Mitte letzten Jahres hatte der Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) mitgeteilt, dass aus Anlass der Neuregelung des Bauvertragsrechts im BGB die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) reformiert werden soll.
Nun hat nach Mitteilung des BMUB der Hauptausschuss Allgemeines (HAA) mit Beschluss vom 18.01.2018 mehrheitlich entschieden, die VOB/B zunächst unverändert zu lassen.
Die Begründung leuchtet aus Sicht des Ausschusses durchaus ein: Eine Überarbeitung der VOB/B wäre derzeit verfrüht, da über die Neuregelungen im BGB noch keine hinreichende Rechtssicherheit besteht. An dieser Neuregelung des BGB soll sich aber die Reform der VOB/B ausrichten. Man sieht es als problematisch an, wenn die Praxis sich zeitgleich zum Inkrafttreten des gesetzlichen Bauvertragsrechts im BGB auch auf eine veränderte VOB/B einstellen müsste, obwohl die erforderliche Rechtssicherheit neuer VOB/B-Regelungen mangels gesicherter Auslegung des BGB-Bauvertrags noch nicht gewährleistet ist.
Es wird daher für erforderlich gehalten, zunächst die aktuelle Diskussion zum BGB-Bauvertrag in der Fachwelt und die Rechtsprechung zu beobachten. Der HAA befürwortet mithin eine Weiterentwicklung der VOB/B, will aber zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung zum neuen gesetzlichen Bauvertragsrecht verfolgen, insbesondere unter AGB-rechtlichen Aspekten.
So nachvollziehbar die Intention des Ausschusses ist, für die Baupraxis kann ein solches Abwarten nicht gelten. Für Bauvertragsparteien, die ab dem 01.01.2018 Bauverträge mit Verweis auf die VOB/B vereinbaren bzw. vereinbart haben, stellt sich schon jetzt das Problem, welches ein Grund für die angestrebte Überarbeitung der VOB/B war: Die gesetzliche Neuregelung im BGB stimmt inhaltlich nicht bzw. nicht vollständig mit den VOB/B-Bestimmungen überein (siehe schon hier: Reform des Bauvertragsrechts 2018: Neue VOB/B kommt).
Wer hier weiterhin 1:1 auf die VOB/B verweist, läuft Gefahr, sich Vorteile entgehen zu lassen, welche die Neuregelung im BGB für die eine oder andere Partei bereithält.
Außerdem können sich bei einer unveränderten Vereinbarung der „veralteten“ VOB/B auf Grundlage des neuen BGB-Bauvertragsrechts AGB-rechtliche Unwirksamkeitsrisiken ergeben. Das gilt schon unter dem Gesichtspunkt des AGB-rechtlichen Transparenzgebots.
Nach dem Transparenz- sowie dem davon erfassten Bestimmtheitsgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen verpflichtet, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen und die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau zu beschreiben, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Dazu gehören die Anforderungen, dass
- die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert sein muss,
- die Regelung auch im Kontext mit den übrigen Regelungen des Klauselwerks verständlich sein muss, und
- dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang aufgeführt werden müssen oder der Zusammenhang in anderer Weise, etwa durch Bezugnahme auf konkrete Klauseln, deutlich gemacht werden muss.
Besondere Anforderungen gelten, wenn im Rahmen der Vertragsgestaltung Gesetzesregelungen wiedergegeben werden: In diesem Fall kann der Verwender der AGB auf eine konsistente Wiedergabe dieser Rechte verpflichtet sein. Sollte durch Angaben von Gesetzesrecht die Klauselformulierung oder -gestaltung unklar oder mehrdeutig und die Gefahr von Miss- oder Fehlvorstellungen hervorgerufen oder verstärkt werden, kann die jeweilige Klausel unwirksam sein (siehe schon hier).
Wer also eine VOB/B verwendet, die auf veraltetes Recht verweist, und nicht hinreichend transparent regelt, ob und inwieweit das neue Bauvertragsrecht des BGB gelten soll, setzt sich ohne Not schon aus formalen Gründen AGB-rechtlichen Unwirksamkeitsrisiken aus. Darüber hinaus mag die Neuregelung des Bauvertragsrecht im BGB, soweit es leitbildfähige Regelungen zum Werk-/Bauvertrag enthält, geeignet sein, einzelne Bestimmungen der VOB/B auch inhaltlich in Frage zu stellen, auch wenn es hierzu selbstredend noch keine gefestigte Rechtsprechung gibt (siehe zum „ersten BGH-Urteil zum neuen § 648a BGB“ hier).
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