Bekanntlich haben sich Vertreter des Europäischen Parlaments und des Europäische Rates bereits über einen gemeinsamen Text für die von der Europäischen Kommission initiierten Reform der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verständigt (siehe schon: EU-Richtlinie 2018: Neue Vorschriften zur Energieeffizienz von Gebäuden und zu Ladestationen für E-Autos nehmen Gestalt an). Diese Einigung wurde zwischenzeitlich von den EU-Botschaftern bestätigt. Damit geht ein Teil des Paketes „Saubere Energie“ der Europäischen Kommission endgültig auf die Zielgerade (siehe auch schon hier: EU-Parlament beschließt Änderungen bei EU-Richtlinien / Verordnung zu erneuerbaren Energien, Energieeffizienz & Energieunion).
Die neugefasste Richtlinie soll insbesondere
- die Energieeffizienz von Gebäuden verbessern,
- Anreize für Gebäuderenovierungen schaffen,
- einen Intelligenzindikator für Gebäude einführen,
- Inspektionen von Heizungs- und Klimaanlagen vereinfachen und
- durch vermehrte Einrichtung von Stellplätzen für Elektrofahrzeuge zur Steigerung der Elektromobilität beitragen.
Wie geht es nun weiter?
- Nach der förmlichen Billigung durch den Rat und das Parlament wird die Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
- 20 Tage danach tritt sie in Kraft.
- Die Frist für die Umsetzung in nationales Recht beträgt 20 Monate.
Das Europäische Parlament hat seine 1. Lesung für den 16. April 2018 terminiert.
Bis dahin schauen wir uns auszugsweise einige Punkte aus der aktuellen Vereinbarung zur E-Mobilität an.
Wieso die Elektromobilität im Gebäudesektor gefördert werden soll
- Um den Gebäudesektor zu digitalisieren, sollen gezielt Anreize geschaffen werden, um intelligente Systeme und digitale Lösungen in der bebauten Umwelt zu fördern.
- Innovation und neue Technologien ermöglichen es nach der Vorstellung des Normgebers dem Gebäudebereich auch, die allgemeine Dekarbonisierung der Wirtschaft, einschließlich des Verkehrssektors, zu unterstützen.
- So sollen Gebäude für die Entwicklung der für die smarte Aufladung von Elektrofahrzeugen erforderlichen Infrastruktur genutzt werden können und sie sollen auch eine Grundlage für die Mitgliedstaaten bilden, wenn sie sich dafür entscheiden, Autobatterien als Energiequelle zu nutzen (siehe etwa zum „Vehicle to Grid“-Ansatz hier).
- Dabei geht der Normgeber davon aus, dass Elektrofahrzeuge in Kombination mit einem erhöhten Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weniger CO2-Emissionen verursachen und zu einer besseren Luftqualität führen und daher ein wichtiger Bestandteil einer sauberen Energiewende sind.
Zum Zweck der Begriffsdefinition verweist der aktuelle Richtlinienentwurf auf die Richtlinie 2014/94/EU. Ein „Ladepunkt” ist demnach eine Schnittstelle, mit der zur selben Zeit entweder nur ein Elektrofahrzeug aufgeladen oder nur eine Batterie eines Elektrofahrzeugs ausgetauscht werden kann. Ein „Elektrofahrzeug” ist demnach ein Kraftfahrzeug mit einem Antriebsstrang, der mindestens einen nichtperipheren elektrischen Motor als Energiewandler mit einem elektrisch aufladbaren Energiespeichersystem, das extern aufgeladen werden kann, enthält.
Wie soll die Elektromobilität gefördert werden?
- Bauvorschriften können nach der Vorstellung des Normgebers durch die Einführung gezielter Anforderungen wirksam genutzt werden, um den Einsatz der Ladeinfrastruktur in Parkhäusern von Wohn- und Nichtwohngebäuden zu unterstützen.
- Die Mitgliedstaaten sollen auch Maßnahmen zur Vereinfachung der Einführung von Ladeinfrastrukturen vorsehen, um Hemmnisse wie z.B. getrennte Anreize und administrative Komplikationen zu beseitigen, auf die einzelne Eigentümer stoßen, wenn sie versuchen, eine Ladestation auf ihrem Parkplatz einzurichten (Leser dieses Forums erinnern sich an dieser Stelle an die Bundesrat-Initiative zum WEG- und Mietrecht auf nationaler Ebene ).
- Die Festlegung von Anforderungen an die Elektromobilität auf Unionsebene in Bezug auf die Vorrüstung von Parkplätzen und die Installation von Ladestationen ist nach der Vorstellung des Normgebers ein wirksames Mittel, um Elektrofahrzeuge in naher Zukunft zu fördern und mittel- bis langfristig weitere Entwicklungen zu geringeren Kosten zu ermöglichen.
- Die Mitgliedstaaten sollen die Entwicklung der Elektromobilität in ausgewogener und kosteneffizienter Weise sicherstellen. Insbesondere bei größeren Renovierungsarbeiten, die die elektrische Infrastruktur betreffen, soll ein entsprechender Ausbau der Leitungsinfrastruktur erfolgen.
- Bei der Umsetzung der Anforderungen an die Elektromobilität in nationales Recht sollen die Mitgliedstaaten potentiell unterschiedliche Bedingungen gebührend berücksichtigen, wie etwa
- das Eigentum an Gebäuden und angrenzenden Parkplätzen,
- öffentliche Parkplätze, die von privaten Einrichtungen betrieben werden, und
- Gebäude, die sowohl als Wohngebäude als auch als Nichtwohngebäude fungieren.
- Die Mitgliedstaaten sollen bei der Umsetzung der Richtlinie auch
- die einschlägigen nationalen, regionalen und lokalen Gegebenheiten sowie mögliche diversifizierte Bedürfnisse und Gegebenheiten auf der Grundlage von Fläche, Gebäudetypologie, Abdeckung des öffentlichen Verkehrs und anderen relevanten Kriterien berücksichtigen, um einen angemessenen Einsatz von Ladestellen zu gewährleisten, und
- die Notwendigkeit einer ganzheitlichen und kohärenten Stadtplanung sowie die Förderung alternativer, sicherer und nachhaltiger Verkehrsträger und ihrer unterstützenden Infrastruktur berücksichtigen, beispielsweise durch eine spezielle Parkinfrastruktur für Elektrofahrräder und für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
- Bei der Erforschung und Erprobung neuer Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz historischer Gebäude und Stätten soll gleichzeitig das kulturelle Erbe geschützt und bewahrt werden.
- Der Gesetzgeber sieht für bestimmte Regionen der EU wegen deren spezifischen Anfälligkeit, Abgelegenheit und Isolierung die Möglichkeit vor, die Anforderungen der Elektromobilität nicht anzuwenden. Wer jetzt an abseitige Länder wie Polen oder Ungarn denkt, mag der Sache nach im Ergebnis Recht haben. Gemeint ist jedoch nicht die politische Isolierung aus der EU-Rechtsgemeinschaft, sondern die geographische Lage von eher sonnigeren Gefilden wie Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Réunion, Saint-Barthélemy, Saint-Martin, die Azoren, Madeiras und die Kanarischen Inseln (vgl. Art. 349 AEUV).
Der Regelungsgehalt
Bei neuen Nichtwohngebäuden und Nichtwohngebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, sofern das Gebäude über mehr als zehn Parkplätze verfügt, dass mindestens ein Ladepunkt und eine Leitungsinfrastruktur, d. h. Leitungen für elektrische Kabel, für mindestens einen von fünf Parkplätzen installiert werden, damit in den folgenden Situationen in einem späteren Stadium Ladepunkte für Elektrofahrzeuge eingerichtet werden können:
- Der Parkplatz befindet sich im Inneren des Gebäudes, und, im Fall von größeren Renovierungen, die Renovierungsmaßnahmen umfassen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes. Oder
- Der Parkplatz ist physisch an das Gebäude angrenzend und, im Fall von größeren Renovierungen, die Renovierungsmaßnahmen umfassen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Parkplatzes.
Die Mitgliedstaaten legen die Anforderungen für die Einrichtung einer Mindestzahl von Ladestellen für alle Nichtwohngebäude mit mehr als zwanzig Stellplätzen bis zum 1. Januar 2025 fest.
Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Anforderungen nicht für Gebäude festzulegen oder anzuwenden, die sich im Besitz kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) befinden und von diesen genutzt werden.
Bei neuen Wohngebäuden und Wohngebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, sofern das Gebäude über mehr als zehn Parkplätze verfügt, dass die Leitungsinfrastruktur, d.h. Leitungen für elektrische Kabel, installiert wird, um in den folgenden Situationen zu einem späteren Zeitpunkt die Einrichtung von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge für jeden Parkplatz zu ermöglichen:
- Der Parkplatz befindet sich im Inneren des Gebäudes, und, im Fall von größeren Renovierungen, die Renovierungsmaßnahmen umfassen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes. Oder
- Der Parkplatz ist physisch an das Gebäude angrenzend und, im Fall von größeren Renovierungen, die Renovierungsmaßnahmen umfassen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Parkplatzes.
Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Anforderungen unter den folgenden Umständen nicht auf bestimmte Gebäudekategorien anzuwenden:
- wenn Anträge auf Baugenehmigung oder gleichwertige Anträge vor oder innerhalb eines Jahres nach dem in Artikel 3 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie genannten Zeitpunkt gestellt wurden;
- wenn die erforderliche Leitungsinfrastruktur auf isolierte Mikrosysteme oder in Regionen in äußerster Randlage angewiesen wäre, wenn dies zu erheblichen Problemen für den Betrieb des lokalen Energiesystems führen und die Stabilität des lokalen Netzes gefährden würde;
- wenn die Kosten für die Lade- und Leitungsanlagen 7 % der Gesamtkosten der größeren Renovierung des Gebäudes übersteigen;
- wenn ein öffentliches Gebäude bereits durch vergleichbare Anforderungen gemäß Richtlinie 2014/94/EG erfasst ist.
Die Mitgliedstaaten sehen Maßnahmen vor, um die Einrichtung von Ladepunkten in neuen und bestehenden Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden zu vereinfachen und mögliche regulatorische Hindernisse, einschließlich Genehmigungs- und Zustimmungsverfahren, zu beseitigen, unbeschadet des Eigentumsrechts und des Mietrechts der Mitgliedstaaten.
Die Mitgliedstaaten prüfen die Notwendigkeit kohärenter Politiken für Gebäude, sanfte und grüne Mobilität und Stadtplanung.
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