Einleitung
Um die CO2-Emissionen im Gebäudebestand zu senken, hat der Deutsche Bundestag – dem Klimaprogramm der Bundesregierung folgend – beschlossen, ab 2021 den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid in den Sektoren Verkehr und Gebäude mit einem Preis zu versehen. Schon seit Dezember 2019 gilt das Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz –BEHG), mit dem mit Wirkung zum Jahresbeginn 2021 eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme (Non-ETS-Sektor) eingeführt worden ist.
Die Bepreisung soll dadurch erfolgen, dass die sogenannten Inverkehrbringer aller Kraft- und Brennstoffe ab dem Jahr 2021 zu einer Teilnahme an einem nationalen Emissionshandelssystem verpflichtet werden, um den freigesetzten CO2-Ausstoß auszugleichen. Das damit zum Beginn des Jahres gestartete nationale Emissionshandelssystem (nEHS) erfasst die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe (insbesondere Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle) und umfasst im Sektor Wärme die Emissionen der Wärmeerzeugung des Gebäudesektors und der Energie- und Industrieanlagen außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS). Mit der Einführung des nEHS 2021 gibt es erstmals auch außerhalb des vom EU ETS erfassten Bereichs einen Preis für den Ausstoß von CO2 in Deutschland.

Nachhaltigkeit:
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. zuletzt BT-Drucksache 19/19929) führt die CO2-Bepreisung zu einer effizienten Reduzierung von Emissionen von Treibhausgasen und dient damit unmittelbar der Einhaltung des Nachhaltigkeitsziels SDG 13 (Umgehende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen) bzw. SDG 13.1a (Treibhausgase reduzieren) und dem Prinzip 3 einer nachhaltigen Entwicklung (Natürliche Lebensgrundlagen erhalten). Ein Brennstoff-Emissionshandel ermöglicht demnach zudem, die Klimaziele kosteneffizient zu erreichen und trägt dadurch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der verschiedenen Wirtschaftsteilnehmer im Sinne des SGD 8.4 (Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) Rechnung. Durch die Bepreisung von Treibhausgasemissionen wird ferner ein Anreiz für innovative Lösungen geschaffen und somit das Ziel i. S. v. SGD 9.1 (Innovation unterstützen) gefördert.
Das Instrument und seine Funktionsweise
Bei dem Emissionshandelssystem handelt es sich um ein marktwirtschaftliches Instrument, mit dem das Klima gemäß dem folgenden Grundprinzip geschützt werden soll: Wer die Luft mit Treibhausgasen belasten will, braucht hierzu entsprechende Rechte (Zertifikate).
Vom nEHS erfasst werden dabei grundsätzlich alle auf den Markt gebrachten Brennstoffe, bei deren Verbrennung CO2Emissionen entstehen, insbesondere Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssiggas, Erdgas und ab 2023 Kohle. Biomasse ist grundsätzlich vom Anwendungsbereich erfasst, jedoch soll für Emissionen aus biogenen Brennstoffen, die die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, keine Abgabepflicht von Zertifikaten bestehen. Für die Jahre 2021 und 2022 wird allerdings die Berichtspflicht nach dem BEHG zunächst auf die wesentlichen Hauptbrennstoffe Benzin, Diesel, Heizöle, Erdgas und Flüssiggase beschränkt.
Wie das Instrument funktioniert:
- Die diese Brennstoffe verbrauchende Unternehmen und Bürger nehmen nicht am nEHS teil. Ein Anknüpfen an den Emittierenden selbst ist nach der Vorstellung des BEHG in den Bereichen Wärme und Verkehr wegen der Vielzahl der Emittenten nicht sinnvoll möglich.
- Das BEHG setzt vielmehr beim Inverkehrbringer von Brennstoffen an. Verpflichtete des nEHS (inklusive Sanktionierung und Bußgeldbewehrung von Verstößen) sind demnach die Inverkehrbringer der Brennstoffe, also etwa Gaslieferanten oder Unternehmen der Mineralölwirtschaft, die nach dem Energiesteuergesetz verpflichtet sind, Energiesteuer zu zahlen. Es handelt sich bei den Inverkehrbringern insbesondere um Großhändler von Brennstoffen, Hersteller von Brennstoffen mit Großhandelsvertrieb sowie Unternehmen, die Brennstoffe nach Deutschland importieren, das heißt im Sinne der Energiesteuer einführen. Grundsätzlich – mit Ausnahmen – gilt, dass es einen Gleichlauf gibt von Energiesteuerpflicht und Verpflichtung nach dem BEHG: Die Pflicht zur Teilnahme am nEHS erfasst diejenigen, die schon nach dem Energiesteuergesetz wegen des Inverkehrbringens von Energieerzeugnissen (auch weiterhin) steuerpflichtig sind.
- Gleichwohl ist das Emissionshandelssystem (auch) auf den Endverbraucher gerichtet: Es ist die Intention des BEHG, mit der Bepreisung von Brennstoffemissionen Kosten und damit emissionsmindernde Verhaltensänderungen zu bewirken. Es wird davon ausgegangen, dass die Inverkehrbringer der Brennstoffe die Kosten aus dem nEHS an ihre Kunden weitergeben und damit bei diesen den gewünschten finanziellen Anreiz zur Emissionsminderung geben. Den CO2-Preis zahlen daher zwar zunächst nicht jene Personen und Unternehmen, die den Brennstoff nutzen und dadurch CO2Emissionen verursachen, sondern die Brennstofflieferanten. Am Ende der Liefer- und Wertschöpfungskette aber werden i.d.R. die Nutzer und Verbraucher der Brennstoffe infolge der Weitergabe des Preises der Emissionszertifikate durch die Inverkehrbringer an die Kunden den Preis für ihre CO2-Emissionen zahlen. Der neue CO2-Preis soll hierdurch Anreize geben, auf klimaschonende Technologien wie Wärmepumpen und Elektromobilität umzusteigen, durch Verhaltensänderungen Energie zu sparen und erneuerbare Energie zu nutzen.
- Folglich werden vom nEHS die potenziellen Emissionen erfasst, nicht die realen Emissionen, die zu einem späteren Zeitpunkt bei der Nutzung der Brennstoffe entstehen (Upstream).
Die Bedeutung für den Gebäudesektor:
Die CO2-Bepreisung für den Gebäudesektor ist entsprechend dem Klimaschutzprogramm 2030 eine zentrale Maßnahme der Gebäude-Renovierungsstrategie der Bundesregierung (siehe hierzu: BReg legt Gebäude-Renovierungsstrategie vor: Fahrplan, Indikatoren und Meilensteine zur Energieeffizienz).
Die Bundesregierung sieht in der CO2-Bepreisung aufgrund seiner energiepreissteigernden Wirkung zugleich ein wichtiges Instrument, um im Gebäudebereich die Rebound-Effekte einzudämmen (siehe schon: Klimaschutz im Gebäudesektor: Branchenvorreiter setzt auf Sektorenkopplung und Quartiersansatz, Politik auf Förderung, GEG, BEHG – und Mieterstrom?).
Die zentrale Frage für den Immobilienbereich im Zusammenhang mit der CO2-Bepreisung ist jene nach der Verteilung der entsprechend höheren Heizkosten zwischen Vermieter und Mieter. Hierzu gibt es intensive Diskussionen im politischen Berlin, zu denen es einen gesonderten Beitrag in diesem Forum geben wird.
Ein weiteres Prinzip des Emissionshandels ist das von „Cap and Trade“:
- Cap: Die ingesamt höchstens zulässigen Treibhausgasemissionen aller Teilnehmer des nEHS werden auf eine Gesamtmenge begrenzt (feste Emissionsziele für den einzelnen Teilnehmer gibt es dagegen nicht). Der Cap stellt die Erreichung von klimapolitischen Emissionsminderungszielen sicher.
- Trade: Je nach dem, welcher Cap klimapolitisch festgesetzt wird, wird das Recht, Treibhausgase zu emittieren, zu einem knappen Gut gemacht, für das sich durch Handel mit Zertifikaten am Markt ein Preis bildet. Der Marktpreis wird gebildet im Wege der Auktionen und dem Handel zwischen den teilnehmenden Unternehmen.
Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt ist für den Vollzug des nEHS verantwortlich. Dort wird auch das nationale Emissionshandelsregister verwaltet.
Minderungsanreiz durch preisbasierte Lenkungswirkung & Refinanzierung:
Dieser in diesem Sinne marktwirtschaftlich funktionierende Emissionshandel soll als kosteneffizientes Lenkungsinstrument gewährleisten, dass die Emissionen dort reduziert werden, wo dies volkswirtschaftlich am günstigsten ist. Der Anreiz zur Emissionsminderung setzt auch bei den am Emissionshandelssystem teilnehmenden Unternehmen an. Ihnen soll ein finanzieller Anreiz gegeben werden, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren: Wenn es kostengünstiger ist, eine Tonne CO2 zu vermeiden, als ein Zertifikat zu kaufen, soll es sich lohnen, den Einsatz von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und technische oder organisatorische Maßnahmen zur Emissionseinsparung durchzuführen. Das CO2-Preissignal soll eine betriebswirtschaftliche Kostenabwägung ermöglichen zwischen der Investition in eine Emissionsminderungsmaßnahme einerseits und dem Zu- oder Verkauf von Emissionsberechtigungen andererseits und dadurch eine Flexibilität der am Emisssionshandel teilnehmenden Unternehmen gewährleisten. Das Ziel einer CO2-Bepreisung besteht also auch darin, durch eine Verteuerung des CO2-Ausstoßes Investitionen in effizientere oder gänzlich klimaneutrale Technologien wirtschaftlicher werden zu lassen als den Weiterbetrieb bestehender Anlagen.
Zugleich soll der Emissionshandel der Refinanzierung anderer Maßnahmen dienen. Die Bundesregierung will die zusätzlichen Einnahmen in die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 investieren – etwa für einen klimaschonenden Verkehr und energieeffiziente Gebäude. Sie möchte zudem einen Teil als Entlastung für höhere Kosten an die Bürger zurückgegeben – zum Beispiel, indem sie die EEG-Umlage und damit die Strompreise senkt, die steuerliche Entfernungspauschale anhebt und eine Mobilitätsprämie gewährt.
Aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung wird unter anderem die EEG-Umlage gegenfinanziert und damit verlässlich gesenkt. Im Klimaschutzplan 2050 hat sich die Bundesregierung zudem darauf verständigt, die Anreiz- und Lenkungswirkung derzeit bestehender, hoheitlich veranlasster Energiepreisbestandteile in Form von Abgaben, Umlagen und Steuern zu überprüfen und umweltschädliche Subventionen weiter abzubauen. Dieser Prüfauftrag wurde diesen Sommer bei der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder noch einmal bestätigt. Über die Ergebnisse der Prüfung soll informiert und ein Vorschlag zum weiteren Vorgehen vorgelegt werden.
BT-Drucksache 19/24929, 04.12.2020
Zunächst ist allerdings eine Einführungsphase mit Festpreisen (2021 bis 2025) vorgesehen, bevor sich die Versteigerungsphase mit einem einjährigen Übergang (2026) und Preiskorridor mit daran folgender freien Preisbildung am Markt anschließt. Eine schrittweise Erhöhung des CO2Preises in der Einführungsphase soll den Anreiz steigern, die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten, so dass im Laufe der Zeit aufgrund der Verteuerung weniger Brennstoffe in Verkehr gebracht werden. Dieser Effekt soll noch stärker hervortreten, sobald die Zertifikate versteigert werden und sich der Preis frei am Markt bildet.
Ab dem Jahr 2026 werden die Emissionszertifikate versteigert, für 2026 allerdings noch in einem Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 55 Euro und einem Höchstpreis von 65 Euro pro Emissionszertifikat. Erst ab 2027 bildet sich der Preis dann frei am Markt, soweit nicht 2025 entschieden wird, auch für das Jahr 2027 einen Preiskorridor fortzuführen.
EU ETS und nEHS:
Im Europäischen Emissionshandel (EU ETS) müssen Betreiber schon seit dem Jahr 2005 für jede Tonne emittiertes CO2 eine Emissionsberechtigung abgeben. Während aber der EU ETS an dem Entstehen der Emission in einer Anlage (emissionsintensive Anlagen der Energiewirtschaft und der Industrie) anknüpft (Downstream-Emissionshandel), knüpft der nEHS nicht an die tatsächlichen Emissionen in der Anlage, sondern an das Inverkehrbringen der Brennstoffe an (Upstream-Emissionshandel). Doppelbelastungen aus beiden Systemen hilft das BEHG bzw. auf dem BEHG beruhende Verordnungen mit diversen Mechanismen ab.
Siehe auch: Klimaschutz durch Bauleitplanung oder durch Emissionshandel? Zur Unwirksamkeit der Festsetzung von CO2-Emissionsfaktoren im Bebauungsplan
Deutschland und Frankreich unterstützen derzeit gemeinsam die Einführung einer CO2-Mindestbepreisung im Rahmen des europäischen Emissionshandels und setzen sich für eine Ausweitung der CO2-Bepreisung auf alle Sektoren ein. Denn nach nicht wenigen Stimmen wäre die Integration der beiden Sektoren Verkehr und Gebäude in das europäische Emissionshandelssystem dem nun rein national eingeführten und erst ab 2026 tatsächlich stattfindenden Emissionshandel vorzuziehen gewesen (vgl. BT-Drucksache 19/25246, 15.12.2020).
Auch die Europäische Kommission verfolgt diesen Ansatz:
„Die Kommission hat sorgfältig geprüft, ob der Emissionshandel als Instrument zur Verringerung der Treibhausgasemissionen auf EU-Ebene gestärkt und ausgeweitet werden sollte. Die Kommission sieht erhebliche Vorteile in der Ausweitung des Emissionshandels in der EU, um auf wirtschaftlich effiziente Weise ein ehrgeizigeres Klimaschutzziel – die Verringerung der Treibhausgasemissionen um 55% – zu erreichen. Durch den Emissionshandel können die Treibhausgasemissionen kosteneffizient gesenkt werden. Der daraus resultierende CO2-Preis internalisiert die externen Klimaeffekte und schafft Anreize für die Verbraucher, die Treibhausgasemissionen zu verringern. Er gewährleistet die Umweltintegrität durch die Emissionsobergrenze und sendet ein starkes Preissignal, das die täglichen operativen und strategischen Investitionsentscheidungen beeinflusst. Gleichzeitig generiert der Emissionshandel Einnahmen, die in die Wirtschaft reinvestiert werden können, was zu besseren gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen führt. Wie bereits im europäischen Grünen Deal angekündigt, könnte das System auf Emissionen aus dem Straßenverkehr und aus Gebäuden ausgeweitet werden. Bereits jetzt erfasst das EU-EHS direkt oder indirekt rund 30 % der durch Raumheizung entstehenden Gebäudeemissionen. Dies liegt an der unter das EU-EHS fallenden Fernwärme und der elektrischen Beheizung. (…) Sie wird prüfen, ob sie ihn bis Juni nächsten Jahres in ihren Legislativvorschlag aufnehmen soll.“
MITTEILUNG DER KOMMISSION, Mehr Ehrgeiz für das Klimaziel Europas bis 2030: In eine klimaneutrale Zukunft zum Wohl der Menschen investieren, COM(2020) 562 final, S. 16 f.
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