzt werden kann, zum Beispiel für eine Abmilderung von Klimawandelfolgen, Naturschutzbelange oder die Gewässerentwicklung.
Der Bundesrat ist der Ansicht, mit den vorgesehenen Anpassungen des bauplanungsrechtlichen Instrumentariums liege ein Maßnahmenpaket vor, das die Interessen von Mieterinnen und Mietern, Eigentümerinnen und Eigentümern und Investorinnen und Investoren ausgewogen berücksichtige. Dies gelte auch für die Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen: Die Genehmigungsansprüche der Eigentümerinnen und Eigentümer nach § 250 Absatz 3 BauGB würden die erforderliche Ausgewogenheit der betroffenen Belange gewährleisten. Das sah in den Ausschüssen des Bundesrates und deren Empfehlungen noch anders aus:
Empfehlung des federführenden Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung:
Der Ausschuss unterstütze im Sinne des Referentenentwurfs vom Juni 2020 die Möglichkeit, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt durch Rechtsverordnung die Bildung von Wohnungs- und Teileigentum unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Während der alte Referentenentwurf vorsah, dass es dem jeweiligen Land überlassen war, eine Verordnung für höchstens fünf Jahre zu erlassen, die auch einer Verlängerung zugänglich war, ist dies durch den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf begrenzt worden (siehe hier den Vergleich). Dieser sieht vor, dass den Ländern nur einmalig der Erlass der Verordnung zulässig ist, deren Ablauf gesetzlich auf den 31. Dezember 2025 fixiert ist. Letzteres lehnte der Ausschuss ab. Da unklar sei, wann die Gesetzesnovelle in Kraft tritt und die Landesregierungen Zeit benötigen würden, eine Gebietsfestlegung nach § 250 BauGB vorzunehmen, liege die effektive Laufzeit der Umwandlungsbeschränkungen voraussichtlich (deutlich) unter fünf Jahren, ohne dass das Gesetz eine Verlängerungsoption vorsieht. Um den Landesregierungen die Möglichkeit zu geben, der Reduzierung von bezahlbarem Mietwohnraum durch Umwandlungen bei Bedarf auch nach dem 31. Dezember 2025 entgegenzuwirken, sollen die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen über angespannte Wohnungsmärkte für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren bestimmen zu dürfen. Der Bundesrat ist dieser Empfehlung nicht gefolgt. Es bleibt also beim aktuellen Entwurf der Bundesregierung – die Diskussionen werden aber im Bundestag weiter gehen.
Empfehlung des Ausschuss für Innere Angelegenheiten:
Der Ausschuss hat eine Streichung des § 250 BauGB n.F. empfohlen. Die erhebliche Ausweitung des Genehmigungserfordernisses für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen würde einen erheblichen bürokratischen Aufwand verursachen, ohne dass damit ein Beitrag zur Mobilisierung von Bauland oder zur Schaffung oder Erhaltung von Wohnraum geleistet werden könnte. Das Wohnungsangebot insgesamt werde durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht negativ beeinflusst, bezahlbarer Wohnraum könne gleichermaßen als Miet- oder als Eigentumswohnung bestehen. Eine generelle Zielsetzung der Erhaltung oder Ausweitung einer Quote von Mietwohnungen am gesamten Wohnungsmarkt, also im Verhältnis zu Eigentumswohnungen, die einer solchen Neuregelung innewohnt, sei abzulehnen, zumal Deutschland im EU-weiten Vergleich ohnehin bereits eine sehr niedrige Eigentumsquote aufweise, die Bildung von Wohneigentum ja eigentlich durch staatliche Maßnahmen als Familienförderung sowie als wichtiger Baustein der Altersvorsorge gefördert und unterstützt werde und vor allem die Kleinvermieter unter das Umwandlungsverbot fallen würden. Der Schutz der Mieterinnen und Mieter einer konkreten Mietwohnung werde über die mietvertraglichen Bestimmungen nach § 577a BGB in Verbindung mit landesrechtlichen Verordnungen über die Kündigungssperrfrist sowie über das Vorkaufsrecht der Mieter nach § 577 BGB sichergestellt. Einer massiven Ausweitung des Anwendungsbereichs der Umwandlungsgenehmigung, die als Eingriff in das Eigentumsrecht nach Artikel 14 des Grundgesetzes einer Rechtfertigung bedarf, der erforderlich und verhältnismäßig sein müsste, bedürfe es daher nicht zur Sicherstellung des notwendigen Mieterschutzes. Der derzeitige Anwendungsbereich der Umwandlungsgenehmigung gemäß § 172 BauGB erscheine sachgerecht und ausreichend. Der Bundesrat ist auch dieser Empfehlung nicht gefolgt. Auch hierzu werden die Diskussionen aber im Bundestag weiter gehen.
In den unterschiedlichen Einschätzungen innerhalb der Landeskammer kommen jene Differenzen zwischen den Bundesländern zum Ausdruck, welche sich schon im Rahmen der Anhörung zum Reformvorhaben gezeigt hatten, siehe nur: Kommt das Umwandlungsverbot – mit Änderungen? Gesetzgebungs-Update zur WEG-Aufteilung und Baulandmobilisierung
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