Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende durch den Deutschen Bundestag am 23. Juni 2016 ist die Diskussion zum Thema Digitalisierung in Deutschland sowie auf europäischer Ebene weitergeführt worden. Ein Streifzug:


Grünbuch Energieeffizienz

Das Grünbuch Energieeffizienz des BMWi vom August 2016 etwa hat die Digitalisierung als eine zentrale Herausforderungen im Bereich Energieeffizienz definiert (siehe ausführlich hier).

So werden dort u.a. die automatisierte Verbrauchserfassung und das gerätescharfe Nutzer-Feedback als geeignet angesehen, die Grundlage dafür zu schaffen, dass die individuellen Einsparpotenziale

  • erkannt,
  • quantifiziert,
  • mit neuen Geschäftsmodellen unterlegt und
  • so individuell erschließbar oder kommerziell nutzbar gemacht werden.

Dies wiederum schaffe neue Chancen z. B. für die Entwicklung des Marktes für Energiespar-Contracting.

Aus einer digitalen Nutzer-Infrastruktur erhofft man sich etwa die folgenden Innovationen:

  • Kontinuierliche, vollautomatisierte und individualisierte Energieberatung ohne wesentliche Zusatzkosten für die Anbieter von Beratungsleistungen.
  • Quantifizierung von direkten Rebound-Effekten – inkl. etwaiger Tipps zu ihrer Begrenzung.
  • Kombination einer individualisierten Energieberatung mit Finanzierungs-Angeboten zur Ermöglichung von Effizienzinvestitionen.

Außerdem sollen digitale Messtechniken dazu beitragen können, neue erfolgsabhängige Fördermaßnahmen zu etablieren. Automatisierte Systeme könnten die erzielten Energieeinsparungen mit geringem Aufwand individuell erfassen und damit erfolgsabhängige Instrumente ermöglichen.

 

Insgesamt gilt: Die Digitalisierung kann einen erheblichen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende leisten. Damit diese Chance bei gleichzeitiger Wahrung von Datenschutz und Systemsicherheit genutzt werden kann, müssen rechtliche, technische und ökonomische Rahmenbedingungen kontinuierlich weiterentwickelt werden.


Stellungnahme des Bundesumweltministeriums

In der Stellungnahme des Bundesumweltministeriums vom 31. Oktober 2016 zum Grünbuch Energieeffizienz des BMWi wird die Feststellung großer Chancen und Herausforderungen, aber auch der Bedarf an weiteren Forschungungen in dem Bereich Digitalisierung bestätigt. Das Bundesumweltministerium formuliert große Chancen für die Energieeffizienz, insbesondere zur Etablierung dezentraler und lokaler Strukturen, geht aber noch weiter. Es möchte den Mehrwert der Digitalisierung von Beginn an auch in der Interaktion und Bündelung verschiedener Lebens- und Tätigkeitsbereiche mitdenken:

  • Smart City Konzepte verbinden die Bereiche Energieerzeugung und –versorgung, technische Infrastruktur, Gebäude, Dienstleistungen und Mobilität.
  • Durch die Entwicklung ganzheitlicher Ansätze und eine entsprechende städteplanerische Berücksichtigung soll das Potenzial der Digitalisierung für den Klimaschutz und die Gesundheit voll ausgeschöpft werden.
  • Gleiches soll gelten für quartiersbezogene Konzepte im Rahmen der energetischen Stadtsanierung und energieeffizienten Quartiersversorgung.
  • Auch für den Bereich der Smart Home/AAL Technologien (Altersgerechte Assistenzsysteme) sollen sich Synergieeffekte ergeben, die vor allem im Bereich des altersgerechten Wohnens (z.B. technische Hilfen zur Steuerung/Regelung von Beleuchtung, Heizung, Rollläden oder Meldeanlagen, Geräteabschaltung) oder im gesundheitlichen Bereich (z.B. Notrufe, Sturzmelder) genutzt werden können.

Klimaschutzplan 2050

Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung vom 14. November 2016 hebt die Bedeutung der Digitalisierung als Instrument der Sektorenkopplung (siehe hierzu auch hier) hervor:

Daher wird zunehmend eine integrale Betrachtung notwendig, die über das einzelne Gebäude hinausgeht und auch die Interaktionen mit der Energiewirtschaft und dem Verkehrssektor berücksichtigt. […] Auch können Synergien mit anderen Sektoren – beispielsweise die intelligente Verbindung von Gebäudetechnik mit Elektromobilität wie bei den Modellvorhaben Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität – besser genutzt werden. Klimaschutzplan 2050, S. 41.

Und auch der Klimaschutzplan erweitert den Blick auf städtebauliche Gesichtspunkte:

Aus Sicht der Bundesregierung sollten auch klimafreundliche Smart City oder Smart Community Konzepte, die gerade im internationalen Kontext und vor dem Hintergrund wachsender Urbanisierung derzeit immer stärker in den Fokus der Betrachtung rücken, unterstützt und gefördert werden. Klimaschutzplan 2050, S. 41.


EU-Maßnahmenpaket „Saubere Energie“

Mit dem Maßnahmenpaket „Saubere Energie“ der Europäische Kommission vom 30. November 2016 (COM(2016) 860) wird auch auf europäischer Ebene das Thema Digitalisierung weiter vorangetrieben.

Im Bereich der innovativen Gebäudesysteme ist die EU bereits jetzt weltweit führend. Durch die Integration von Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und Aspekten der Speicherung sowie durch die Vernetzung mit digitalen und Verkehrssystemen über den Gebäudebestand kann diese Führungsrolle weiter ausgebaut und der günstige rechtliche Rahmen bestmöglich ausgenutzt werden.

Weitere Details finden sich etwas in dem Entwurf einer überarbeiteten Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.

So sollen über die Richtlinien-Reform Gebäude „intelligenter“ gemacht werden, etwa durch Förderung der Nutzung der Informationstechnologie und sonstiger moderner Technologien, darunter auch Gebäudeautomatisierung und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, um einen effizienten Betrieb der Gebäude sicherzustellen (siehe schon hier).

Außerdem greift der Richtlinienentwurf die auch im Grünbuch Energieeffizienz angesprochenen erfolgsabhängigen Fördermaßnahmen auf, durch eine Verknüpfung der durch öffentliche Mittel geschaffenen finanziellen Anreize mit den erzielten Energieeinsparungen (siehe zu Smart Finance for Smart Buildings schon hier).

Weiteres findet sich etwa in den Erwägungsgründen des Richtlinien-Entwurfes:

  • Erwägungsgrund 8: Die Strategien des digitalen Binnenmarkts und der Energieunion sollten aufeinander abgestimmt werden und gemeinsame Ziele verfolgen. Durch die Digitalisierung des Energiesystems ändert sich die Energielandschaft rasant, beginnend bei der Integration erneuerbarer Energien über intelligente Netze bis hin zu intelligenzfähigen Gebäuden. Im Zuge der Digitalisierung des Gebäudesektors sollten gezielte Anreize gesetzt werden, um intelligenzfähige Systeme und digitale Lösungen in der baulichen Umgebung zu fördern.
  • Erwägungsgrund 9: Der Intelligenzindikator sollte verwendet werden, um die Fähigkeit eines Gebäudes zu messen, IKT- und elektronische Systeme zur Optimierung seines Betriebs und zur Kommunikation mit dem Netz zu nutzen. Der Intelligenzindikator wird die Eigentümer und die Bewohner von Gebäuden auf die Vorteile der Nutzung der Gebäudeautomatisierung und elektronischen Überwachung gebäudetechnischer Systeme aufmerksam machen und bei den Bewohnern Vertrauen im Hinblick auf die durch diese neuen erweiterten Funktionen tatsächlich erzielten Einsparungen schaffen.

Weiter heißt es im Richtlinienentwurf zum Intelligenzindikator:

Der Kommission soll die Befugnis übertragen werden, die Richtlinie durch eine Definition des Begriffs „Intelligenzindikator“ und durch die Bedingungen zu ergänzen, unter denen der „Intelligenzindikator“ potenziellen neuen Mietern oder Käufern als zusätzliche Information bereitgestellt wird.

Der Intelligenzindikator soll

  • die Flexibilitätsmerkmale, verbesserten Funktionen und Fähigkeiten abbilden, die auf die stärker vernetzten und besser integrierten intelligenten Geräte zurückzuführen sind,
  • den Bewohnern und dem Gebäude selbst ermöglichen,
    • auf Anforderungen hinsichtlich Komfort und Betrieb zu reagieren,
    • einen Beitrag zur Laststeuerung zu leisten und
    • den optimalen, reibungslosen und sicheren Betrieb der verschiedenen Energiesysteme und Infrastrukturen, an die das Gebäude angeschlossen ist, zu unterstützen.

© Copyright by Dr. Elmar Bickert