Entgegen bisheriger Rechtsprechung ist eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert bzw. renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, unwirksam (1).

Die Folgen für den Vermieter sind gravierend:

  • Der Vermieter trägt die Instandhaltungslast im vollen Umfang.
  • Die Unwirksamkeit kann insbesondere auch nicht auf diejenigen Teile der Wohnung beschränkt werden, die dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden sind.
  • Der Vermieter kann  sich hinsichtlich bestehender Verträge auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Das Risiko einer Rechtsprechungsänderung trägt er als AGB-Verwender.

Der BGH führt zur Begründung inhaltlich das Kriterium der fehlenden Beherrscharkeit  an. Denn durch eine solche Klausel wird dem Mieter auch die Verantwortung für die Beseitigung

  • der Gebrauchsspuren eines Dritten (des Vormieters) übertragen,
  • die bereits in einem vorvertraglichen Abnutzungszeitraum (Vormietvertrag) entstanden sind.

Dies verstößt gegen den AGB-Grundsatz, wonach der Mieter grundsätzlich nur zu den auf seine eigene Vertragslaufzeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf.


Wollte man den Mieter auch hinsichtlich der ihm nicht zuzurechnenden Gebrauchsspuren in die Pflicht nehmen, so würde er

  • zu einer vorzeitigen Schönheitsreparatur und
  • zur Herstellung eines Zustandes verpflichtet, der besser ist als jener, den er vom Vermieter erhalten hat.

Dies aber würde den Mieter nach Ansicht des BGH unangemessen benachteiligen.


Der BGH stützt seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle diejenige Auslegung der Vertragsklausel maßgeblich ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (sog. kundenfeindlichste Auslegung).

Das bedeutet aber nicht, dass eine Schönheitsreparaturklausel schon deshalb unwirksam ist, weil sie dergestalt allgemein formuliert ist, dass sie sowohl auf renoviert als auch auf unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassene Wohnungen anwendbar ist.


Die Entscheidung des BGH weist damit zwei entscheidende Stellschrauben für die (Un-) Wirksamkeitsprüfung auf:

  1. Wann ist das Mietobjekt renoviert oder unrenoviert bzw. renovierungsbedürftig?
  2. Wann ist ein gewährter Ausgleich angemessen?

 Zur Abgrenzung eines renovierten von einem unrenovierten/renovierungsbedürftigen Zustand des Wohnraums (einer Abrenzung von unrenoviert und renovierungsbedürftig bedarf es dagegen nicht)  stellt der BGH auf eine dem Tatrichter vorbehaltene Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ab.

Entscheidend ist dabei, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Zur weiteren Konkretisierung dieses Maßstabes ist auf den vorgenannten Grundgedanken zurückzugreifen: Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen  Zeitraum aufweist.

Im Einzelnen:

  • Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist.
  • Andererseits begründen Abnutzungs- und Gebrauchsspuren noch keinen unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Zustand, wenn diese so unerheblich sind, dass sie nach Treu und Glauben bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen.
  • Die Annahme einer renovierten Wohnung setzt nicht stets voraus, dass die Wohnräume bei Vertragsbeginn komplett frisch renoviert sind. Im Einzelfall sollen auch geringe Auffrischungsarbeiten genügen.
  • Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwirksamkeitsvoraussetzung einer unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Wohnung bei Mietbeginn trägt der Mieter. Als Beweismittel kommen für ihn etwa ein gemeinsames Übergabeprotokoll, Fotoaufnahmen, Belege über Renovierungskosten des Mieters und die Zeugenaussagen von Einzugshelfern und Handwerkern in Betracht.

Der dem Mieter gewährte Ausgleich ist dann angemessen, wenn er den Mieter durch Kompensation des zusätzlichen Renovierungsaufwandes (z.B. über Mietbefreiung/-nachlass) so stellt, wie wenn ihm renovierter Wohnraum überlassen worden wäre.

Der BGH hat im konkreten Fall entschieden, dass ein Nachlass in Höhe einer halben Monatsmiete keinen angemessenen Ausgleich bietet, wenn in drei von vier Zimmern Streicharbeiten erforderlich waren.


Für die zukünftige Vertragsgestaltung stellen sich damit neue Herausforderungen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob die Übertragung der Schönheitsreparaturverpflichtung auf renovierte Teile der Wohnung beschränkt werden kann. Der BGH hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen.

(1) BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14.

 

 


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