Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates brachte es kürzlich zum Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) auf den Punkt (BR-Drs. 128/1/21): Der sich abzeichnende Markthochlauf der Elektromobilität setzt deutlich früher und dynamischer ein als noch vor einem Jahr angenommen. Ein ganzes Jahr hatte es nämlich gebraucht, bis der Bundestag den GEIG-Entwurf der Bundesregierung verabschiedet hatte (siehe schon: Bundesregierung verabschiedet Entwurf eines Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetzes, GEIG). Also hatte der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates den zunehmenden Markthochlauf im Bereich der Elektromobilität zum Anlass genommen, um zu dem GEIG u.a. anzumerken,
- dass das Ambitionsniveau für Ladeinfrastruktur gerade auch im nicht-öffentlichen Raum deutlich höher sein müsse und
- dass die Investoren verlässliche und langfristige Vorgaben zur Orientierung benötigen.
Zum Hochlauf der Elektromobilität
Tatsächlich kann man den Markthochlauf der Elektromobilität in Deutschland in den letzten Monaten als überaus dynamisch bezeichnen. Das KBA sieht die Elektromobilität in Deutschland auf der Überholspur. Die E-Mobilität hat sich demnach in Deutschland im Jahr 2020 trotz eines rund zwanzig prozentigen Rückgangs der Zulassungszahlen im Jahr der COVID 19-Pandemie stärker durchgesetzt als jemals zuvor. Und auch nach den ersten Zulassungsmonaten des Jahres 2021 liegen alternative Antriebe nochmals deutlich über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Ein namhafter Hersteller nach dem anderen kündigt den Abschied vom Verbrennungsmotor bzw. das Ende der Entwicklung von Benziner- und Diesel-Technologie an. Ganze Städte, Regionen, Länder und Märkte kündigen Verkaufsstopps bzw. Fahrverbote für Verbrenner an und mit Europa verliert der Diesel nun voraussichtlich auch seine einzige noch verbleibende Marktregion.

Der Berliner Senat etwa hat am 2. März 2021 den Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr 2030 angenommen, wonach u.a. die Einrichtung einer ‚Zero Emission Zone‘ angestrebt wird, die vom Schadstoffausstoß fossil betriebener Fahrzeuge so weit wie möglich freigehalten wird.
Zur rechtlichen Möglichkeit der Einrichtung von sogenannten Nullemissionszonen im Straßenverkehr siehe WD 8 – 3000 – 027/21.
Zugleich entsteht mit „Giga Berlin“, wie Elon Musk seine neue, für Milliarden Euro entstehende Tesla Giga-Fabrik in Brandenburg nennt (Fortune, Magazine, Europe Edition No. 1, Febr./March 2021, p. 24), im Zusammenhang mit der Elektromobilität das derzeit größte industriepolitische Projekt Europas. Hier sollen mit 20.000 bis 50.000 neuen Jobs schon 2023 rund 500.000 Teslas made in Germany / Europe gefertigt werden, kombiniert mit einem Auto-Designcenter in Berlin.
Call it the Tesla effect: The electric carmaker run by Elon Musk has a market value of roughly $625 billion, compared to $170 billion for Volkswagen. Tesla sold around 500,000 cars last year, while Volkswagen delivered 9.3 million. But Volkswagen is now becoming more like Tesla in the ways that investors care about most. Tesla could be matched sale-for-sale by Volkswagen as early as 2022, according to analysts at UBS, who predict the owner of Audi and Porsche will go on to sell 300,000 more electric vehicles than Tesla in 2025.
Investors love electric cars. They’re starting to like Volkswagen, too. Charles Riley, CNN Business, March 21, 2021
Das Interessante an der Geschichte ist, dass Tesla den weltweiten E-Auto-Markt mit ca. 18% der Verkäufe dominiert, aber nun ausgerechnet in Europa, wo man bislang von der langsamen Elektrifizierung der deutschen Wettbewerber profitierte und gezielt das Investment in die europäische/deutsche Giga-Fabrik tätigte, mit einer wachsendes Konkurrenz konfrontiert ist. „Tesla entered the EU against an empty playing Field. Now the Company has competeition“ (Fortune, Europe Edition No. 1, Febr./March 2021, p. 27). Gerade VW hat hier massiv Dynamik gewonnen. Eine aktuelle UBS-Studie sieht das Potential bei Volkswagen, schon 2022 Co-Weltmarktführer bei E-Autos zu werden.

Auf diesem Weg zur E-Auto-Größe ist Volkswagen auch engagiert in der CEO Alliance for Europe’s Recovery, Reform and Resilience, die im Jahr 2020 als Action Tank gegründet wurde, um gemeinsam an praktischen Lösungen in sektorübergreifenden Klimaschutzprojekten zu arbeiten. Die CEO-Allianz formierte sich 2020 vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie und dem europäischen Green Deal. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die EU zur weltweit führenden Region für Klimaschutz zu machen und gleichzeitig Investitionen freizusetzen, Innovationen in Zukunftstechnologien voranzutreiben und zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei geht es ihr u.a. um die Weiterentwicklung und Digitalisierung der Stromnetze, um die Förderung einer kosteneffizienten Integration von dezentralen Ressourcen und um die Stärkung und den Ausbau der öffentlichen Ladenetze für die Elektromobilität, zugleich aber auch um nachhaltige, gesunde Gebäude für die Zukunft des Arbeitens und Wohnens: Nachhaltigkeit in Gebäuden erfordert nach der CEO-Allianz das Zusammenbringen einer Reihe von verschiedenen Akteuren und Lösungen, von Materialien bis hin zu Technologien inklusive der Integration von Elektromobilität in den Gebäudesektor.
Die CEO-Allianz befindet sich im Austausch mit der EU-Kommission, welche wiederum den Ansatz der CEO-Allianz von Innovation und Sektorenkopplung gerade auch im Zusammenhang mit der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität teilt. So wurden von der EU-Kommission zentrale europäische Vorgaben hierzu auf den Weg gebracht: Die EPBD (EU-Gebäuderichtlinie) und die Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, zwei einander ergänzende Rechtsinstrumente. Beide enthalten Vorschriften über die Bereitstellung von Ladepunkten für elektrische Fahrzeuge, aber ihr Anwendungsbereich und die sich aus ihnen für die Mitgliedstaaten ergebenden Verpflichtungen weichen voneinander ab. Die Richtlinie 2014/94/EU gibt den allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Standardisierung und Bereitstellung einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vor (wovon auch die Ladeinfrastruktur für elektrische Fahrzeuge erfasst wird), einschließlich Nutzerinformationen, während in der EPBD besondere Anforderungen zur Errichtung von Infrastruktur für elektrische Fahrzeuge in bestimmten Gebäuden festlegt werden. Artikel 8 der EPBD betrifft Elektromobilität im Zusammenhang mit Stellplätzen auf Parkplätzen, die sich innerhalb von (öffentlichen oder privaten) Gebäuden befinden oder daran angrenzen. Die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Anforderungen des Artikels 8 Absätze 2 bis 8 der EPBD müssen dafür sorgen, dass in Parkplätzen von Gebäuden die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge bereitgestellt wird.
We firmly believe that the EU Green Deal and Next Generation EU will put Europe’s innovation and business ingenuity to the service of the global climate cause, will kick-start a wave of investments into sustainability and resilience and will create future-proof jobs across the EU.
CEO Alliance for Europe’s Recovery, Reform and Resilience, Position Paper, March 19, 2021
Durch Innovationen und neue Technologien können Gebäude auch zur allgemeinen Dekarbonisierung der Wirtschaft einschließlich des Verkehrssektors beitragen. So können Gebäude der Entwicklung der notwendigen Infrastrukturen für das intelligente Aufladen von Elektrofahrzeugen dienen und den Mitgliedstaaten eine Grundlage bieten, wenn sie sich für die Nutzung von Autobatterien als Energiequelle entscheiden.
EMPFEHLUNG (EU) 2019/1019 DER KOMMISSION vom 7. Juni 2019
zur Modernisierung von Gebäuden
Siehe auch schon:
EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2018: Neue Vorschriften zu Ladestationen für E-Autos sind verhandelt

Der Bundestag hat nun mit dem GEIG die Vorgaben des Artikel 8 EPBD umgesetzt. Das Gesetz ist am 25. März 2021 in Kraft getreten. Es schafft die Voraussetzungen und die Möglichkeiten für das Laden von Elektrofahrzeugen zu Hause, am Arbeitsplatz und bei der Erledigung alltäglicher Besorgungen durch die Erstellung einer vorbereitenden Leitungsinfrastruktur und die Bereitstellung von Ladepunkten auf Parkplätzen von Wohn- und Nichtwohngebäuden. Es regelt die Errichtung von und die Ausstattung mit der vorbereitenden Leitungsinfrastruktur und der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität in zu errichtenden und bestehenden Gebäuden.
Kann es mit dem Markthochlauf der Elektromobilität mithalten? Das Gesetz weist nicht unwesentliche Änderungen gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung auf.
Dadurch werden der Kreis der Verpflichteten sowie die Ausstattungspflicht erweitert und bessere Voraussetzungen dafür geschaffen, den Ausbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität zu beschleunigen.
BT-Drucksache 19/26587
Eine begleitende Entschließung des Bundestages lässt erahnen, dass der Bundestag Mühe hat, die Entwicklungen zu antizipieren: Er fordert die Bundesregierung auf, ein Vorziehen der Evaluierung des Gesetzes auf das Jahr 2023 zu prüfen. In der Evaluierung ist auch zu untersuchen,
- wie sich die Elektromobilität, die Ladeinfrastruktur, die Verteilnetzkapazitäten und die Kosten für Hausanschlüsse seit dem Inkrafttreten des Gesetzes entwickelt haben,
- inwieweit einerseits die Förderung und andererseits die Vorgaben des Gesetzes zu dieser Entwicklung beigetragen haben,
- wie sich Quartierslösungen beim Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur entwickelt haben (zugleich sollen Quartierslösungen als alternative Erfüllungsoption geprüft und mit der EU-Kommission erörtert werden),
- welche Hemmnisse für die Nutzung von Ladeinfrastruktur bestehen,
- wie die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie zur Ausstattung von Gebäuden mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union umgesetzt wurden.
Das neue Gesetz gilt mit seinem Inkrafttreten am 25. März 2021
- für Vorhaben, für welche die Bauantragstellung oder der Antrag auf bauaufsichtliche Zustimmung oder die Bauanzeige ab dem Inkrafttreten erfolgt ist.
- für Vorhaben, die nach Maßgabe des Bauordnungsrechts der zuständigen Behörde zur Kenntnis zu geben sind, soweit der Eingang der Kenntnisgabe bei der zuständigen Behörde ab Inkrafttreten erfolgt,
- für sonstige nicht genehmigungsbedürftige, insbesondere genehmigungs-, anzeige- und verfahrensfreie Vorhaben, soweit der Beginn der Bauausführung ab dem Inkrafttreten erfolgt.
Siehe auch zu einer weiteren gesetzlichen Neuerung: WEG- und Mietrechtsreform 2020 – Neues zu Ladestationen für E-Autos und zur Vermietung von Wohnungseigentum
Zum GEIG
Das GEIG sieht nun das Folgende vor (nächste Seite):
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