Eine aktuelle Entscheidung des BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016 – VIII ZR 222/15 (auch: VIII ZR 223/15) dürfte einigen Wohnraum-Vermietern Anlass geben, ihre Mustermietverträge zu überarbeiten:


Gesetzliche Ausgangslage

Gemäß § 556b Abs. 1 BGB ist die Miete spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten. Für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr kommt es nicht darauf an, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist. Es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt.

Der Leistungserfolg – die Gutschrift des Überweisungsbetrages auf dem Empfängerkonto – gehört also nicht mehr zur geschuldeten Leistungshandlung des Mieters. Folglich hat der Mieter für die Gefahr, dass sich die Übermittlung des Geldes verzögert, nicht einzustehen. Die eingeschalteten Zahlungsdienstleister werden nicht als Erfüllungsgehilfen des Mieters tätig, deren Verschulden muss er sich nicht im Sinne von § 278 BGB zurechnen lassen.


Abweichende Vertragsklausel

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraummietvertrages, der bestimmt, dass die laufende Miete monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats auf das Konto des Vermieters zu zahlen ist, ist die Klausel

Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein.

gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie das Risiko einer durch Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs entgegen der gesetzlichen Regelung dem Mieter auferlegt.

Der BGH legt eine solche Klausel weit aus, wonach der Mieter seiner Verpflichtung zur rechtzeitigen Zahlung der Miete selbst dann nicht genügt, wenn er seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag zwar rechtzeitig erteilt hat, der Zahlungsvorgang sich jedoch aufgrund eines Verschuldens des Zahlungsdienstleisters verzögert. Die Klausel umfasst damit unterschiedslos nicht nur verspätete Mietzahlungen, die vom Mieter zu vertreten sind, sondern auch solche, die von ihm nicht zu vertreten sind, also auch durch das Fehlverhalten von Zahlungsdienstleistern verursachte Verzögerungen. Eine Einschränkung, die klarstellt, dass solche Verzögerungen vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen sind, lag im vorliegenden Fall nicht vor.

In ihrer „kundenfeindlichsten Auslegung“ setzte die vorgenannte Klausel den Mieter damit dem Risiko einer Kündigung des Mietverhältnisses auch bei von ihm nicht zu verantwortenden Zahlungsverzögerungen aus. Sie ist mit diesem Inhalt wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters entgegen den Geboten von Treu und Glauben unwirksam.


Begrenzung auf Wohnraummietverträge

Der BGH rechtfertigt seine Entscheidung ausdrücklich mit den Besonderheiten der Wohnraummiete:

Angesichts der schwerwiegenden Nachteile, die der Mieter im Fall des (unverschuldeten) Verlustes der Wohnung als seines räumlichen Lebensmittelpunktes zu erwarten hat, hat der Vermieter kein schutzwürdiges Interesse, den Mieter für Zahlungsverzögerungen verantwortlich zu machen, die auf Fehlleistungen eingeschalteter Zahlungsdienstleister beruhen.

Der BGH grenzt seine Entscheidung außerdem ausdrücklich von dem ab, was bereits zum Gewerberaummietrecht entschieden wurde:

Ohne Erfolg verweist die Revision darauf, dass der Bundesgerichtshof die Verwendung einer Formularklausel, nach der es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung ohne jede Einschränkung auf den Geldeingang beim Vermieter ankommt, bei der Miete von Geschäftsräumen gebilligt hat. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 1998 halte eine solche Rechtzeitigkeitsklausel der Inhaltskontrolle stand, wenn sie sich auf die Zahlung der laufenden Miete beziehe und die Parteien zudem Kaufleute seien; eine solche Klausel bedeute gemessen an den Bedürfnissen des modernen Zahlungsverkehrs keine unangemessene Benachteiligung des Mieters. Diese – ausdrücklich auf Kaufleute begrenzte – Bewertung ist auf Wohnraummietverhältnisse nicht übertragbar. 


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