„Umwandlungsverbot gekippt.“ So rief es der ZIA Ende September 2020 in die Immobilienwelt. Im politischen Berlin aber war klar, dass davon keine Rede sein konnte. Das Umwandlungsverbot war und ist hoch umstritten, wurde zwischenzeitlich ausgeklammert aus dem Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz ohne Umwandlungsverbot: Keine Beschränkung der WEG-Aufteilung in BauGB-Reform?), gekippt wurde es aber zu keinem Zeitpunkt.
Nun hat sich erwiesen, dass die Entwarnungsmeldungen in der Immobilienwirtschaft verfrüht waren. Denn die Bundesregierung hat heute den Gesetzesentwurf zur Mobilisierung von Bauland inklusive dem „Umwandlungsverbot“ beschlossen. Sind wir nun also wieder angelangt beim Stand vom Juni 2020 (ausführlich: WEG-Umwandlungsverbot in BauGB-Reform 2020 – Zum neuen Verbot der Begründung von Wohnungseigentum)?
Nicht ganz. Die Bundesregierung hat nicht etwa den BMI-Entwurf vom Juni 2020, sondern einen neuen Kabinettsentwurf der Bundesregierung beschlossen. Schauen wir uns die Änderungen an:
ALTFASSUNG § 250 BauGB-E
JUNI 2020
(1) Sofern die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde be- sonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind, bedarf bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes der Genehmigung.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Gebiete nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von [jeweils] höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
(2) Zuständig für die Genehmigung ist die von der Landesregierung bestimmte Stelle.
(3) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
- das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
- das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
- auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder
- ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist
Die Genehmigung nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 darf erst erteilt werden, wenn abgesehen von der Eintragung in das Grundbuch alle Voraussetzungen für die beabsichtigte Rechtsänderung gemäß Absatz 6 Satz 1 unwiderruflich erfüllt sind.
(4) Im Übrigen darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen erforderlich ist. Unter der Voraussetzung von Satz 1 kann die Genehmigung mit einer Auflage erteilt werden.
(5) Bei einem Grundstück, das im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 2 liegt, darf das Grundbuchamt die Eintragungen in das Grundbuch nur vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid beim Grundbuchamt eingegangen ist. Ist dennoch eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen worden, kann die für die Genehmigung zuständige Stelle das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs ersuchen; § 53 Absatz 1 der Grundbuchordnung bleibt unberührt. Der Widerspruch ist zu löschen, wenn die für die Genehmigung zuständige Stelle darum ersucht oder die Genehmigung erteilt ist.
(6) Der Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf ferner
1. die Begründung der in den §§ 30 und 31 des Wohnungseigentumsgesetzes bezeichneten Rechte,
2. die Begründung von Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden, wenn zugleich nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Grundbuch als Belastung eingetragen werden soll, dass Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Be- nutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, sowie
3. bei bestehendem Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden eine im Grundbuch als Belastung einzutra- gende Regelung nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist.
Die Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 gelten sinngemäß.
KABINETTSFASSUNG NEU § 250 BauGB-E
NOVEMBER 2020
(1) Sofern Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten vorliegen und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind, bedarf bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes der Genehmigung.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Gebiete nach Satz 1 durch Rechtsverordnung zu bestimmen, die spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft treten muss.
(2) Zuständig für die Genehmigung ist die von der Landesregierung bestimmte Stelle. § 173 Absatz 3 gilt entsprechend. (-> Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde u.a. mit dem Eigentümer die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. Zudem hat die Gemeinde Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte anzuhören.)
(3) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
- das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
- das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
- auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder
- ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist.
In der Genehmigung kann bestimmt werden, dass auch die Veräußerung von Wohnungseigentum oder Teileigentum der Genehmigung entsprechend Satz 1 Nummer 1 bis 3 bedarf. Diese Genehmigungspflicht ist in das Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch einzutragen; die Eintragung erfolgt auf Ersuchen der nach Absatz 2 Satz 1 zuständigen Stelle. Die Genehmigungspflicht erlischt mit Außerkrafttreten der Verordnung nach Absatz 1 Satz 2.
(4) Unter der Voraussetzung von Absatz 3 Satz 1 kann die Genehmigung mit einer Auflage erteilt werden.
(5) Bei einem Grundstück, das im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 2 liegt, darf das Grundbuchamt die Eintragungen in das Grundbuch nur vornehmen, wenn ihm die Genehmigung nachgewiesen ist. Mit der Eintragung gilt die Genehmigung als erteilt.
(6) Der Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf ferner
- die Begründung der in den §§ 30 und 31 des Wohnungseigentumsgesetzes bezeichneten Rechte,
- die Begründung von Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden, wenn zugleich nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Grundbuch als Belastung eingetragen werden soll, dass Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, sowie
- bei bestehendem Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden eine im Grundbuch als Belastung einzutragende Regelung nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist.
Die Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 gelten sinngemäß.
(7) Diese Vorschrift geht im räumlichen Anwendungsbereich von Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 2 den Rechtsverordnungen nach § 172 Absatz 1 Satz 4 vor.
HINWEIS: Der Begriff des Gebiets mit einem angespannten Wohnungsmarkt soll nun in § 201a BauGB geregelt werden.
Ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn
1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.
Auch wenn nun also am 4. November 2020 das Bundeskabinett die Kabinettfassung beschlossen hat, dürfen wiederum keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Denn der Entwurf geht nun in den Bundestag und den Bundesrat und wird dort auf die weiterhin gravierende Kritik von Abgeordneten und Bundesländern treffen – Änderungen nicht ausgeschlossen (siehe zur Kritik schon: Kommt das Umwandlungsverbot – mit Änderungen? Gesetzgebungs-Update zur WEG-Aufteilung und Baulandmobilisierung).
Die nun sehr lange andauernde Diskussion um das „Aufteilungsverbot“ lässt in den Hintergrund treten, um was es beim Baulandmobilisierungsgesetz eigentlich geht: Um die Umsetzung der Empfehlungen der beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat eingerichteten Expertenkommission zu strategischen Fragen der Bodenpolitik und Baulandmobilisierung (Kommission für „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“).
Dies findet sich sodann anschaulich in den Nachhaltigkeitsaspekten des Gesetzes wieder:
- Zielvorgabe des SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) ist u. a. bis 2030 den Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbaren Wohnraum für alle sicherzustellen. Das Regelungsvorhaben unterstützt die Ziele des SDG 11, denn es verfolgt vorrangig den Zweck, die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum zu erleichtern. Die Gemeinden sollen hierfür weitere Steuerungsmöglichkeiten erhalten, insbesondere
- um Bauland zu mobilisieren und
- Festsetzungen für den sozialen Wohnungsbau einfacher treffen zu können.
- Mit ergänzenden Regelungen, die betonen, dass Schaffung, Erhalt und Ausbau von Grünflächen und Freiräumen als Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung wesentliche Belange einer nachhaltigen Stadtentwicklung sind, wird das Ziel einer widerstandsfähigen Stadt unterstützt. Dies dient zugleich der Zielvorgabe des SDG 13, das Maßnahmen zum Klimaschutz vorsieht.
Damit die Gemeinden einfacher Bauland mobilisieren können und um die Möglichkeiten des Flächenzugriffs der Gemeinden zu stärken, sieht der Gesetzentwurf überwiegend Änderungen des Baugesetzbuchs vor. Wesentliche Regelungsinhalte sind:
- die Einführung eines neuen sektoralen Bebauungsplantyps für den Wohnungsbau,
- die Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten und weitere Erleichterungen für das Bauen im Innen- und Außenbereich,
- die Erweiterung des Anwendungsbereichs der gemeindlichen Vorkaufsrechte für die leichtere Mobilisierung von Flächen für den Wohnungsbau,
- die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Baugebots für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten und
- die Schaffung einer Grundlage für städtebauliche Konzepte der Innenentwicklung.
Zur Erleichterung des Ziels der Mobilisierung von Bauland sollen in der Baunutzungsverordnung
- die neue Baugebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ eingeführt und
- die Obergrenzen, die bisher für Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung galten, als Orientierungswerte ausgestaltet werden, um mehr Flexibilität bei der Ausweisung, insbesondere von Flächen für den Wohnungsbau im Hinblick auf die Bebauungsdichte, zu erreichen.
Mit dem Gesetzentwurf sollen außerdem einzelne städtebauliche Anliegen aufgegriffen werden:
- Klarstellungen, die die Bedeutung grüner Infrastruktur in Städten und Gemeinden, insbesondere für den Klimaschutz und die Klimaanpassung, hervorheben.
- Änderungen zur Unterstützung des Mobilfunkausbaus mit dem Ziel der flächendeckenden Mobilfunkversorgung und der Elektromobilität (siehe auch: Neue Gesetze, Normungen und Reformen zu Ladestationen für E-Autos).
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