Das Haftungspotential und die Haftungsrisiken aus einem zwischen Käufer und Verkäufer neben einem Immobilienkaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrag war bereits mehrfach Thema in diesem Blog (ausführlich und zur Frage, wann ein solcher Beratungsvertrag zustande kommt hier, zuletzt  hier). Nun hat der BGH (Urteil vom 17. Juni 2016 – V ZR 134/15) erneut hierzu entschieden und dabei den Inhalt der Beratungspflicht bei Wohnungseigentums-Kapitalanlageobjekten fortgeschrieben.


Höhere Zuzahlungen begründen nicht zwingend Beratungsfehler

Muss der Käufer infolge einer Differenz zwischen den Finanzierungskosten und den Mietausschüttungen erhöhte Zuzahlungen leisten als beim Ankauf angenommen, so braucht dies nach dem BGH nicht notwendigerweise auf Beratungsfehler zurückzuführen sein. Denn die Ursachen hierfür können vilefältig sein:

  • Die höheren Zuzahlungen können etwa auf einem plötzlich eingetretenen Zahlungsverzug des Mieters oder einer Mietminderung wegen eines neu aufgetretenen Mangels beruhen.
  • Im Fall der Teilnahme an einem Mietpool kann das Auseinanderfallen von versprochener und erzielter Miete auch auf einer unvorhergesehenen schlechten Entwicklung des Mietpools infolge unerwartet hoher Leerstände nach Vertragsschluss beruhen.
  • Ferner besteht die Möglichkeit, dass die Eigentümerversammlung nach der Beratung der Käufer unerwartet Beschlüsse über umzulegende Kosten gefasst haben, die die Ursache einer monatlichen Mehrbelastung und geringeren Ausschüttungen darstellen.

Diese Ursachenvielfalt ist auch für die Verjährung des Schadensersatzanspruches des Käufers relevant: Die geltende regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Aufgrund der vielfältigen Ursachen für erhöhte Zuzahlungen kann allein die Kenntnis des Käufers hiervon noch nicht die Kenntnis von einer fehlerhaften Beratung und damit noch nicht den Verjährungsbeginn begründen:

Bei einem Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung über die Höhe der monatlichen Zuzahlung im Fall des Erwerbs einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage liegt die erforderliche Kenntnis anspruchsbegründender Umstände erst vor, wenn der Käufer nachvollziehen kann, worauf die höhere Zuzahlung zurückzuführen ist. Dies ist ihm regelmäßig erst nach Erhalt der Jahresabrechnung der Woh-nungseigentümergemeinschaft bzw. des Mietpools für den betroffenen Zeitraum möglich.


Zwischen unverbindlicher Prognose zu Wertsteigerungen und verbindlichen Rentabilitätsangaben des Verkäufers

Ein zwischen Verkäufer und Käufer bestehende Beratungsvertrag verpflichtet den Verkäufer

  • zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände,
  • die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können.

Wird als Kaufanreiz die wirtschaftliche Rentabilität des Erwerbs herausgestellt, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen tatsächlichen Umstände richtig und vollständig informieren. Er verletzt daher seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie oder ihres Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst.

Abzugrenzen sind solche Beratungsfehler von nicht haftungsbegründende Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarktes, welche sich später als unrichtig erweisen. Erforderlich für die Annahme eines Beratungsfehlers sind  unrichtige bzw. unterlassene Angaben zu spezifischen, aus den individuellen Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken, welche die in Aussicht gestellte Rentabilität des Erwerbs erheblich zu mindern oder gar auszuschließen vermögen.

Dies ist etwa der Fall, wenn ein gewinnbringender Verkauf der Wohnung nach dem in dem Beratungsgespräch angegebenen Zeitraum wegen eines überhöhten Erwerbspreises von vornherein, d.h. unabhängig von dem in der Erklärung enthaltenen spekulativen Element, ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich ist.

Ist der dargestellte gewinnbringende Verkauf der Wohnung nach zehn Jahren wegen eines überhöhten Erwerbspreises jedoch von vornherein ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich, hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltigkeit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte Rentabilität des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können.

Zu Eigenaufwendungen, Steuervorteilen und Finanzierungslaufzeiten

Gegenstand der Beratungspflichten des Verkäufers einer Immobilie, die zu Anlagezwecken erworben wird, sind vor allem die laufenden Aufwendungen, die der Interessent erbringen muss. Nach dem BGH bildet die Ermittlung des Eigenaufwands des Käufers das Kernstück der Beratung.


Wird bei der Beratung auf Steuervorteile hingewiesen, müssen

  • die Voraussetzungen für deren Eintritt wie auch
  • deren Höhe zutreffend dargestellt werden.
  • Entfallen die steuerlichen Vergünstigungen nach einem bestimmten Zeitraum, so dass sich die Belastungen des Käufers erhöhen, ist auch darüber aufzuklären.

Wird eine langfristige Finanzierung eines Immobilienkaufs mit damit einhergehenden Steuervorteilen und zugleich ein Annuitätendarlehen vorgeschlagen, ist über eintretende negative Auswirkungen des sich Jahr für Jahr verringernden Zinsanteils der Darlehensraten auf den Steuervorteil aufzuklären.


Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch über die Laufzeit der vorgeschlagenen Finanzierung aufzuklären, etwa wenn über den tatsächlichen Zeitraum der Finanzierung Unklarheit herrscht. Hat die vorgeschlagene Finanzierung etwa die Folge, dass sie erst mehrere Jahre nach Eintritt des Rentenalters vollständig abgeschlossen ist, kann sie einen etwa erfolgten Zweck der Alterssicherung nicht erfüllen. Denn sie führt dann nicht zu der in Aussicht gestellten zusätzlichen Altersversorgung, sondern im Gegenteil zu einer Belastung, die gerade vermieden werden soll. Ist dagegen die Laufzeit des Darlehensvertrages für den Käufer ohne weiteres aus der Vertragsurkunde ersichtlich, so ist insoweit kein Beratungsfehler begründet.


Siehe zur Haftung für Werbeangaben bei Immobilientransaktionen auch ein weiteres aktuelles BGH-Urteil.


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