Jeder in der Projektentwicklung Tätige wird das schon erlebt haben: Baubehörden, die nicht entscheiden wollen, manchmal aus Gründen der Kapazität auch nicht können. Die Nichtentscheidung über den Bauantrag führt zum Stillstand.

Mangels Genehmigungserteilung geht die Projektentwicklung oder gar der Bau nicht vorran. Und mangels Genehmigungsverweigerung wird der Weg zu den Gerichten vorenthalten. Das eine schränkt die Eigentümerrechte ein, das andere auch den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Gesetzliche Genehmigungsfiktionen und Entscheidungsfristen im Baurecht sind oft unsicher und werden von den Baubehörden auch gerne mal ausgehebelt. Untätigkeitsklage und einstweiliger Rechtsschutz sind im Baurecht eher unbeliebt bei den Gerichten, um es vorsichtig zu formulieren.

Was also machen?

Den Blick nach Texas richten, ohnehin ein eher baufreundlicher Bundesstaat, auch im US-Maßstab. Dort liegt der Legislative ein Gesetzgebungsvorschlag vor (88(R) HB 14), der für Aufmerksamkeit sorgt und auch hierzulande Begehrlichkeiten weckt. Was beinhaltet er?

  • Wenn die Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung nicht bis zum 15. Tag nach dem Zeitpunkt, der nach den gesetzlichen Baubestimmungen für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag vorgeschrieben ist, genehmigt, bedingt genehmigt oder ablehnt, kann die Prüfung und Entscheidung über die Genehmigung durch eine fachlich qualifizierte und staatlich anerkannte Drittperson vorgenommen werden.
  • Die Drittperson muss alle anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen erfüllen und innerhalb von 15 Tagen nach Abschluss seiner Prüfung der Bauaufsicht Mitteilung machen.
  • Die Entscheidung der Drittperson kann vom Antragsteller bei der Baubehörde innerhalb von 15 Tagen angefochen werden. Wenn die Baubehörde die Entscheidung der Drittperson nicht innerhalb von 60 Tagen nach Anfechtung bestätigt, gilt die Genehmigung als erteilt.
  • Die Baubehörde darf von einem Antragsteller nicht einen Verzicht auf die Fristen oder auf das Verfahren verlangen.

Ist das ein tauglicher Ansatz auch hierzulande, gerade auch wenn im Wohnungsbau die Absichten zur Beschleunigung von Planung, Genehmigung und Realisierung nicht greifen (siehe auch: Quo vadis Wohnungsbau)?

Tatsächlich liegt aktuell ein Gesetzgebungsvorschlag im Bundestag, der aus der Erkenntnis, dass etwas nicht wie geplant vorrangeht, eine Änderung der Rahmenbedingungen folgert und dabei dem Investierenden insbesondere ein Ersatzvornahmerecht einräumt.

Allerdings geht hierbei um den Entwurf eines Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende, mit welchem der Smart-Meter-Rollout und die Digitalisierung der Netze beschleunigt werden soll.

  • Eine neu eingeführte Fristvorgabe gegenüber dem grundzuständigen Messstellenbetreiber in Kombination mit einem Selbstvornahmerecht durch einen fachkundigen Dritten soll dabei einen zügigen Netzanschluss absichern und zugleich dem Anschlussnehmer ein letztes Mittel in die Hand geben, um in Ausnahmefällen selbst für eine rechtzeitige Änderung oder Ergänzung einer Messeinrichtung zu sorgen, wenn dies durch den Messstellenbetreiber nicht gewährleistet ist.
  • Derartige Maßnahmen sollen insbesondere für den Neuanschluss von Erneuerbare-Energien-Erzeugungsanlagen, Wärmepumpen und Ladepunkten für Elektromobile häufig Voraussetzung sein und bislang oftmals an Lieferproblemen und Personalmangel der grundzuständige Messstellenbetreiber gescheitert sein.
  • Der Anschlussnutzer bzw. Anschlussnehmer bekommt also als ultima ratio die Möglichkeit, nach Ablauf einer Frist ersatzweise selbst und auf eigene Kosten geeignete Messtechnik einbauen zu lassen, um auf diese Weise die messtechnischen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Anlage herbeiführen zu können.

So weit, wie man gegenüber dem Messstellenbetreiber im Hinblick auf den Einbau von Messtechnik geht, möchte und kann man gegenüber der Bauaufsicht im Hinblick auf Baugenehmigungen aber nicht gehen. Immerhin aber hatte sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag nicht nur auf diverse Beschleunigungsmaßnahmen für Planung, Genehmigung und Bau verständigt, sondern sogar nicht weniger als eine auf Rechtssicherheit und gegenseitigem Vertrauen fußende Planungskultur in Deutschland in Aussicht gestellt, zu der es auch gehört, die Einsatzmöglichkeiten für private Projektmanagerinnen und Projektmanager auszudehnen.

Der Weg von dort zu einer Ersatzvornahme nach dem Texanischen Vorschlag ist weit. Eine ordnungspolitische Grundlage dafür gibt es aber schon: Das Konzept des Gewährleistungsstaates. Bezeichnet wird damit der Rückzug des Staates von der „eigenhändigen“ Aufgabenerledigung, verbunden mit dem Einrücken Privater in die Leistungserbringung, wobei der Staat für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die einbezogenen Privaten zu sorgen und die Gewährleistungsverantwortung in Form einer Pflicht zur Ergebnissicherung innehat. Bekannt ist das vom PPP-Ansatz, der übrigens auch im Koalitionsvertrag befürwortet wird und durch Klimaschutzmaßnahmen weiteren Auftrieb bekommt.

Bei allen rechtlichen Unterschieden hierzulande kann aber doch der Gedanke lohnen, der dem Texanischen Regulierungsvorschlag zugrundeliegt: Er schafft einen marktbasierten Mechanismus, durch den staatlich anerkannte Fachleute Ihre Kapazitäten und ihr Know-how so einsetzen können, dass ein Engpass, der bei Bauaufsichtsbehörden besteht, umgangen und ein Genehmigungsstau vermieden wird.

„Get the job done.“

Darum geht es, aus Bauherren- und aus Behördensicht.


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