Steigerung der Energiepreise und der CO2-Preise als Treiber?
Eine aktuelle BBSR-Studie Wege zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes 2050 (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.), BBSR-Online-Publikation 23/2021, Bonn, August 2021) bescheinigt zwar den derzeitigen Maßnahmen im Gebäudesektor, bei Weitem nicht auszureichen, um das Sektorziel für 2030 laut Klimaschutzgesetz zu erreichen. Bis 2050 können nach der Studie jedoch mit den bestehenden Instrumenten und der Annahme einer steigenden CO2 Preisentwicklung sehr hohe Einsparungen realisiert werden. Die Steigerung der Energiepreise aufgrund steigender CO2-Preise wird als Ursache für eine zunehmende Dynamik etwa auch im Hinblick auf steigende Sanierungsraten ausgemacht. Und ein aktueller Ariadne-Report Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 – Szenarien und Pfade im Modellvergleich (Oktober 2021) stellt heraus, die Lenkungswirkung eines deutlichen CO2-Preissignals sei entscheidend, um effiziente Emissionsminderungspotenziale zu nutzen und Anreize für klimaneutrale Investitionen zu schaffen. Konsens bestehe darüber, dass ein deutlich höherer Preis notwendig als bisher im BEHG bis 2025 vorgesehen notwendig sei.
Realitätscheck durch Preisschock?
Solche Forderungen werden derzeit einen Realitätscheck unterzogen. Die EU-Kommission spricht von einem Preisschock und davon, dass die drastisch steigenden Energiepreise den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft wie auch den europäischen Institutionen und den Regierungen in der gesamten Union große Sorgen bereiten (EU-Kommission, Mitteilung COM(2021) 660 final, 13.10.2021, Steigende Energiepreise – eine „Toolbox“ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen). Der derzeitige unerwartete Preisanstieg werfe ein Schlaglicht auf einige Unwägbarkeiten der Energiewende weltweit, so die EU-Kommission. Da im Jahr 2021 auch der europäische CO2-Preis stark anstiegt, stehen für die EU-Kommission zugleich auch Fragen hinsichtlich der Funktionsweise des europäischen CO2-Marktes und der Gründe für die Erhöhung des CO2-Preises im Raum.
Nach der EU-Kommission ist die Lehre aus dieser Krise aber klar: Der Übergang zu sauberer Energie sei die beste Absicherung gegen solche Preisschocks in der Zukunft und müsse, nicht zuletzt im Hinblick auf den Klimaschutz, beschleunigt werden.
Der derzeitige Preisanstieg erfordere aber eine rasche und koordinierte Reaktion. Also hat die EU-Kommmission in einer Toolbox zum einen Sofortmaßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Unternehmen und zum anderen mittelfristige Maßnahmen für ein dekarbonisiertes und krisenfestes Energiesystem vorgeschlagen.
Der bestehende Rechtsrahmen ermögliche es der EU und ihren Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, um den Auswirkungen plötzlicher Preisschwankungen entgegenzuwirken.
„Mit einem erfolgreichen ökologischen Wandel wird nicht nur der Weg für den Übergang zu sauberer Energie, sondern auch für mehr Energieeffizienz und neue Anwendungen geebnet. Die Entschlossenheit der EU, ihre Treibhausgasemissionen und ihren Verbrauch fossiler Brennstoffe erheblich zu senken, wird durch die jüngsten Ereignisse noch verstärkt. Sowohl die regulatorischen als auch die Investitionsmaßnahmen müssen intensiviert werden. Die beste Absicherung gegen Preisschocks wie den, dem sich die EU derzeit ausgesetzt sieht, ist der Übergang zu sauberer Energie. Jetzt gilt es, keine Zeit zu verlieren.“
EU-Kommission, Mitteilung COM(2021) 660 final, 13.10.2021, Steigende Energiepreise – eine „Toolbox“ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen, S. 24

Der Eropäische Rat hat in seiner Sitzung am 21./22.10.2021 die Vorschläge der EU-Kommission als zielführend bestätigt und weiter aufgegriffen (EUCO 17/21):
„Der Europäische Rat ersucht
(1.) die Kommission, mit der Unterstützung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die Funktionsweise der Gas- und Elektrizitätsmärkte sowie des EU-EHS-Markts zu untersuchen. Im Anschluss daran wird die Kommission bewerten, ob bestimmte Handelsverhaltensweisen weitere Regulierungsmaßnahmen erfordern;
(2.) die Mitgliedstaaten und die Kommission, dieses Instrumentarium dringend bestmöglich zu nutzen, um die schwächsten Verbraucher kurzfristig zu entlasten und europäische Unternehmen zu unterstützen, wobei sie den vielfältigen und spezifischen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten Rechnung tragen;
(3.) die Kommission und den Rat, rasch mittel- und langfristige Maßnahmen ins Auge zu fassen, die zu bezahlbaren Energiepreisen für Haushalte und Unternehmen beitragen, die Resilienz des Energiesystems der EU und des Energiebinnenmarkts verbessern, Versorgungssicherheit bieten und den Übergang zur Klimaneutralität unterstützen, wobei sie den vielfältigen und spezifischen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten Rechnung tragen; und
(4.) die Europäische Investitionsbank, zu prüfen, wie im Rahmen des vorhandenen Kapitalspielraums Investitionen in die Energiewende beschleunigt werden können, damit künftige Störungsrisiken abgebaut und die globalen Konnektivitätsziele Europas erreicht werden können.“
Als Lehre aus dieser Krise soll die EU nach dem Willen der EU-Kommmission auch Maßnahmen in Erwägung ziehen, die zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf die derzeitige Situation haben, aber die Vorsorge für mögliche künftige Preisschocks verbessern, die Marktintegration und Widerstandsfähigkeit erhöhen, die Stellung der Verbraucher stärken, den Zugang zu bezahlbarer Energie verbessern und die Abhängigkeit von volatilen fossilen Brennstoffen verringern. Mehr Investitionen in erneuerbare Energien, Gebäuderenovierungen und Energieeffizienz und die Beschleunigung der Auktionen und Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien gehören ebenso hierher wie der Ausbau der Energiespeicherkapazität, um den Anteil erneuerbarer Energien weiter zu steigern, auch in Bezug auf Batterien und Wasserstoff. Die Kommission wird auch einen Vorschlag zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz des europäischen Gebäudebestands vorlegen.
Neben einer Einkommensunterstützung im Notfall für von Energiearmut betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher, der Genehmigung von Zahlungsaufschüben für Energierechnungen inkl. Vorkehrungen zum Schutz vor Stromabschaltungen und anderen Netztrennungen, der Einführung vorübergehender, gezielter Senkungen der Steuersätze für schutzbedürftige Haushalte und der Hilfen für Unternehmen oder Industriezweige im Einklang mit dem EU-Beihilferecht geht es der EU-Kommission u.a. auch um die Untersuchung möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen auf dem Energiemarkt und um ein Ersuchen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) um eine weitere Verstärkung der Überwachung der Entwicklungen auf dem CO2-Markt.
CO2-Preis und CO2-Markt im Realitätscheck
Während also die EU-Kommission und ihr folgend der Europäische Rat Fragen hinsichtlich der Funktionsweise des europäischen CO2-Marktes sowie der Gas- und Elektrizitätsmärkte und der Gründe für die Erhöhung des CO2-Preises nachgehen wollen und über eine Verstärkung der Überwachung der Entwicklungen auf dem CO2-Markt und über weitere Regulierungsmaßnahmen nachdenken, ist es der EU-Kommission zugleich wichtig festzuhalten, dass „der CO2-Preis im Rahmen des EHS ein fundamentaler Anreiz ist, um auf günstigere erneuerbare Energieträger zu wechseln, die Energieeffizienz zu steigern, Gebäude energieeffizienter zu machen und CO2-arme Energiequellen zu nutzen, sodass die Großhandelspreise langfristig sinken und globale Preisspitzen, wie wir sie derzeit erleben, besser abgefedert werden können“ (EU-Kommission, Mitteilung COM(2021) 660 final, 13.10.2021, S. 2).
Den CO2-Preis nimmt auch ein aktuelles BCG-Gutachten für den BDI in den Blick, rückt dessen Anreizwirkung zurecht und weist zugleich auf die Gefahr sozialer Verwerfungen hin, sollte man sich im Gebäudebereich allein auf die CO2-Bepreisung verlassen.
Nach der Einschätzung des BCG-Gutachtens werden die bestehenden Instrumente im Gebäudesektor bis 2030 zu einer Reduktion von 17 Mt CO2ä auf 106 Mt CO2ä führen – dies verfehlt das Klimaziel von 67 Mt CO2ä im Jahr 2030 um 39 Mt CO2ä (Boston Consulting Group, Klimapfade 2.0: Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft, Gutachten für den BDI, Oktober 2021, S. 183). Unter aktuellen Entwicklungen werden die Emissionsziele bis 2030 also verfehlt. Folglich bedarf es nach dem BCG-Gutachten einer deutlichen Beschleunigung der bestehenden Anstrengungen, um die Klimaziele zu erreichen. Im Gebäudesektor sind demnach zur Zielerreichung bis 2030 Mehrinvestitionen in Höhe von 175 Mrd. Euro nötig.
Das BCG-Gutachten geht zwar ebefalls davon aus, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe durch einen CO2-Preis im Gebäudesektor unattraktiver werden muss. Gleichzeitig kann die CO2-Bepreisung im Gebäudesektor nach dem BCG-Gutachten aber nur ein (Teil-) Instrument von vielen in einer breiteren Instrumentenlandschaft sein.
- Zunächst führe ein alleiniger Verlass auf Bepreisung zu hohen sozialen Verwerfungen.
- Zum anderen gebe es für Akteure im Sektor vor allem eine Investitionsherausforderung, für deren Bewältigung die CO2-Bepreisung aber ein nicht ausreichendes Instrument sei.
- Zumindest erscheine es aus heutiger Sicht extrem unwahrscheinlich, dass sich eine Verdoppelung der energetischen Gebäudesanierung nur durch hohe Preise fossiler Brennstoffe anreizen ließe.
„Zur Erreichung des Klimaziels im Gebäudesektor gibt es keine einfachen regulatorischen Antworten. Aus heutiger Sicht erscheint eine Lösung mit rein marktlichen Instrumenten wie der CO2-Bepreisung wenn nicht unrealistisch, so doch mindestens ineffizient. Daher ist im Gebäudesektor ein breiter Mix aus Instrumenten nötig, der zum einen größere betriebswirtschaftliche Anreizwirkung entfaltet, aber gleichzeitig einen stärkeren, steuernden Rahmen setzt.“
Boston Consulting Group, Klimapfade 2.0: Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft, Gutachten für den BDI, Oktober 2021, S. 200
„Es braucht einen balancierten Mix aus verschiedenen regulatorischen Ansätzen, um die Klimaziele effizient, fair, und mit möglichst geringen unerwünschten Folgeeffekten für private Haushalte und Unternehmen zu erreichen. Dieser Mix sollte sich an den tatsächlich beobachteten Hürden orientieren, die in den einzelnen Sektoren überwunden werden müssen. Marktliche Bepreisungsinstrumente sollten eingesetzt werden, wo möglich – ergänzt um Förderung, wo nötig. Wo der Marktmechanismus trotz ausreichender Anreize das Problem nicht löst, sollte Ordnungsrecht als Korrektiv zum Einsatz kommen.“
Boston Consulting Group, Klimapfade 2.0: Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft, Gutachten für den BDI, Oktober 2021, S. 63
Folgen für die CO2-Preis-Umlage im Mietvertragsrecht
Wenn nun der Deutsche Mieterbund und die Verbraucherzentrale Bundesverband die aktuellen Preisentwicklungen nutzen, um erneut die Abschaffung der Umlage der CO2-Bepreisung auf die Mieter wegen angeblich fehlender Lenkungswirkung zu fordern (Pressemeldung, Energiekosten auf Rekordniveau Verbraucher:innen schützen & Klimaschutz stärken, Oktober 2021), ist das ebenso erwartbar wie kritisch.
Denn die Lenkungs- und Anreizwirkung der CO2-Bepreisung zielt nicht nur auf Investitions-/Sanierungsentscheidungen, sondern zumindest auch auf Nutzungsänderungen. Ein Verzicht auf Nutzungsanreize tritt in Konflikt mit dem Sinn und Zweck sowie der Legitimität der CO2-Bepreisung. Die Lenkungswirkung des Emissionshandelssystems ist jedenfalls auch auf den Endverbraucher/Mieter gerichtet (emissionsmindernde Nutzungsänderungen). Eine Verkürzung auf die Anlagenmodernisierung (Vermieter) ist damit kaum vereinbar. Eine nachträgliche Schwächung der Anreizwirkung des Emissionshandelssystems im Gebäudesektor, sei es dadurch, dass der beim Endverbraucher infolge einer Aufteilung ankommende CO2-Preis der Höhe nach nicht mehr geeignet ist, verhaltenssteuernd zu wirken, oder sei es, dass eine zu komplizierte Regelung ihre Lenkungswirkung verfehlt, da sie für den Endverbraucher nicht mehr hinreichend nachvollziehbar und verständlich ist, um sein Verhalten danach auszurichten, stellen die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit eines CO-Preises in Frage. Tatsächlich wird gerade die energiepreissteigernde Wirkung der CO2-Preise als Mittel definiert, Rebound-Effekte im Gebäudebereich einzudämmen.
„Behavioural change also contributes to reducing emissions from buildings in 2030 in the NZE by around 170 Mt CO2 more than the APS (see section 3.7). Overall, behavioural change contributes one‐quarter of the additional direct emissions reductions in the buildings sector in the NZE relative to the APS by 2030. It also reduces the sector’s electricity demand and indirect emissions, accounting for over 3% of the indirect emissions reductions from buildings between the APS and NZE. Changing heating and air conditioner temperature set‐ points, line drying and reducing washing temperatures all have a part to play. These savings can be achieved without the need for any new technologies or investments, but they do require enhanced consumer awareness and engagement.“
International Energy Agency, World Energy Outlook 2021, October 2021, p. 151
„Die Nutzer:innen sind ein entscheidender Faktor für die Wohnungsunternehmen bei der Umsetzung ihrer Klimastrategien, aber auch bei der so drängenden Frage der investitionsförderlichen Kostenreduzierung.“
Initiative Wohnen.2050 e. V., GEMEINSAM. HANDELN. JETZT. Praxisfakten einer Branche auf dem steilen Weg zur Klimaneutralität, Oktober 2021, S. 78
Siehe ausführlich: Die Immobilien-, Bau- und Energiewirtschaft nach der Bundestagswahl 2021: Neue Bundesregierung – neue Impulse zum nachhaltigen Klimaschutz im Gebäudebestand?
Radikalforderungen wie die des Deutschen Mieterbundes und der Verbraucherzentrale Bundesverband wiederholen letztlich den Fehler, der schon beim verfassungswidrigen Berliner Mietendeckel gemacht wurde: Statt sich auf den zielgerichteten Schutz tatsächlich Bedürftiger zu fokusieren, wird eine ebenso undifferenzierte wie unterkomplexe Begünstigung auch Nichtbedürftiger propagiert (siehe mit lesenswerter Grundthese auch: Kühling/Sebastian/Siegloch, Neue Wege für die Wohnungspolitik – Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2021). Dies zu Lasten des geltenden Rechts. Denn wenn Mieterbund und Öko-Institut etwa behaupten, dass die Teilung des CO2-Preises mit Mietvertragsrecht lediglich durch einen Halbsatz in der Heizkostenverordnung rechtlich umsetzbar wäre, ist das auch rechtlich als ebenso unterkomplex wie kritikwürdig zu sehen. Richtigerweise laufen einige Vorschläge zur Aufteilung von CO-Preisen zwischen Vermieter und Mieter Gefahr, durch die Schaffung einer unverhältnismäßigen rechtlichen Komplexität in Konflikt zu geraten mit den Anforderungen an eine konsistente und widerspruchsfreie Rechtsetzung und dadurch neben der rechtlichen Akzeptanz auch ihre Lenkungswirkung zu verfehlen (deutlich problembewusster auch die Kurzstudie des Öko-Instituts, Begrenzung der Umlagemöglichkeit der Kosten eines Brennstoff-Emissionshandels auf Mieter*innen, Juli 2020, im Auftrag des BMU).
Tatsächlich müssen sich solche Ansätze auch mit der Rolle und Funktion der Verbraucher, Nutzer und Mieter auseinandersetzen, wie sie von der EU-Kommission gerade auch in der Situation steigender Energie- und CO2-Preise verstanden werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU sollen nach der EU-Kommission in hohem Maße geschützt werden, wozu neben gezielten Unterstützungsmaßnahmen auch gehört, dass ihnen (1.) mehr Informationen über ihren Energieverbrauch und (2.) Möglichkeiten zur Verringerung des Verbrauchs sowie (3.) zum Anbieterwechsel zur Verfügung stehen, damit sie ihre Kosten senken können (EU-Kommission, Mitteilung COM(2021) 660 final, 13.10.2021, Steigende Energiepreise – eine „Toolbox“ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen, S. 19). Zum Teil immer wieder propagierte Warmmietenmodelle und Teilwarmmietenmodelle, welche, gestärkt durch die CO2-Bepreisung, die Heiz- und Warmwasserkosten des Mieters ganz oder teilweise zum mehr oder weniger pauschalen Teil der Miete machen wollen, werden solchen Informations-, Verhaltens- und Entscheidungsanforderungen typischerweise nicht gerecht. Sie sind nicht in der Lage, dem Nutzer, Mieter und Verbraucher den geforderten Zusammenhang zwischen Verbrauch und Kosten bewusst zu machen und ihm die daraus resultierenden Verhaltens- und Entscheidungsmöglichkeiten zu gewähren. „Consumer awareness and engagement“ im Sinne der IEA verlangen anderes.
Und so geht auch die derzeit im Bundesrat befindliche Verordnung über die Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung (BR-Drs. 643/21) auf Grundlage der novellierten EU-Energieeffizienzrichtli-
nie in Richtung Nutzerverhalten: Verstärkte Informationspflichten über den Verbrauch an Wärme und Warmwasser (i.V.m. einer Pflicht zum Einbau fernablesbarer, Smart-Meter-Gateway(SMGW)-fähiger Systeme) sollen die Nutzer zur Einsparung von Wärmeenergie anreizen und damit den Primärenergieverbrauch senken.
HINWEIS:
Hinsichtlich der im Klimapakt zunächst vorgesehenen hälftigen Aufteilung der Kosten des nationalen CO2-Preises zwischen Vermietern und Mietern wurde von den Ausschüssen des Bundesrates (BR-Drucks. 411/1/21) schon die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Auswirkungen auf die Anreizwirkung für Investitionen kritisch geprüft werden. Besonders zu berücksichtigen seien dabei die regionalen Unterschiede auf den Wohnungsmärkten und die bereits erfolgten Energiesparmaßnahmen im Gebäudebestand. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren solle zudem geprüft werden, ob alternativ die soziale Abfederung steigender Wohnkosten mit Hilfe des Wohngeldes und der sozialen Wohnraumförderung weiter gestärkt werden kann.
Der ursprüngliche Vorschlag, die Kosten des nationalen CO2-Preises zu 50% von den Vermietern tragen zu lassen, findet sich im Klimaschutz Sofortprogramm 2022 sodann nicht mehr. Ausführlich: Klimaschutz Sofortprogramm 2022: Schnellladehubs in Quartieren, BEG-Erhöhung, energetischer Wohnungsbau, GEG-Reform, neue Neubaustandards u.a. Und auch das Sondierungspapier der „Ampelkoalition“ enthält dazu keine Festlegung.
Das BCG-Gutachten schlägt zum Ausgleich der Mehrbelastungen bei Mietern diverse Instrumente vor (S. 209): EEG-Umlagenbefreiung, Ausschüttung eines jährlichen Klimageldes, gezielter Ausgleich über die Grundsicherung in Kombination mit einem Härtefallfonds. Es möchte das Mieter-Vermieter-Dilemma dadurch adressieren, dass es die BEHG-Umlagefähigkeit in Abhängigkeit vom energetischen Gebäudezu- stand befürwortet (S. 207):
- Die Möglichkeit zur Umlage des CO2-Preises vom Vermieter auf den Mieter soll an die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen (unter Berücksichtigung von Gebäudespezifika wie Gebäudeklasse, Alter, Baurestriktionen und Ausgangszustand) und die erreichten Primärenergiebedarfsziele gemäß Energieausweis geknüpft werden.
- Gleichzeitig soll die finanzielle Überlastung von Haushalten mit geringerem Einkommen durch bestehende Ausgleichsregelungen im Wohngeld-CO2-Bepreisungsentlastungs-Gesetz vermieden werden.
Der Vorschlag einer Umlage der CO2-Kosten in Abhängigkeit von der energetischen Qualität des Gebäudes ist schon von GdW, Vonovia und dena bekannt. Ebenso bekannt sind aber die damit verbundenen Bedenken und Hindernisse. Nach dem Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen des Runden Tisches „Neue Impulse zu nachhaltigem Klimaschutz im Gebäudebestand“, Juni 2021, S. 49, weist ein solcher Ansatz für die Anreizwirkung zwar in die richtige Richtung, benötigt er aber ein verlässliches Kriterium zur Einstufung der Gebäude, was die Systematik wiederum verkompliziere. Es bedürfe einer Anpassung der Anforderungen an die Erstellung der Energieausweise und an die Bestimmung der Effizienzklassen im GEG, denn diese weisen noch immer zahlreiche Unzulänglichkeiten auf, da sie anfechtbar, streitanfällig, teilweise veraltet, intransparent und ungenau und noch nicht ausreichend rechtssicher in der Lage seien, die tatsächliche energetische Qualität der Gebäude abzubilden.
HINWEIS:
Der ZIA-Report Klimaschutz, Juni 2021 (S. 9), meint zwar trotzdem, bei Wohnimmobilien sei eine Differenzierung wie folgt möglich und empfehlenswert: (1.) Wenn eine Immobilie bereits umfangreich energetisch saniert ist, sollen die Kosten komplett auf den Mieter umgelegt werden dürfen. (2.) Attestiert der Energieausweis einem Gebäude hingegen einen nicht mehr aktuellen energetischen Standard und entsprechend hohe CO2- Emissionen, soll der Eigentümer sich an dem größten Teil der Kosten beteiligen. Zu Wirtschafts- bzw. Gewerbeimmobilien räumt der ZIA aber selbst ein, dass ein einheitlicher Verbrauchswert nicht weiter hilft. Hier sei die Sache etwas komplizierter, der Energieverbrauch innerhalb des Gebäudes sei je nach Nutzungsart sehr unterschiedlich und eine unbürokratische Vergleichbarkeit anhand von Energieklassen fehle bislang. Hier soll daher die Aufteilung der Kosten der CO2-Bepreisung davon abhängen, ob ein Gebäude den aktuellen Standard gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) erreicht: (1.) Ist das der Fall, soll der Mieter die Kosten der CO2-Bepreisung zu 100 Prozent tragen. (2.) Andernfalls solle sich der Vermieter zu 25 Prozent beteiligen.
Zur Absenkung und Abschaffung der EEG-Umlage
Auf nationaler Ebene hat sich nicht nur die (wohl) künftige Bundesregierung auf konkrete Schritte zur schnellen Senkung der Stromkosten für private Haushalte und Betriebe festgelegt.
Auch haben soeben die Übertragungsnetzbetreiber auf der Grundlage des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) sowie der Erneuerbare-Energien-Verordnung die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2022 bekanntgegeben: Die EEG-Umlage wird von derzeit 6,5 ct/kWh ab Januar 2022 auf 3,723 ct/kWh abgesenkt. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt die EEG-Umlage um 2,8 ct/kWh bzw. 43 Prozent. Damit liegt die EEG-Umlage 2022 auf dem niedrigsten Stand seit 10 Jahren – und dies trotz einer Verdoppelung der EEG-Strommenge von 118 auf 239 Terawattstunden (Anstieg von 103 Prozent). Ein Grund für die Absenkung besteht darin, dass Teile der Einnahmen aus der neuen nationalen CO2-Bepreisung (Brennstoffemissionshandelsgesetz – BEHG) seit 2021 zur Senkung der EEG-Umlage verwendet werden. Als Gegenstück zur Belastung in den Sektoren Wärme und Verkehr sollen so die Strompreise entlastet werden.
„Wir wollen das Brennstoffemissionshandelsgesetz und den europäischen Emissionshandel im Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. Im Laufe der Legislaturperiode werden wir die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis so schnell wie möglich beenden. Damit senken wir die Stromkosten für private Haushalte und Betriebe. Im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien werden wir ein neues Strommarkt-Design erarbeiten.“ Sondierungspapier SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, 15.10.2021

Next Step: Komplette Abschaffung der EEG-Umlage. Oder? Denn wie hat es der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kürzlich treffend formuliert: „Wie mit Energiepreisen künftig tatsächlich umgegangen wird, ist zwischen den politischen Parteien und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren umstritten und hängt unter anderem vom Ausgang der bevorstehenden Bundestagswahl ab“ (Informationen zur Energiepolitik in Deutschland, WD 5 – 3000 – 068/21, 23.09.2021, S. 19).
© Copyright by Dr. Elmar Bickert
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