Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 (COM(2021) 550 final) ein Paket von Vorschlägen angenommen, um die Politik der EU in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden können. 

„Fit für 55“: auf dem Weg zur Klimaneutralität – Umsetzung des EU‐Klimaziels für 2030. So die Bezeichnung des Pakets, für das der europäische Green Deal die konzeptionelle Grundlage bildet. Das Paket soll einen systemischen, gerechten, wettbewerbsorientierten und ökologischen Wandel in der gesamten Wirtschaft bis 2030 gewährleisten und dazu Maßnahmen in den Bereichen Industrie, Verkehr, Gebäude, Energie und Kraftstoffe sowie Landnutzung und Forstwirtschaft einleiten:

  • Emissionshandel für neue Sektoren und strengere Auflagen im Rahmen des bestehenden Emissionshandelssystems der EU;
  • verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien;
  • mehr Energieeffizienz;
  • schnellere Einführung emissionsarmer Verkehrsträger und der entsprechende Infrastruktur und Kraftstoffe;
  • Angleichung der Steuerpolitik an die Ziele des europäischen Grünen Deals;
  • Maßnahmen zur Prävention der Verlagerung von CO2-Emissionen;
  • Instrumente zur Erhaltung und Vergrößerung von natürlichen CO2-Senken.

Das Paket kombiniert Vorschläge für den Ausbau bestehender Rechtsakte und neue Initiativen für verschiedene Politikbereiche und Wirtschaftssektoren und setzt dabei im Wesentlichen auf Bepreisung, Zielvorgaben, Vorschriften und Unterstützungsmaßnahmen. Das Paket soll auch die nötige Sicherheit schaffen, um Investitionen und Innovationen anzukurbeln.

Zur Unterstützung des Übergangs sollen Finanzmittel „in beispielloser Höhe“ vorgesehen werden, die zum Teil aus dem EU-AufbauplanNextGenerationEU, von dem mindestens 37 % in den ökologischen Wandel fließen sollen, und aus dem nächsten langfristigen EU-Haushalt für 2021-2027 bereitgestellt werden oder im Zuge der kontinuierlichen Fokussierung auf ein nachhaltiges Finanzwesen und die Ankurbelung privater Investitionen mobilisiert werden. Mit dem Klima-Sozialfonds sollen für den Zeitraum 2025-2032 EU-Haushaltsmittel – Einnahmen aus dem neuen Emissionshandelssystem – in Höhe von 72,2 Mrd. EUR zu jeweiligen Preisen zur Verfügung stehen.

Mit der neuen Lastenteilungsverordnung werden Emissionssenkungsziele für bestimmte Sektoren, einschließlich Gebäude, festgelegt, die in allen Mitgliedstaaten bis 2030 erreicht werden sollen.

Ein Eckpfeiler des Pakets besteht darin, auf dem EU-Emissionshandelssystem aufzubauen, indem es gestärkt und auf neue Sektoren ausgedehnt wird. Der Emissionshandel in Bezug auf Brennstoffe für Gebäude soll die Verringerung der Emissionen beschleunigen und Investitionen in erneuerbare Energien und in Energieeffizienz anregen. Er soll einen Preis für umweltschädliche Brennstoffe einführen, sodass Energieerzeuger einen Anreiz für Innovationen und für Investitionen in saubere Energie erhalten, die sie den Endverbrauchern anbieten. Er soll auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Arten der Wärmeerzeugung schaffen, indem der bestehende CO2-Preis für Heizen mit Strom und Fernwärme durch einen CO2-Preis für das Beheizen von Wohngebäuden ergänzt wird. Den Mitgliedstaaten soll der Emissionshandel Einnahmen verschaffen, die zur Förderung der Dekarbonisierung von Gebäuden verwendet werden können. Durch die CO2-Bepreisung sollen erhebliche zusätzliche Einnahmen erzielt werden, mit denen ein gerechter Übergang sichergestellt werden soll und saubere Lösungen billiger werden sollen. Die EU-Kommission schlägt vor, 

  • den Emissionshandel ab 2026 auch auf den Straßenverkehr und den Gebäudesektor anzuwenden,
  • über ein separates System, das sich auf vorgelagerte Brennstoffanbieter konzentriert und bei dem die Verantwortung für die Anwendung des Systems bei den Erzeugern liegt, anstatt einzelne Haushalte oder Verkehrsnutzer zu einer direkten Teilnahme zu verpflichten,
  • wobei für die durch den Straßenverkehrs- und den Gebäudesektor verursachten Emissionen Höchstgrenzen festgelegt werden sollen, die im Laufe der Zeit abgesenkt werden, sodass die Gesamtemissionen zurückgehen.

Die Anwendung des Emissionshandels im Gebäudesektor soll dazu beitragen,

  • sauberere Heizstoffe auf den Markt zu bringen,
  • die Amortisationszeiten für Renovierungsinvestitionen zu verkürzen und
  • den Brennstoffwechsel bei der Wärme- und Kälteversorgung von Bestandsgebäuden zu beschleunigen.

Siehe auch: CO2-Bepreisung im Gebäudesektor 2021: Nationales Emissionshandels-System nach BEHG & Carbon-Leakage-VO

Ergänzt werden soll dies durch Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden und von Energie verbrauchenden Geräten und Systemen, damit der Gesamtenergiebedarf in Wohnungen sowie für die Wärme- und Kälteerzeugung ebenfalls verringert wird.

  • In der überarbeiteten Energieeffizienzrichtlinie soll vorgeschlagen werden, auf EU-Ebene höhere Energieeffizienzziele zu verfolgen und verbindlich vorzuschreiben. Dabei werden auch nationale Zielvorgaben für die Energieeffizienz, die nach einer neuen Formel berechnet werden, den Mitgliedstaaten als Richtschnur dienen. Konkret soll dies bedeuten:
    • Einführung von Richtbeiträgen der Mitgliedstaaten zum EU-weiten Energieeffizienzziel.
    • Einführung einer rechtlichen Anforderung, bei Planungs- und Investitionsentscheidungen die Energieeffizienz an die erste Stelle zu setzen.
    • Verpflichtung der Mitgliedstaaten, jährlich mindestens 3 % der Gesamtfläche aller öffentlichen Gebäude zu renovieren.
    • Festlegung einer neuen Zielvorgabe für die Mitgliedstaaten, den Energieverbrauch im öffentlichen Sektor jährlich um 1,7 % zu senken.
    • Bestärkung öffentlicher Stellen, für Renovierungen großer Nichtwohngebäude Energieleistungsverträge zu schließen.
    • Energieeffizienzmaßnahmen vorrangig für schutzbedürftige Verbraucher und von Energiearmut betroffene Haushalte.
    • Weitere Schritte zur Stärkung der Position der Endkunden –grundlegende vertragliche Rechte in Bezug auf Heizung, Kühlung und Warmwasser.
  • Die Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zielt darauf ab, Gebäude noch energieeffizienter zu machen und die Nutzung erneuerbarer Energien in Gebäuden zu steigern. Die Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie soll
    • die Integration erneuerbarer Energien in die Netze vereinfachen (z. B. Entwicklung neuer Technik, Integration von Speicheranlagen und bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit)
    • stärkere Anreize für die Elektrifizierung (z. B. Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge) und den Einsatz neuer Kraftstoffe bieten (z. B. erneuerbarer Wasserstoff)
    • die Energieeffizienz und die Kreislaufwirtschaft fördern (z. B. durch eine einfachere Nutzung von Abwärme)
  • Bei der Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die noch für dieses Jahr geplant ist, sollen spezifische Maßnahmen ermittelt werden, damit Gebäuderenovierungen, die zu den Zielen in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Minderung von Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor beitragen, schneller durchgeführt werden.

HINWEIS:
Weitere Maßnahmen zur Förderung der Dekarbonisierung von Gebäuden sollen noch vor Jahresende zusammen mit einem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden folgen.

EU-Kommission zur Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Buildings Factsheet
EU-Kommission zur Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie, Buildings Factsheet

Mit dem Klima-Sozialfonds

  • sollen vulnerable Haushalte mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, Verkehrsnutzer und Kleinstunternehmen, die von den Auswirkungen der Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und den Verkehr betroffen sind, unterstützt werden,
  • soll die Förderung von Investitionen in die Steigerung der Energieeffizienz und die Modernisierung von Gebäuden, einer sauberen Wärme- und Kälteversorgung und der Integration erneuerbarer Energien sowie der Zugang zu emissionsfreier und emissionsarmer Mobilität finanziert werden.

Sofern und solange erforderlich, ist eine direkte Einkommensstützung aus dem Fonds möglich, während nutzbringende grüne Investitionen aus dem Fonds und aus anderen Quellen wie etwa der Aufbau- und Resilienzfazilität und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert werden sollen.


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