Die Ampelkoalition hat sich für den Ausbau der Photovoltaik das Ziel von ca. 200 GW bis 2030 gesetzt. Dazu sollen alle Hemmnisse beseitigt werden, u.a. sollen die Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigt, Vergütungssätze angepasst, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel geprüft werden. Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden.

Passend dazu hat der BGH gerade in gleich vier Entscheidungen aufgezeigt, dass der rechtliche Umgang mit Anlagen der Erneurbaren Energien, insbesondere mit Photovoltaikanlagen und deren Bestandteile und insbesondere im Rahmen eines An-/Verkaufs, entgegen immer wieder zu beobachtender Praxis komplex ist. Dabei geht es im Grundsatz um ganz simple Grundregeln des Eigentumsrechts:

  • Wird etwas verkauft und übereignet, was überhaupt nicht Gegenstand besonderer Rechte sein kann (Sonderrechtsfähigkeit), ist das dingliche Rechtsgeschäft nichtig.
  • Gleiches gilt, wenn die weiteren Voraussetzung einer Übereignung nicht vorliegen, also insbesondere eine hinreichend bestimmte dingliche Einigung sowie die Übergabe der Module bzw. ein die Übergabe ersetzender Tatbestand.

Sonderrechtsfähigkeit

Da Photovoltaikmodule dazu ausgelegt sind, gemeinsam mit den anderen Teilen der Photovoltaikanlage verbunden zu werden und nur so ihren Zweck der Stromerzeugung erfüllen können, sind sie im rechtlichen Sinne (einfache) Bestandteile der Photovoltaikanlage.

Die entscheidende Frage ist nun, ob es sich bei den Photovoltaikmodulen auch um wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage handelt. Denn dann wären die Module nicht sonderrechtsfähig (§ 93 BGB).

Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Die Vorinstanz hatte angenommen, die Module seien wesentliche und damit nicht sonderrechtsfähige Bestandteile der Photovoltaikanlage, weil diese als Gebäude anzusehen und die Module zu dessen Herstellung eingefügt worden seien. Bislang war nicht geklärt, ob eine Freiland-Photovoltaikanlage ein Gebäude i.S.v. § 94 BGB darstellt. Nach dem BGH lässt sich diese Frage – weil es sich bei der technischen Anlage unzweifelhaft nicht um ein Gebäude im engeren Sinne handelt – nur unter Berücksichtigung ihrer konkreten Beschaffenheit und Bauweise beantworten.

ACHTUNG:
Nicht entscheidend sind dagegen die Maßstäbe, die für die Verjährungsregeln in § 438 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB gelten (siehe hierzu: Gewährleistung in der Lieferkette zum Maschinen- und Anlagenbau: BGH klärt „Bauwerks“-Verjährung und Mangelanzeige beim Werklieferungsvertrag). Die Verjährungsregeln verfolgen als Zweck die Berücksichtigung bauwerkspezifischer Mängelrisiken im Rahmen des Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern. Zur sachenrechtlichen Einordnung eignet sich der weite schuldrechtliche Bauwerksbegriff nach dem BGH nicht.

Eine Freiland-Photovoltaikanlage stellt jedenfalls dann, wenn sie aus einer gerüstähnlichen Aufständerung aus Stangen oder Schienen sowie darin eingesetzten Photovoltaikmodulen besteht, kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB dar. Unerheblich ist nach dem BGH, ob die Photovoltaikanlage über große Ausmaße (in der Breite) und über einen erheblichen Wert verfügt. Wenn sie nicht fest mit Grund und Boden verbunden ist, ist sie auch nicht als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB) anzusehen.

  • Gebäude im Sinne des § 94 BGB sind zunächst alle Gebäude im herkömmlichen Sinne, also Häuser und sonstige Baukörper, die durch räumliche Einfriedung Schutz gewähren und den Eintritt von Menschen gestatten.
  • Der Begriff Gebäude im Sinne des § 94 BGB kann aber auch andere größere Bauwerke umfassen, weil sich sonst die Zielsetzung der Vorschrift, wirtschaftliche Werte zu erhalten und für rechtssichere Vermögenszuordnungen zu sorgen, nicht erreichen lässt.
    • Bei einer Sache, die kein Gebäude im herkömmlichen Sinn darstellt, bedarf es jedoch der wertenden Betrachtung mit Blick auf ihre konkrete Beschaffenheit, ob eine erweiternde Anwendung des § 94 Abs. 2 BGB gerechtfertigt ist, weil die Sache zumindest eine gewisse Überschneidung mit einem Gebäude im engeren Sinne aufweist, sei es etwa aufgrund einer vergleichbaren Bauweise oder beispielsweise ihres Zwecks, dem – zumindest vorübergehenden – Aufenthalt von Menschen zu dienen.
    • Gebäude i.S.v. § 94 BGB sind daher auch andere größere Bauwerke, deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeutete.
    • Ein Bauwerk setzt dabei etwas mit klassischen Baustoffen „Gebautes“ von solcher Größe und Komplexität voraus, dass seine Beseitigung die Zerstörung oder wesentliche Beschädigung und den Verlust der Funktionalität des Bauwerks zur Folge hätte.

Etwas derart „Gebautes“ stellt die Freiland-Photovoltaikanlage im vor- liegenden Fall nicht dar. Ähnlichkeiten mit einem herkömmlichen Gebäude weist sie nicht auf. Sie ist insbesondere nicht als massive, in sich feste Einheit mittels klassischer Baustoffe hergestellt, sondern lediglich modulartig mit Hilfe von Schrauben, Klemmen oder sonstigen ohne größeren Aufwand wieder lösbaren Verbindungselementen zusammengesetzt worden. Selbst wenn sie zur Sicherung ihrer Standfestigkeit über eine Verankerung im Boden verfügen sollte, könnte sie ohne wesentliche Beschädigung abgebaut, in ihre Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden, ohne dadurch ihre Funktionsfähigkeit einzubüßen.

BGH

HINWEISE:
(1.)
Die Feststellung, dass die Photovoltaikanlage kein Gebäude im Sinne des § 94 BGB ist, hat nach dem BGH weitergehende Folgen. Es handet sich bei ihr demnach um eine bewegliche Sache im Rechtssinne. Das bedeutet zugleich, dass es sich bei den Modulen nicht um sog. Scheinbestandteile (§ 95 BGB) der Photovoltaikanlage handeln kann. Scheinbestandteile bleiben, obwohl mit dem Grundstück verbunden, rechtlich selbständige bewegliche Sachen und können daher im Eigentum eines Dritten stehen, der nicht zugleich Grundstückseigentümer ist. Das gilt für solche Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden oder in ein Gebäude eingefügt sind. § 95 Abs. 1 BGB ist auf Bestandteile einer beweglichen Sache i.S.v. § 93 BGB aber nicht – und auch nicht entsprechend – anwendbar. Die Sonderrechtsfähigkeit der Module und Komponenten der Unterkonstruktion kann daher nach dem BGH in einem solchen Fall nicht auf § 95 Abs. 1 BGB gestützt werden.
(2.)
In anderen Fällen des BGH konnte dieser offenlassen, ob die Tatbestandsmerkmale des § 94 BGB erfüllt sind, namentlich ob die Photovoltaikanlage im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB fest mit Grund und Boden verbunden waren. Da die Photovoltaikanlage auf der Grundlage eines mit dem Grundstückseigentümer geschlossenen schuldrechtlichen Nutzungsvertrages errichtet worden war und dieser die Entfernung der Anlage von dem Grundstück nach Ablauf der vereinbarten Nutzungsdauer vorsah, war sie ein Scheinbestandteil des Grundstücks nach § 95 BGB (ausführlich: Windkraftanlagen auf fremdem Grund: Wem gehört die Windenergieanlage?). Auch hier durfte aber nicht die Anwendbarkeit des § 93 BGB offengelassen werden. Aus den unter Ziffer (1.) genannten Gründen konnte auch hier das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 BGB insbesondere nicht deshalb dahinstehen, weil die Module nur als sogenannte Scheinbestandteile der Photovoltaikanlage zu qualifizieren wären: Da es sich bei der Photovoltaikanlage – die kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB ist – um eine bewegliche Sache im Rechtssinne handelt, können die einzelnen Module nicht Schein- bestandteile dieser Anlage sein, denn § 95 Abs. 1 BGB ist auf Bestandteile einer beweglichen Sache i.S.v. § 93 BGB nicht entsprechend anwendbar Die Sonderrechtsfähigkeit der Module und Komponenten der Unterkonstruktion kann daher auch hier nicht auf § 95 Abs. 1 BGB gestützt werden.

Kann also die Sonderrechtsfähigkeit der Module – und damit die wirksame Übereignung – nicht mit dem Argument vereint werden, die Photovoltaikanlage sei ein Gebäude im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB, fällt der Blick wieder zurück auf § 93 BGB: Die Übereignung wäre unwirksam, wenn die Module und die Elemente der Unterkonstruktion zum Zeitpunkt der Übereignung als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage i.S.v. § 93 BGB anzusehen wären. Hierfür gilt:

  • Die einzelnen Module sind nicht als wesentliche Bestandteile der Gesamtanlage anzusehen, wenn sie durch ein gleiches oder ähnliches Bauteil ersetzt und wenn sie zudem ihrerseits wieder in eine andere Anlage eingebaut werden und dort Strom erzeugen könnten. Maßgeblich ist, ob die Module noch durch zumindest vergleichbare, auf dem Markt verfügbare Modelle ersetzt und ob sie ihrerseits in anderen Anlagen verwendet werden können.
  • Unerheblich ist dabei, ob das gesamte Solarkraftwerk durch den Ausbau eines oder mehrerer Module die bisherige Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verloren hätte. Eine solche Verringerung der Einspeisevergütung für die Photovoltaikanlage führt weder zu ihrer wirtschaftlichen Zerstörung noch zu einer Wesensveränderung i.S.v. § 93 BGB.
  • Der Umstand, dass Module serienmäßig produziert und nicht besonders an die Photovoltaikanlage angepasst wurden und daher zum Zeitpunkt der Verbindung durch ihre Abtrennung wirtschaftlich nicht wertlos geworden wären, ist nicht geeignet, den Modulen die Eigenschaft als als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage abzusprechen.
    • Für die Frage, ob ein Käufer das Eigentum an Modulen erwerben kann oder ob diese als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage nach § 93 BGB nicht Gegenstand gesonderter Rechte sein können, kommt es darauf an, welche Folgen der Ausbau der Module bei der Übereignung gehabt hätte. Denn ist zu beurteilen, ob Rechte Dritter an einem Bestandteil begründet werden können, der bereits in eine zusammengesetzte Sache eingefügt ist, kommt es auf die Verhältnisse bei Entstehung des Rechts an. Es kommt also auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Übereignung und nicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage an.
    • Auf den Zeitpunkt der Verbindung kommt es dagegen (nur) an, wenn es darum geht, ob an dem Bestandteil bestehende Rechte Dritter infolge der Verbindung untergegangen sind.

Wirksame Einigung und Übergabe

Eine wirksame dingliche Einigung setzt voraus, dass die Beteiligten eine gemeinsame, auf individuell bestimmte Gegenstände gerichtete Vorstellung und den Willen haben, dass das Eigentum an diesen Gegenständen übergehen soll.

HINWEIS:
Sollen verkaufte Module etwa mit einem Verweis des Kaufvertrages auf eine Anlage bestimmt werden, sind die einzelnen Module der Photovoltaikanlage zu kennzeichnen, etwa zeichnerisch, farblich oder durch eine Beschriftung. Sind die vom Kauf betroffenen Module nicht selbst mit den kaufvertraglich Nummern gekennzeichnet, kann von einer hinreichenden Bestimmtheit der Übereignung nur ausgegangen werden, wenn dem Käufer zum Zeitpunkt der dinglichen Einigung ein Plan vorliegt, der eine eindeutige Identifizierung der zu übereignenden Modulen ermöglicht (ggf. unter Zuhilfenahme einer Lupe oder digitaler Vergrößerungsmittel).

Wichtig für einen wirksamen Eigentumsübergang ist, wie der BGH betont, auch die Übergabe der Module und der Unterkonstruktion an den Käufer bzw. eine gesetzlich zulässige Surrogation. Erforderlich ist etwa, dass der Verkäufer den unmittelbaren Besitz an den Modulen und der Unterkonstruktion aufgegeben hat. Auf Seiten des Käufers dagegen kann die Erlangung mittelbaren Besitzes genügen.

HINWEIS:
Nach dem BGH reicht es nicht aus, dass der Verkäufer seine Tochtergesellschaft zum Abschluss eines Mietvertrages mir dem Käufer veranlasst. Es bedarf insbesondere einer darüber hinausgehenden, erkennbaren Besitzaufgabe auf Seiten des Verkäufers.


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