Das deutsche Bau- und Wohnungswesen ist weiterhin in Bewegung: Das sogenannte Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen hat Ende November 2015 seine Empfehlungen vorgelegt, aus denen das BMUB nun eine Wohnungsbau-Offensive ableitet. Passend hierzu hat der Arbeitskreis der Gutachterausschüsse und Oberen Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland Anfang Dezember 2015 den Immobilienmarktbericht Deutschland 2015 herausgegeben. Zugleich soll im BMJ an einer Mietrechtsreform 2016 gearbeitet werden.
Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen hat
- die Kernempfehlungen und Maßnahmen,
- die Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppen und
- den Bericht der Baukostensenkungskommission
vorgelegt.
Unter anderem sind die bekannten Forderungen nach eine Revision des baulichen Normungswesens unter Beachtung einer Kosten-Nutzen-Abwägung zu nennen, welche von der Bauministerkonferenz schon beschieden worden sind. So wurde
- ein Sonder-Präsidialausschuss Bauen und Gebäude (PBG) im DIN eingerichtet, der durch gremienübergreifende Koordinierung und Steuerung von Normungsaufgaben und Normungsprojekten Kostensenkungspotentiale im Normungsbereich identifizieren und realisieren soll, und
- eine AG Standards im Bauwesen im BMUB aufgebaut, die unter Beteiligung von Ländern und Verbänden prüfen soll, inwiefern insbesondere durch eine Ermittlung und Darstellung von den durch technische Regelsetzung verursachten Kosten Anreize zur Kostenreduzierung gesetzt werden können.
Um mehr Wohnungsbau zu ermöglichen, zum Beispiel durch Aufstockung vorhandener Gebäude, soll die bauliche Dichte erhöht werden. Zu diesem Zweck soll u.a. die Baunutzungsverordnung (BauNVO) überarbeitet werden. Die Schaffung eines neuen Baugebietstyps mit flexibleren Nutzungsmischungen für Wohnen und Gewerbe (urbanes Gebiet) sowie eine höhere bauliche Dichte in Innenstadtquartieren unter Berücksichtigung ihrer Nutzungsfunktion sowie sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte werden als geeignete Instrumente angesehen, um den Anforderungen an erhöhte Wohn- und Nutzungsbedarfe gerecht zu werden. Diesen Forderungen spielen die hohen Baustandards inbesondere zum Schallschutz in die Hände, wie der ZIA gesondert herausstellt: Demnach ermöglichen die hohen Baustandards insbesondere im Bereich der Schallisolierung bereits die flexible Nutzungsmischung ohne Lärmbelästigung für Bewohner und Nutzer, was in der Gesetzgebung (etwa BauNVO, BimSchG, TA Lärm) bislang aber nicht berücksichtigt werde.
Diese wie weitere Forderungen, unter anderem nach öffentlicher (Wohnraum-) Förderung, Baulandmobilisierung und Optimierung der steuerlichen Rahmenbedingungen, richten sich primär an den Staat. Der Blick wird aber auch auf die Bau- und Wohnungswirtschaft selbst gerichtet, konkret auf eine Optimierung des Bauverfahrens:
- Wohnungs- und Bauwirtschaft sollen zeitgemäße Formen des industriellen Bauens entwickeln und effektive Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Bau- und Wohnungsunternehmen in frühen Planungsphasen gestalten.
- Deutliche Kostensenkungen sollen durch integrales Planen erreicht werden: Interdisziplinäre Planungsteams sollen Baunebenkosten senken und zu einer besseren Prozess- und Bauqualität führen (siehe zur Prozessqualität im Nachhaltigkeitsansatz).
Die Arbeitsgruppe Soziales und klimafreundliches Wohnen und Bauen hatte sich im Besonderen mit den folgenden Themen beschäftigt:
- Weiterentwicklung der CO2-Gebäudesanierungsprogramme, Fortentwicklung des Marktanreizprogramms für erneuerbare Energien, Energieberatung
- Klimafreundliches Bauen begehrlich machen
- Energetische Mietspiegel
- Mietrecht
- Weiterentwicklung der EnEV
- Heizkostenabrechnung
- Klimakomponente im Wohngeld
- Angemessenheit der Heizkosten bei den Kosten der Unterkunft und Heizung der Grundsicherung
- Energetische Stadtsanierung
- Förderbonus bei der Kombination energetischer Sanierung und altersgerechtem Umbau
- Mieterstrom (siehe hierzu schon den gesonderten Beitrag)
- Beseitigung möglicher steuerlicher Hemnisse für Wohnungsunternehmen
Die Wohnungsbau-Offensive des BMUB will durch die folgenden Maßnahmen Anreize setzen für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnungsbau:
- Bauland bereitstellen und Grundstücke der öffentlichen Hand verbilligt und nach Konzeptqualität vergeben;
- Wohnsiedlungen nachverdichten, Brachflächen und Baulücken schließen;
- Soziale Wohnraumförderung und genossenschaftliches Wohnen stärken;
- Zielgenaue steuerliche Anreize für mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen;
- Übernahme einer einheitlichen Musterbauordnung in den Ländern anstreben;
- Normungswesen auf den Prüfstand stellen (siehe hierzu schon den gesonderten Beitrag);
- Serielles Bauen für ansprechenden und günstigen Wohnraum forcieren;
- Stellplatzverordnungen flexibilisieren;
- Energie-Einsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz strukturell neu konzipieren (siehe hierzu schon den gesonderten Beitrag);
- Gemeinsam für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung für Neubauvorhaben werben.
Zum Maßnahmenkatalog des BMUB vom 20.01.2016 siehe hier.
Im Hinblick auf die vom Bundesjustizministerium beabsichtigte Mietrechtsreform sind die folgenden Änderungen im Gespräch:
- Reduzierung der Möglichkeit zur Erhöhung der Miete infolge Modernisierung von 11 % auf 8 %.
- Verlängerung des Bezugszeitpunkts zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von 4 auf 10 Jahre.
- Stärkung der Mieterrechte bei finanziellen Härten durch Modernisierungsmaßnahmen.
- Einführung neuer Kappungsgrenze: Keine Erhöhung der Miete innerhalb von 8 Jahren um mehr als 50 % und nicht um mehr als Euro 4 pro qm.
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