Der BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 – VIII ZR 240/15, hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach ein Käufer den Anforderungen an ein die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers auslösendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er dem Verkäufer

  • neben einer Einräumung der Untersuchungsmöglichkeit
  • die Mangelsymptome hinreichend genau bezeichnet und
  • ihm auf diese Weise eine Prüfung der Ursachen des in den Symptomen zum Ausdruck kommenden Mangels sowie der in Betracht kommenden Abhilfemöglichkeiten ermöglicht.

Denn das Risiko der an den angezeigten Mangelsymptomen ansetzenden Ursachenklärung einschließlich des damit verbundenen Kostenrisikos ist grundsätzlich dem Verkäufer zugewiesen (vgl. § 439 Abs. 2 BGB).

Der BGH nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf die werkvertragliche Rechtsprechung zum Bau- und Planungsrecht, aus dem diese sog. Symptomtheorie stammt (siehe schon hier), und die nun zunehmend auf das Kaufvertragsrecht übertragen wird.

Kommt der Verkäufer einem solchen Nacherfüllungsverlangen des Käufers und damit auch seiner Verantwortung zur Mangelerforschung anhand der mitgeteilten Mangelsymptome nicht nach, so drohen ihm erhebliche Rechtsnachteile. Dies hat der BGH nun für den Fall sicherheitsrelevanter Mängel bei einem Verbraucher-Autokauf entschieden:


Schadens- und Aufwendungsersatz

Da der Verkäufer durch seine Weigerung, die aufgrund der ihm mitgeteilten Mangelsymptome gebotene Mangelerforschung und -beseitigung unverzüglich vorzunehmen, pflichtwidrig das Scheitern des Kaufvertrages verursacht hatte, hat der BGH ihn verpflichtet angesehen, dem Käufer Aufwendungs- und Schadensersatz zu zahlen.


Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung

Außerdem stellt der BGH für den konkreten Fall eines sicherheitsrelevanten Mangels fest,  dass der Verkäufer die Beseitigung des in seinen Ursachen und Abhilfemöglichkeiten unklaren Mangels in einer dem Käufer nicht zumutbaren und deshalb mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundenen Weise hinausgeschoben hatte.

Hieraus folgert der BGH das Recht des Käufers, auch ohne ausdrückliche Setzung einer Frist zur Mangelbeseitigung vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Die Entbehrlichkeit der Nachfrist greift also in einem solchen Fall nicht erst dann, wenn eine vom Käufer berechtigterweise gewählte Art der Nacherfüllung endgültig vom Verkäufer verweigert wurde oder wenn sie in einem engeren Wortsinn als fehlgeschlagen angesehen werden kann.

Vielmehr kann es ausreichen, wenn der Verkäufer einer Nacherfüllung unberechtigt Hindernisse in den Weg gestellt hat, die geeignet sind, dem Käufer erhebliche Unannehmlichkeiten in Bezug auf den von ihm erstrebten Gebrauchszweck zu bereiten.

Die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung folgte daraus, dass die allein angebotene Abhilfe gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war. Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer in diesem Sinne gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dazu zählen

  • Art und Ausmaß einer Beeinträchtigung der Interessen des Käufers
  • die Zuverlässigkeit des Verkäufers und
  • die dem Verkäufer vorzuwerfenden Nebenpflichtverletzungen sowie
  • ein dadurch möglicherweise gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien.

Auch der Umstand, dass ein Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist, kann eine Unzumutbarkeit bewirken (siehe schon hier).


Nachfristsetzung auch ohne ausdrückliche Zeitvorgabe?

Schließlich bleibt zu beachten, dass nach neuerer Rechtsprechung eine Nachfristsetzung nicht zwingend eine ausdrückliche Zeitvorgabe des Käufers gegenüber dem Verkäufer voraussetzt.  Hierüber wurde bereits an anderer Stelle berichtet: Auch höfliche Bitte ohne Zeitvorgabe kann verbindliche Fristsetzung zur Nacherfüllung sein.


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