Nach der Rechtsprechung des BGH stellt die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene Fläche ein Sachmangel iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Nach einem aktuellen Urteil gilt das auch dann, wenn die Flächendifferenz die Folge von nach Abschluss des Mietvertrags erfolgten Umbauarbeiten ist, durch die diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist. Der BGH verdeutlicht aber, dass das gleichwohl kein Selbstläufer für Mieter ist:
Mangel?
Ein Mangel der Mietsache iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich Vereinbarten. Die Frage ist typischerweise, welche Fläche der vertraglich vereinbarte Soll-Zustand ist.
- Die Parteien können durch die Bezeichnung des Mietobjekts im Mietvertrag und/oder in einem als Anlage beigefügten Grundrissplan eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich Größe, Raumgestaltung und Zuschnitt treffen und damit die geschuldete Leistung festlegen.
- Die etwa in einem Grundrissplan enthaltenen Flächenangaben können aber auch lediglich der Beschreibung des Mietobjekts dienen, etwa zur Wahrung der Schriftform, und daher keine vertraglich vereinbarte Soll-Beschaffenheit darstellen.
HINWEIS: Da nach dem BGH die Verwendung von Circa-Maßangaben der Annahme eines Sachmangels nicht entgegensteht, ist bei der Vertragsgestaltung des Vermieters, der eine Gewährleistungshaftung für die Flächenangaben vermeiden möchte, besondere Sorgfalt geboten.
Minderung?
Trotz des Vorliegens eines Sachmangels kann, was gerne mal übersehen wird, eine Minderung der Miete aber nur dann erfolgen, wenn
- die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt wird (§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB) und
- diese Gebrauchsbeeinträchtigung gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht nur unerheblich ist. Eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache kann auch dann vorliegen, wenn sie bei objektiver Betrachtungsweise nicht spürbar ins Gewicht fällt.
Daher scheidet eine Herabsetzung der Miete während der Zeit, in der der Mieter die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzen kann, aus. Der mindernde Mieter muss also neben dem Vorliegen eines konkreten Sachmangels darlegen, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist.
HINWEIS: Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung braucht der Mieter hingegen nicht vorzutragen. Und für das Vorliegen von Umständen, die eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs als unerheblich erscheinen lassen, trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast.
Für den Anspruch des Gewerberaums- und Wohnraummieters auf Minderung wegen einer tatsächlich geringeren Mietfläche als der vertraglich vereinbarten ist allerdings entschieden, dass ein abweichendes Flächenmaß die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits dann erheblich mindert, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt.
- Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es dann nicht. Da die vereinbarte Fläche ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Räume ist, spricht bei einem erheblichen Flächendefizit bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit, die der Mieter nicht gesondert belegen muss.
- Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einer Flächenunterschreitung von weniger als 10 % eine Mietminderung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Diese Rechtsprechung hat nur zur Folge, dass bei Flächenabweichungen, die diese Grenze von 10 % überschreiten, der Mieter nicht gesondert darlegen muss, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch sei infolge der Flächenabweichung gemindert. Bleibt die Flächenabweichung hinter dieser Grenze zurück, kann sich der Mieter dagegen nicht auf diese tatsächliche Vermutung einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache berufen. Er muss dann im jeweiligen Einzelfall konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt ist.
Flächenverlust infolge Transaktion?
Wie wichtig die Beschreibung des vertraglichen Mietgegenstandes ist, zeigt eine weitere BGH-Entscheidung. Sie ist zu § 566 BGB ergangen (siehe dazu schon hier).
Der in § 566 Abs. 1 BGB geregelte Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes Mietverhältnis dient dem Schutz des Mieters, dem eine Wohnung, ein Grundstück (§ 578 Abs. 1 BGB) oder gewerblich genutzte Räume (§ 578 Abs. 2 Satz 1 BGB) aufgrund eines wirksamen Mietvertrags überlassen worden sind. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist, dass es zu einem Wechsel des Eigentums an den Mieträumen kommt. Die Vorschrift will den Mieter davor schützen, aufgrund einer Änderung der dinglichen Berechtigung an dem Mietgegenstand sein aus dem Mietvertrag gegenüber dem ursprünglichen Vermieter abgeleitetes Besitzrecht zu verlieren. Die ihm durch den Mietvertrag von seinem Vertragspartner eingeräumte Rechtsstellung – der berechtigte Besitz – soll ihm auch gegenüber einem späteren Erwerber des Grundstücks erhalten bleiben.
Ein Nutzungsrecht an einer Fläche, die nicht Gegenstand des Mietvertrages ist, bleibt dagegen nicht erhalten. Denn neben der Veräußerung der Mietsache setzt die Vorschrift voraus, dass diese dem Mieter zum Zeitpunkt der Veräußerung bereits zum Gebrauch überlassen war. Eine Gebrauchsüberlassung wiederum ist mehr als die Gestattung oder Duldung eines (Mit-)Gebrauchs oder die bloße Einräumung der Möglichkeit zum (Mit-)Gebrauch.
HINWEIS: Grundsätzlich ergibt sich der Vertragsgegenstand, gegebenenfalls im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB), aus dem Mietvertrag oder aus sonstigen Vereinbarungen der Parteien. Vermietet der Eigentümer Wohnungen oder Geschäftsräume in seinem Haus, erstreckt sich zwar das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume grundsätzlich auch auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen des Hauses. Ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung sind jedoch Gemeinschaftsflächen, die der Mieter nur mitbenutzen darf, nicht mitvermietet.
Ist dem Mieter also (nur) gestattet, ein im Eigentum des Vermieters stehendes weiteres Grundstück zu benutzen, das nicht Gegenstand des Mietvertrags ist, tritt bei einer späteren Veräußerung dieses Grundstücks der Erwerber nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag ein. Im konkreten Fall war das für den Mieter schwerwiegend, da es um eine für seinen Betrieb erforderliche Anlieferfläche ging. Insbesondere allein die Möglichkeit des Mieters, die später veräußerte Grundstücksfläche im Rahmen des vertragsgemäßen Mietgebrauchs mitbenutzen zu dürfen, genügte für die Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB nicht.
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